Derivaten: Definition, Verwendung und Risiken
Was sind Derivaten?
Derivaten sind Finanzinstrumente, deren Wert von der Wertentwicklung eines Basiswertes abgeleitet wird. Dieser Basiswert kann vielfältig sein, zum Beispiel Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Währungen oder Indizes. Als eine Kategorie von Finanzinstrumenten ermöglichen Derivaten es Marktteilnehmern, sich gegen Preisänderungen abzusichern, auf zukünftige Preisbewegungen zu spekulieren oder Arbitrage-Gewinne zu erzielen. Sie werden oft in Form von Kontrakten gehandelt und sind ein zentraler Bestandteil moderner Finanzmärkte.
Geschichte und Ursprung
Die Ursprünge von Derivaten reichen Jahrhunderte zurück, lange bevor moderne Finanzmärkte entstanden. Schon im antiken Griechenland gab es Verträge, die den Verkauf von Olivenöl zu einem zukünftigen Preis festlegten. Eine formalere Entwicklung der Derivatemärkte begann jedoch mit den Agrarmärkten. Im 19. Jahrhundert etablierte sich der Handel mit Terminkontrakten auf landwirtschaftliche Produkte, um Bauern und Käufern Planungssicherheit zu geben. Ein Schlüsselmoment war die Gründung des Chicago Board of Trade (CBOT) im Jahr 1848, der ersten Getreideterminbörse in den Vereinigten Staaten. Das CBOT wurde gegründet, um das chaotische Getreidemarkt in der Region zu ordnen und Landwirten zu helfen, Preisunsicherheiten zu bewältigen. Anfänglich wurden d8ort sogenannte "to-arrive"-Kontrakte gehandelt, Vorläufer der heutigen Futures. Mit der Zeit erweiterten sich die gehandelten Produkte über landwirtschaftliche Güter hinaus auf Metalle, Energie und schließlich auch Finanzprodukte wie Zinspapiere und Währungen.
Wichtigste Erkenntnis7se
- Derivaten sind Finanzinstrumente, deren Wert von einem zugrunde liegenden Vermögenswert abgeleitet wird.
- Sie dienen primär dem Hedging (Absicherung), der Spekulation und der Arbitrage.
- Gängige Arten sind Optionen, Futures, Forwards und Swaps.
- Derivaten können sowohl an regulierten Börsen als auch im Over-the-Counter (OTC)-Markt gehandelt werden.
- Ihr Einsatz birgt sowohl Chancen auf hohe Gewinne als auch erhebliche Risiken, insbesondere durch den Einsatz von Hebelwirkung.
Interpretation von Derivaten
Derivaten werden im Finanzwesen vielseitig interpretiert und angewendet, je nach Zielsetzung der Marktteilnehmer. Für Unternehmen sind Derivaten oft ein Instrument des Risikomanagements, um sich gegen unerwünschte Preisbewegungen bei Rohstoffen, Währungen oder Zinsen abzusichern. Beispielsweise kann ein international tätiges Unternehmen Währungsderivate nutzen, um sich vor Wechselkursschwankungen bei zukünftigen Einnahmen oder Ausgaben zu schützen. Für Investoren und Händler bieten Derivaten die Möglichkeit, auf die zukünftige Entwicklung eines Basiswerts zu spekulieren, ohne diesen direkt besitzen zu müssen. Dies ermöglicht eine effiziente Allokation von Kapital und kann bei korrekter Einschätzung der Marktentwicklung zu erheblichen Renditen führen.
Hypothetisches Beispiel
Stellen Sie sich vor, ein Kaffeeröster in Deutschland benötigt in sechs Monaten 10 Tonnen Kaffeebohnen. Der aktuelle Marktpreis beträgt 3.000 Euro pro Tonne, aber der Röster befürchtet einen Preisanstieg. Um sich abzusichern, könnte er einen Future-Kontrakt kaufen, der den Kauf von 10 Tonnen Kaffeebohnen zu 3.100 Euro pro Tonne in sechs Monaten festlegt.
- Szenario 1: Kaffeepreis steigt. Angenommen, der Preis für Kaffeebohnen steigt in sechs Monaten auf 3.500 Euro pro Tonne. Ohne den Future-Kontrakt müsste der Röster 35.000 Euro zahlen. Dank des Kontrakts zahlt er jedoch nur 31.000 Euro (10 Tonnen * 3.100 Euro), was einer Ersparnis von 4.000 Euro entspricht.
- Szenario 2: Kaffeepreis fällt. Angenommen, der Preis fällt in sechs Monaten auf 2.800 Euro pro Tonne. Ohne den Future-Kontrakt könnte der Röster die Bohnen für 28.000 Euro kaufen. Mit dem Kontrakt muss er jedoch 31.000 Euro zahlen. In diesem Fall hat der Röster einen "Verlust" gemacht, aber er hat das Preisrisiko eliminiert und eine kalkulierbare Kostenbasis für seine Produktion gesichert.
