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Bruttowertschoepfung

Was ist Bruttowertschöpfung?

Die Bruttowertschöpfung ist eine zentrale Größe in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR), die den Wert der in einem bestimmten Zeitraum erzeugten Güter und Dienstleistungen abzüglich der dafür verbrauchten Vorleistungen misst. Sie repräsentiert den im Produktionsprozess geschaffenen Mehrwert einer Volkswirtschaft, eines Sektors oder eines Unternehmens. Die Bruttowertschöpfung wird zu Herstellungspreisen bewertet, das heißt, sie beinhaltet keine Gütersteuern, aber empfangene Gütersubventionen sind eingeschlossen. Laut Statistischem Bundesamt wird die Bruttowertschöpfung durch Abzug der Vorleistungen vom Produktionswert errechnet.

Geschich30te und Ursprung

Die Konzepte der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, zu denen die Bruttowertschöpfung gehört, entwickelten sich maßgeblich im 20. Jahrhundert. Ein Pionier auf diesem Gebiet war der russisch-amerikanische Ökonom und Statistiker Simon Kuznets. Er leistete ab den 1930er Jahren entscheidende Beiträge zur Entwicklung der nationalen Einkommensrechnung in den Vereinigten Staaten, die es erstmals ermöglichte, genaue Schätzungen des Bruttonationalprodukts (GNP) zu erstellen. Kuznets' Arbeit war29 fundamental für die Standardisierung der Definitionen von Komponenten des Nationaleinkommens und wurde vom National Bureau of Economic Research finanziert. Seine Methodik und d28ie von ihm geschaffenen Zeitreihen zur Wirtschaftsdynamik waren entscheidend für die Transformation der Wirtschaftswissenschaften zu einer empirischen Disziplin.

Wichtige Erkenntnisse

  • Die Bruttowertschöpfung misst den Wert, den ein Wirtschaftsbereich, eine Region oder ein Produzent zur Gesamtwirtschaft hinzufügt, indem sie die Vorleistungen vom Produktionswert abzieht.
  • Sie wird zu Herstellungspreisen ausgewiesen und bildet die Grundlage für die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
  • Die Bruttowertschöpfung ermöglicht eine detaillierte sektorale Analyse und hilft, die Leistungsfähigkeit einzelner Wirtschaftszweige zu bewerten.
  • Sie ist ein wichtiger Indikator für das Wirtschaftswachstum und die Produktivität auf verschiedenen Ebenen der Wirtschaft.
  • Die internationale Vergleichbarkeit wird durch Standards wie das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) und das System of National Accounts (SNA 2008) gewährleistet.

Formel und Berechnung

Die 27Bruttowertschöpfung (BWS) wird nach folgender Formel berechnet:

BWS=ProduktionswertVorleistungen\text{BWS} = \text{Produktionswert} - \text{Vorleistungen}

Dabei gilt:

  • Produktionswert: Der Gesamtwert aller Güter und Dienstleistungen, die in einem bestimmten Zeitraum produziert wurden. Dies umfasst den Wert der Verkäufe und die Wertänderung der Lagerbestände.
  • Vorleistungen: Der Wert der Güter und Dienstleistungen, die im Produktionsprozess verbraucht, verarbeitet oder umgewandelt wurden. Hierzu gehören zum Beispiel Rohstoffe, Hilfsstoffe, bezogene Dienstleistungen und Energie.

Die Bruttowertschöpfung wird laut Statistischem Bundesamt zu Herstellungspreisen ermittelt. Um von der Bruttowertschöpfung zur [Net26towertschöpfung](https://diversification.com/term/nettowertschoepfung) zu gelangen, werden die Abschreibungen (Verbrauch des Anlagevermögens) abgezogen.

Interpretation der Bruttowertschöpfung

Die Bruttowertschöpfung ist ein entscheidender Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Produktivität. Eine höhere Bruttowertschöpfung in einem Sektor deutet auf eine stärkere wirtschaftliche Aktivität und einen größeren Beitrag zum Gesamtwirtschaftsgeschehen hin. Durch die Betrachtung der Bruttowertschöpfung nach Wi25rtschaftsbereichen können Analysten erkennen, welche Sektoren das Wirtschaftswachstum antreiben oder wo strukturelle Probleme bestehen. Zum Beispiel kann die Bruttowertschöpfung pro Arbeitskraft oder pro Stunde herangezogen werden, um die Produktivität eines Sektors zu bewerten, eine von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bevorzugte Methode.

Die Entwicklung der Bruttowertschöpfung über die Zeit hinweg bietet Einblicke in Konjunkturzyklen und hilft bei der Identifizierung von Wachstums- oder Rückgangstrends. Veränderungen in Inflationsraten und globalen Lieferketten können die Interpretation der Bruttowertschöpfung beeinflussen.

