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Betriebsunterbrechung

Was ist Betriebsunterbrechung?

Eine Betriebsunterbrechung bezieht sich auf die vorübergehende Schließung oder erhebliche Störung der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens aufgrund eines unerwarteten Ereignisses. Sie gehört zum Bereich des Versicherungswesens und des Risikomanagements, da sie erhebliche finanzielle Auswirkungen auf ein Unternehmen haben kann. Das Hauptziel der Absicherung gegen eine Betriebsunterbrechung ist es, den entgangenen Gewinn und die fortlaufenden fixen Kosten zu decken, die während des Zeitraums der Unterbrechung anfallen. Solche Ereignisse können von Naturkatastrophen bis hin zu technischen Ausfällen reichen, die den normalen Geschäftsablauf verhindern. Die finanzielle Stabilität eines Unternehmens hängt maßgeblich davon ab, wie es mit solchen Unterbrechungen umgeht.

Geschichte und Ursprung

Die moderne Form der Betriebsunterbrechungsversicherung entwickelte sich, als klar wurde, dass eine reine Sachschadenversicherung nicht ausreichte, um Unternehmen nach einem Schadenfall vollständig zu schützen. Frühe Formen der Absicherung von Betriebsverlusten finden sich bereits im 18. Jahrhundert, als in der Seeversicherung Gewinnausfälle mitversichert wurden. Ein bedeutender Schritt war die Einführung der sogenannten „Chômage“-Versicherung im Elsass, Frankreich, im Jahr 1857, die eine feste zusätzliche Deckung für den Verlust von Gewinn durch Fabrik- oder Arbeitsstillstand bot.,

Im Vereinigten Königre15i14ch entstand um 1868 eine ähnliche Deckung. Der britische Aktuar und V13ersicherungsmakler Ludovic MacLellan Mann wird oft dafür gelobt, 1899 die „Consequential Fire Loss Indemnity“ entwickelt zu haben, die später als „Consequential Loss Insurance“ oder „Profits Insurance“ bekannt wurde. Dieses System basierte auf dem Umsatz al12s Berechnungsgrundlage und deckte sowohl den entgangenen Gewinn als auch die „fortlaufenden Kosten“ des Unternehmens ab.

In den Vereinigten Staaten war die Betriebs11unterbrechungsversicherung bis in die 1940er Jahre hinein als „Use and Occupancy“-Versicherung bekannt. Die Notwendigkeit einer umfassenderen Deckung wu10rde immer deutlicher, da Unternehmen erkannten, dass die finanziellen Folgen einer Betriebsstörung oft gravierender waren als der direkte Sachschaden. Das erste eigenständige Feuer-Betriebsunterbrechu9ngs-Police wurde 1956 in Deutschland eingeführt. Die Entwicklung hin zu standardisierten Rechnungsle8gungsstandards im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert spielte eine entscheidende Rolle bei der Möglichkeit für Versicherer, die Höhe der entgangenen Gewinne zuverlässiger zu bestimmen.

Die jüngste COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung der Betr7iebsunterbrechungsversicherung erneut hervorgehoben und zu einer Welle von Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Deckung von pandemiebedingten Verlusten geführt.

Kernpunkte

  • Definition: Betriebsunterbrechung is6t die vorübergehende Schließung oder Störung der Geschäftstätigkeit.
  • Deckungszweck: Sie deckt den entgangenen Gewinn und die fortlaufenden Fixkosten während der Unterbrechung.
  • Auslöser: Die meisten Policen erfordern einen direkten Sachschaden als Auslöser für die Betriebsunterbrechung.
  • Wiederherstellungszeit: Die Deckung erstreckt sich typischerweise über den Zeitraum, der für die Wiederherstellung des Betriebs in seinen ursprünglichen Zustand erforderlich ist.
  • Risikotransfer: Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist ein wichtiges Instrument des Risikotransfers, um die finanziellen Folgen unvorhergesehener Ereignisse abzumildern.

Formel und Berechnung

Die Berechnung des finanziellen Verlusts durch eine Betriebsunterbrechung konzentriert sich auf den entgangenen Gewinn und die fortlaufenden Ausgaben, die das Unternehmen während der Unterbrechung nicht vermeiden konnte. Die grundlegende Berechnung der entschädigungsfähigen Verluste lässt sich wie folgt darstellen:

Verlust aus Betriebsunterbrechung=Entgangener Netto-Gewinn+Fortlaufende Fixkosten\text{Verlust aus Betriebsunterbrechung} = \text{Entgangener Netto-Gewinn} + \text{Fortlaufende Fixkosten}

Dabei gilt:

  • Entgangener Netto-Gewinn: Der Gewinn, den das Unternehmen erzielt hätte, wenn die Unterbrechung nicht stattgefunden hätte. Dies erfordert eine genaue Kostenanalyse und eine Prognose der erwarteten Einnahmen.
  • Fortlaufende Fixkosten: Betriebskosten, die auch während der Unterbrechung weiter anfallen, wie Miete, Gehälter des Schlüsselpersonals, Darlehensraten oder Versicherungsprämien. Diese Kosten sind unabhängig von der Produktion oder dem Umsatz.
  • Umsatz: Der Umsatz bezieht sich auf die gesamten Einnahmen, die das Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum erzielt hätte, wäre es nicht zu der Unterbrechung gekommen.

Die Ermittlung dieser Werte erfordert oft detaillierte Buchhaltungsunterlagen und einen Vergleich mit früheren Geschäftsperioden oder Branchenbenchmarks. Die genaue Definition von "entgangenem Gewinn" und "fortlaufenden Kosten" kann je nach Versicherungsvertrag variieren.

Interpretation der Betriebsunterbrechung

Die Interpretation einer Betriebsunterbrechung hängt stark von den Bedingungen der jeweiligen Versicherungspolice ab. Im Wesentlichen geht es darum, den finanziellen Schaden zu quantifizieren, der über den reinen Sachschaden hinausgeht. Es wird bewertet, inwieweit das Ereignis die Fähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt hat, Einnahmen zu generieren und gleichzeitig fortlaufende Kosten zu decken.

Versicherer prüfen, ob die Unterbrechung direkt durch ein im Vertrag genanntes Risiko verursacht wurde und ob das Unternehmen angemessene Maßnahmen zur Schadenminderung ergriffen hat. Die Dauer der Unterbrechung und der Umfang des Umsatzrückgangs oder des Gewinnverlusts sind zentrale Faktoren. Die Deckung soll dem Unternehmen helfen, den Zustand zu erreichen, den es ohne den Schadenfall gehabt hätte. Dies kann die Wiederherstellung des Gewinns und die Deckung von Fixkosten umfassen. Es ist entscheidend, dass Unternehmen ihre Geschäftskontinuität planen und die potenziellen Auswirkungen einer Unterbrechung realistisch einschätzen.

Hypothetisches Beispiel

Ein kleines Café erleidet durch einen Wasserrohrbruch in der darüber liegenden Wohnung einen erheblichen Wasserschaden, der die Küche unbrauchbar macht und Renovierungsarbeiten von zwei Monaten erforderlich macht. Während dieser Zeit kann das Café keine Einnahmen erzielen.

  1. Szenario vor dem Schaden: Das Café hatte einen durchschnittlichen monatlichen Netto-Gewinn von 5.000 Euro und monatliche fortlaufende Fixkosten (Miete, Gehälter für fest angestellte Mitarbeiter, Versicherungen) von 3.000 Euro.
  2. Unterbrechung: Das Café ist für zwei Monate geschlossen.
  3. Berechnung des Betriebsunterbrechungsschadens:
    • Entgangener Netto-Gewinn: 2 Monate * 5.000 Euro/Monat = 10.000 Euro
    • Fortlaufende Fixkosten: 2 Monate * 3.000 Euro/Monat = 6.000 Euro
    • Gesamtschaden aus Betriebsunterbrechung: 10.000 Euro + 6.000 Euro = 16.000 Euro

Die Betriebsunterbrechungsversicherung des Cafés würde darauf abzielen, diese 16.000 Euro zu ersetzen, damit das Unternehmen während der Reparaturphase seine Verbindlichkeiten weiterhin erfüllen und seinen Geschäftsplan nach der Wiedereröffnung wieder aufnehmen kann. Dies verdeutlicht den Unterschied zur reinen Sachversicherung, die lediglich die Kosten für die Behebung des Wasserschadens abdecken würde.

Praktische Anwendungen

Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist ein grundlegender Bestandteil des Versicherungsschutzes für Unternehmen aller Größen und in verschiedenen Sektoren.