Hypothetisches Beispiel

Betrachten wir ein mittelständische24s Unternehmen, das hochwertige Büromöbel herstellt. Im vergangenen Geschäftsjahr hatte das Unternehmen folgende Kennzahlen:

  • Produktionswert (Gesamtwert der verkauften Möbel und der Erhöhung der Lagerbestände): 5.000.000 Euro
  • Vorleistungen (Kosten für Holz, Metall, Polsterstoffe, Energie, Transportdienstleistungen, Miete für Produktionshallen etc.): 2.000.000 Euro

Zur Berechnung der Bruttowertschöpfung wird die Formel angewendet:

Bruttowertscho¨pfung=ProduktionswertVorleistungen\text{Bruttowertschöpfung} = \text{Produktionswert} - \text{Vorleistungen} Bruttowertscho¨pfung=5.000.000 Euro2.000.000 Euro=3.000.000 Euro\text{Bruttowertschöpfung} = 5.000.000 \text{ Euro} - 2.000.000 \text{ Euro} = 3.000.000 \text{ Euro}

Die Bruttowertschöpfung des Unternehmens beträgt 3.000.000 Euro. Dieser Betrag stellt den Wert dar, den das Unternehmen durch seine Produktionstätigkeit zusätzlich zu den eingekauften Vorleistungen geschaffen hat. Dieser Wert fließt in die Bezahlung von Löhnen und Gehältern, Zinsen, Mieten und Gewinnen ein und trägt zum Bruttoinlandsprodukt bei.

Praktische Anwendungen

Die Bruttowertschöpfung findet breite Anwendung in der Wirtschaftsanalyse und Statistik:

  • Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Sie ist ein grundlegender Baustein für das Produktionskonto und die Ableitung des Bruttoinlandsprodukts. Sie wird sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene für die Erstellung von Wirtschaftsstatistiken verwendet. Die Daten werden von nationalen Statistikämtern, wie dem Statistischen Bundesamt in Deutschland, und internationalen Organisationen wie Eurostat und der OECD erfasst.
  • Sektorale Analyse: Die Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen (z.B. Landw22, 23irtschaft, Industrie, Dienstleistungen) ermöglicht es, die Bedeutung und Entwicklung einzelner Sektoren für die Gesamtwirtschaft zu bewerten. Dies hilft politischen Entscheidungsträgern, gezielte Maßnahmen zur Förderung bestimmter Br21anchen zu entwickeln.
  • Produktivitätsmessung: Die Bruttowertschöpfung kann in Relation zu den eingesetzten Produktionsfaktoren (z.B. Arbeitskräfte, Bruttoanlageinvestitionen) gesetzt werden, um die Produktivität zu messen und Effizienzsteigerungen zu identifizieren.
  • Internationale Vergleiche: Durch die Anwendung standardisierter Berechnungsmethoden, wie sie im ESVG 2010 von Eurostat festgelegt sind, ist die Bruttowertschöpfung international vergleichbar und dient als Basis für Länderanalysen. Die OECD veröffentlicht umfassende Daten zur Wertschöpfung nach Aktivität, die internationale Wirtsch19, 20aftsvergleiche ermöglichen.

Einschränkungen und Kritik

Obwohl die Bruttowertschöpfung ein wichtiger Wirtschaftsindikator ist, ha18t sie auch Einschränkungen und ist Gegenstand von Kritik:

  • Umweltkosten: Die Bruttowertschöpfung berücksichtigt nicht die externen Kosten von Produktion, wie etwa Umweltverschmutzung oder die Erschöpfung natürlicher Ressourcen. Ein hoher Wert kann daher eine irreführende Darstellung der tatsächlichen Kosten der Produktion geben.
  • Nicht-marktliche Aktivitäten: Leistungen, die nicht über Märkte gehandelt werden (z.B. unbezahlte Hausarbe16, 17it oder ehrenamtliche Tätigkeiten), werden in der Bruttowertschöpfung nicht erfasst. Dies führt zu einem unvollständigen Bild der gesamten wirtschaftlichen Wertschöpfung und des Wohlstands einer Gesellsch14, 15aft.
  • Qualität und Verteilung: Die Bruttowertschöpfung gibt keine Auskunft über die Qualität der produzierten Güter und 13Dienstleistungen oder die Verteilung des geschaffenen Werts (Einkommen und Vermögen) innerhalb einer Wirtschaft. Ein hoher Wert kann mit erheblicher Ungleichheit einhergehen.
  • Informeller Sektor: Die Erfassung des informellen Sektors 11, 12ist schwierig, was zu einer ungenauen Abbildung des tatsächlichen wirtschaftlichen Geschehens führen kann.

Diese Einschränkungen bedeuten, dass die Bruttowertschöpfung zwar ein nützliches Werkzeug zur Analyse der Produktionstätigkeit is10t, aber nicht als alleiniger Maßstab für das umfassende wirtschaftliche Wohl oder den gesellschaftlichen Fortschritt dienen sollte.