  • Produzierende Unternehmen: Eine Feuer- oder Maschinenschaden kann eine Fabrik stilllegen. Die Betriebsunterbrechungsversicherung hilft, den Verlust aus entgangener Produktion und den fortlaufenden Kosten wie Löhne für Schlüsselpersonal und Kreditraten zu decken.
  • Einzelhandel und Gastronomie: Ein Brand, Wasserschaden oder ein längerer Stromausfall kann ein Geschäft oder Restaurant zur Schließung zwingen. Die Versicherung springt ein, um den Umsatzverlust und die fixen Kosten wie Miete und Gehälter zu kompensieren.
  • Dienstleistungsunternehmen: Ein Cyberangriff, der die IT-Systeme lahmlegt, oder eine Naturkatastrophe, die den Zugang zu Büroräumen verhindert, kann Dienstleister an der Arbeit hindern. Die Betriebsunterbrechungsversicherung sichert hier den Ertragsausfall ab.
  • Lieferkettenunterbrechungen: Einige Policen bieten Schutz, wenn die Betriebsunterbrechung nicht direkt am eigenen Standort, sondern bei einem wichtigen Lieferanten oder Kunden auftritt (Betriebsvermögen des Geschäftspartners).
  • Pandemie- und Epidemie-Risiken: Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass auch Nicht-Sachschaden-Ereignisse zu massiven Betriebsunterbrechungen führen können. Dies hat zu einer Überarbeitung und Klärung von Versicherungspolicen geführt, wobei Versicherer nun oft die Sprache in ihren Policen anpassen, um die Deckung für zukünftige Pandemien klarer zu definieren oder auszuschließen.

Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist somit ein entscheidendes Instrument für die Risikobewertung und -absicherung, um die finanzielle Stabilität von Unternehmen auch in Krisenzeiten zu gewährleisten.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Trotz ihrer Bedeutung weist die Betriebsunterbrechungsversicherung verschiedene Einschränkungen und Kritikpunkte auf:

  • Definition des „Sachschadens“: Die meisten Betriebsunterbrechungspolicen sind an einen direkten Sachschaden gekoppelt. Dies wurde während der COVID-19-Pandemie zu einem großen Streitpunkt, da viele Gerichte entschieden, dass eine Virusinfektion an einem Gebäude kein4en „physischen Schaden“ im Sinne der Policen darstellt, es sei denn, die Police enthielt spezifische Klauseln für Infektionskrankheiten. Dies führte dazu, dass viele Unternehmen trotz erlittener Umsatzausfälle keine Leistungen erhielten.
  • Wartezeiten und Selbstbehalte: Viele Policen b3einhalten eine Wartezeit (oft 24 bis 72 Stunden), bevor die Deckung beginnt, sowie einen Selbstbehalt, den das Unternehmen selbst tragen muss.
  • Deckungssumme und Unterversicherung: Die Bestimmung der angemessenen Deckungssumme ist komplex. Viele Unternehmen sind unterversichert, weil sie die potenziellen Auswirkungen einer langen Unterbrechung oder die Höhe ihrer fortlaufenden Fixkosten unterschätzen. Eine Unterversicherung führt im Schadenfall zu einer anteiligen Kürzung der Versicherungsleistung.
  • Wiederherstellungszeitraum: Die Deckung ist oft auf einen bestimmten maximalen Wiederherstellungszeitraum begrenzt, der möglicherweise nicht ausreicht, um den Betrieb vollständig wiederherzustellen, insbesondere nach größeren Katastrophen.
  • Komplexität der Berechnung: Die genaue Ermittlung des entgangenen Gewinns und der fortlaufenden Kosten kann schwierig und strittig sein, was zu langwierigen Regulierungsverfahren führen kann.
  • Ausschlüsse: Policen enthalten oft spezifische Ausschlüsse für bestimmte Risiken (z.B. Überschwemmungen in nicht versicherten Gebieten, Terrorismus, oder wie im Fall von COVID-19, Pandemien, wenn nicht explizit eingeschlossen). Dies hat nach der COVID-19-Pandemie dazu geführt, dass viele Versicherer ihre Vertragsbedingungen präzisiert haben, um zukünftige Unklarheiten zu vermeiden.

Diese Einschränkungen unterstreichen die Notwendigkeit für Unternehmen, ihre Policen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls spezifische Erweiterungen abzuschließen, um eine2 umfassende Absicherung zu gewährleisten.