Bruttowertschöpfung vs. Bruttoinlandsprodukt

Die Bruttowertschöpfung und das Bruttoinlandsprodukt, 9m/bruttoinlandsprodukt) (BIP) sind eng miteinander verbunden und werden oft miteinander verwechselt, obwohl sie unterschiedliche Perspektiven auf die Wirtschaftsleistung bieten.

Die Bruttowertschöpfung misst den Wert, der von einzelnen Produzenten, Industrien oder Sektoren innerhalb einer Volkswirtschaft geschaffen wird. Sie wird zu Herstellungspreisen bewertet und ergibt sich aus dem Produktionswert abzüglich der Vorleistungen.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hingegen ist der Gesamtwert aller Endprodukte und Dienstleistungen, die in einem bestimmten Zeitraum inn6, 7erhalb der geografischen Grenzen eines Landes produziert wurden. Das BIP wird zu Marktpreisen bewertet. Der Übergang von der Bruttowertschöpfung zum Bruttoinlandsprodukt erfolgt durch die Hinzurechnung der auf die Güter zu zahlenden Steuern (Gütersteuern) und den Abzug der auf die Güter empfangenen Subventionen (Gütersubventionen).

MerkmalBruttowertschöpfung (BWS)Bruttoinlandsprodukt (BIP)
PerspektiveProduktion (Angebotseite), Wertschöpfung einzelner SektorenGesamtwirtschaft (Nachfrageseite), Endverbrauch
BewertungHerstellungspreise (ohne Gütersteuern, mit Gütersubventionen)Marktpreise (mit Gütersteuern, ohne Gütersubventionen)
BeziehungBaustein für das BIP; sektorspezifisch 5Gesamtwert der Produktion einer Volkswirtschaft
FokusWertschöpfung im ProduktionsprozessGesamtwirtschaftliche Leistung

Während das BIP einen umfassenden Überblick über die Größe und Leistung einer Volkswirtschaft bietet, ermöglicht die Bruttowertschöpfung eine detailliertere Analyse der Beiträge einzelner Sektoren. Das BIP ist ein Indikator für die wirtschaftliche Gesundheit auf nationaler Ebene, während die Bruttowertschöpfung häufig für regionale oder branchenspezifische A3, 4nalysen genutzt wird.

FAQs

1. Was ist der Hauptunterschied zwischen Bruttowertschöpfung und Umsatz?

Der Umsatz ist der Gesamtwert der Verkäufe eines Unternehmens oder Sektors. Die Bruttowertschöpfung hingegen geht darüber hinaus, indem sie von diesem Umsatz die Vorleistungen abzieht. Sie misst also den tatsächlich neu geschaffenen Wert im Produktionsprozess, nicht nur den Erlös aus Verkäufen.

2. Warum ist die Bruttowertschöpfung wichtig für die Wirtschaftsanalyse?

Die Bruttowertschöpfung ist wichtig, weil sie Einblicke in die Produktivität und den Beitrag einzelner Wirtschaftsbereiche zur gesamten Wirtschaftsleistung gibt. Sie ermöglicht eine sektorale Analyse und hilft dabei, Wachstumstreiber oder strukturelle Schwächen zu identifizieren, was für die Politikgestaltung und Unternehmensstrategie von Bedeutung ist.

3. Wird die Bruttowertschöpfung auch für internationale Vergleiche verwendet?

Ja, die Bruttowertschöpfung wird international verwendet, insbesondere wenn sie nach standardisierten Methoden wie dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) oder dem System of National Accounts (SNA 2008) erhoben wird. Organisationen wie Eurostat und die OECD veröffentlichen regelmäßig Daten zur Bruttowertschöpfung verschiedener Länder und Sektoren, was globale Vergleiche ermöglicht.

4. Wie beeinflussen Subventionen die Bruttowertschöpfung?

Gütersubventionen werden bei der Berechnung der Bruttowertschöpfung zu Herstellungspreisen hinzugerechnet, während Gütersteuern 1, 2abgezogen werden. Das bedeutet, dass Subventionen, die Unternehmen erhalten, den ausgewiesenen Wert der Bruttowertschöpfung erhöhen, da sie als Teil des geschaffenen Mehrwerts betrachtet werden.

5. Kann die Bruttowertschöpfung negativ sein?

Theoretisch kann die Bruttowertschöpfung für einen einzelnen Betrieb oder einen Sektor negativ sein, wenn der Wert der verbrauchten Vorleistungen den Wert des Produktionswertes übersteigt. Dies würde bedeuten, dass der Produktionsprozess Wert vernichtet statt schafft, was in der Praxis bei dauerhaft unrentablen Betrieben vorkommen kann. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene ist eine negative Bruttowertschöpfung jedoch äußerst unwahrscheinlich.