Betriebsunterbrechung vs. Sachschaden

Obwohl Betriebsunterbrechung und Sachschaden eng miteinander verbunden sind, bezeichnen sie unterschiedliche Aspekte eines Schadensereignisses.

MerkmalBetriebsunterbrechungSachschaden
Was ist es?Finanzieller Verlust durch Störung des BetriebsDirekte physische Beschädigung von Eigentum
Art des VerlustsIndirekter finanzieller Verlust (entgangener Gewinn, fortlaufende Kosten)Direkter Wertverlust des beschädigten Objekts
VersicherungsartBetriebsunterbrechungsversicherung (oft als Zusatz zur Sachversicherung)Sachversicherung (z.B. Gebäude-, Inhaltsversicherung)
AuslöserEin versichertes Ereignis, das zu einer Betriebsunterbrechung führt (oft ein Sachschaden)Ein versichertes Ereignis, das Eigentum beschädigt
BeispielDas Café kann wegen eines Brands keine Einnahmen erzielen und muss die Miete weiterzahlen.Das Gebäude des Cafés brennt ab, die Einrichtung wird zerstört.

Ein Sachschaden bezieht sich auf die direkte physische Zerstörung oder Beschädigung von Eigentum, wie Gebäuden, Maschinen oder Inventar. Die Sachversicherung deckt die Kosten für die Reparatur oder den Ersatz dieser beschädigten Güter ab. Eine Betriebsunterbrechung hingegen ist die finanzielle Folge eines solchen Sachschadens (oder eines anderen versicherten Ereignisses), die dazu führt, dass ein Unternehmen seinen normalen Betrieb nicht fortführen kann. Sie deckt den entgangenen Gewinn und die Fixkosten ab, die während der Zeit der Wiederherstellung anfallen. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Betriebsunterbrechungspolice in der Regel nur dann greift, wenn die Unterbrechung durch einen versicherten Sachschaden verursacht wird, es sei denn, es gibt spezifische Erweiterungen für andere Auslöser wie Infektionskrankheiten oder Cyberangriffe.

FAQs

1. Was ist der Hauptzweck der Betriebsunterbrechungsversicherung?

Der Hauptzweck ist es, die finanziellen Verluste (entgangenen Gewinn und fortlaufende Fixkosten) eines Unternehmens zu decken, die entstehen, wenn der Betrieb aufgrund eines versicherten Ereignisses unterbrochen wird. So soll die Existenzfähigkeit des Unternehmens gesichert werden.

2. Welche Ereignisse sind typischerweise durch eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgedeckt?

Typische abgedeckte Ereignisse sind solche, die zu einem direkten Sachschaden führen, wie Brände, Explosionen, Stürme, Wasserschäden oder Einbrüche. Die Deckung für nicht-physische Schäden, wie Pandemien oder Cyberangriffe, hängt von spezifischen Erweiterungen der Police ab.

3. Wie lange zahlt die Betriebsunterbrechungsversicherung?

Die Dauer der Leistungen, der sogenannte Haftzeitraum, ist in der Police festgelegt. Er beginnt in der Regel mit dem Schadenfall und erstreckt sich über den Zeitraum, der erforderlich ist, um den Betrieb wieder in den Zustand vor dem Schaden zu versetzen, bis zu einem im Vertrag definierten Maximum.

4. Was passiert, wenn mein Unternehmen unterversichert ist?

Wenn die vereinbarte Versicherungssumme für die Betriebsunterbrechung zu niedrig angesetzt ist, spricht man von Unterversicherung. Im Schadenfall wird die Leistung der Versicherung anteilig gekürzt, was bedeutet, dass das Unternehmen einen Teil des Verlustes selbst tragen muss. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer präzisen Kostenrechnung.

5. Ist die Betriebsunterbrechungsversicherung dasselbe wie eine Geschäftsschließungsversicherung?

Nein, es gibt wichtige Unterschiede. Eine Betriebsunterbrechungsversicherung erfordert in der Regel einen direkten Sachschaden als Auslöser. Eine Geschäftsschließungsversicherung (auch bekannt als "Betriebsschließungsversicherung" in Deutschland) deckt oft Verluste ab, die durch behördlich angeordnete Schließungen aufgrund von Infektionskrankheiten oder anderen nicht-physischen Ereignissen entstehen, ohne dass ein direkter Sachschaden vorliegen muss.1

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