Dieses Beispiel zeigt, wie Derivaten zur Absicherung genutzt werden können, um Preisunsicherheiten zu managen und die Planungssicherheit zu erhöhen.
Praktische Anwendungen
Derivaten finden in verschiedenen Bereichen der Finanzwelt breite Anwendung:
- Risikomanagement: Unternehmen nutzen Derivaten, um sich gegen Währungs-, Zins- oder Rohstoffpreisschwankungen abzusichern. Eine Fluggesellschaft könnte beispielsweise Futures auf Kerosin kaufen, um sich gegen steigende Treibstoffkosten zu schützen.
- Spekulation: Trader und Investoren setzen Derivaten ein, um von der Erwartung zukünftiger Preisbewegungen zu profitieren. Durch den Einsatz von Margin können sie mit geringerem Kapitaleinsatz größere Positionen kontrollieren und so potenziell höhere Gewinne erzielen.
- Arbitrage: Professionelle Händler nutzen Preisunterschiede desselben Derivats an verschiedenen Märkten oder zwischen einem Derivat und seinem Basiswert aus, um risikofreie Gewinne zu erzielen.
- Portfoliomanagement: Fondsmanager verwenden Derivaten, um die Exposition ihres Portfolios gegenüber bestimmten Risiken anzupassen oder schnell und kostengünstig Positionen aufzubauen oder abzubauen, ohne die physischen Vermögenswerte handeln zu müssen.
- Regulierung und Transparenz: Nach der globalen Finanzkrise von 2008 wurden die Derivatemärkte stärker reguliert, um die systemischen Risiken zu reduzieren. Der Dodd-Frank Act in den Vereinigten Staaten, beispielsweise, führte umfassende Reformen ein, die die Regulierung von OTC-Swaps zwischen der SEC und der CFTC aufteilten und mehr Transparenz forderten. Ziel war es unter anderem, den Großteil der Derivategeschäfte über zentralisiert5, 6e Clearing-Häuser und Börsen zu leiten, um das Kontrahentenrisiko zu verringern. Internationale Organisationen wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ4) veröffentlichen regelmäßig Statistiken über die weltweiten Derivatemärkte, um die Transparenz zu erhöhen und die Überwachung zu erleichtern.
Einschränkungen und Kritikpunkte
Trotz ihrer Nützlichkeit bergen Derivaten auch erheblich2, 3e Risiken und waren Gegenstand von Kritik. Die Hebelwirkung, die Derivaten bieten, kann zwar Gewinne potenzieren, führt aber auch zu erheblichen Verlusten, die das eingesetzte Kapital bei Weitem übersteigen können. Dies macht sie zu hochvolatilen Instrumenten, die nicht für alle Anlegertypen geeignet sind. Die Komplexität vieler Derivaten und ihre oft undurchsichtige Preisbildung, insbesondere im OTC-Markt, erschweren es Kleinanlegern, ihr Risiko angemessen einzuschätzen.
Die Rolle von Derivaten bei der globalen Finanzkrise 2008 ist ein häufig zitierter Kritikpunkt. Insbesondere Kreditderivate wie Credit Default Swaps (CDS) wurden als Faktoren genannt, die die Krise verschärften, indem sie Risiken im Finanzsystem verbreiteten und undurchsichtige Verbindungen zwischen Institutionen schufen. Die Rettung von American International Group (AIG) im Jahr 2008 durch die US-Regierung war direkt mit den massiven Verlusten des Unternehmens aus CDS-Kontrakten verbunden, die auf Subprime-Hypotheken ausgegeben wurden. Diese Ereignisse unterstreichen die Notwendigkeit eines robusten Regulierungsrahmens und eines sorgfältigen Risikomanagements im Umgang mit Derivaten.
Derivaten vs. Optionsgeschäfte
Der Begriff "Derivaten" ist ein Oberbegriff für eine breite Klasse von Finanzinstrumenten, deren Wert von einem zugrunde liegenden Vermögenswert abgeleitet wird. Optionen hingegen sind eine spezifische Art von Derivaten.
Der Hauptunterschied liegt in der Verpflichtung:
- Derivaten (allgemein): Umfasst eine Vielzahl von Kontrakten wie Futures, Forwards, Swaps und Optionen. Einige Derivaten, wie Futures und Forwards, verpflichten beide Parteien, das Geschäft zu einem zukünftigen Zeitpunkt abzuschließen.
- Optionsgeschäfte: Eine Option gibt dem Käufer das Recht, aber nicht die Verpflichtung, den Basiswert zu einem festgelegten Preis (Ausübungspreis) an oder vor einem bestimmten Datum zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Option). Der Verkäufer der Option (Stillhalter) ist jedoch verpflichtet, das Geschäft auszuführen, wenn der Käufer sein Recht ausübt. Dies verleiht Optionen eine einzigartige Flexibilität, die andere Derivaten nicht immer bieten.
Kurz gesagt: Alle Optionen sind Derivaten, aber nicht alle Derivaten sind Optionen.
Häufig gestellte Fragen
1. Sind Derivaten nur für große Finanzinstitute geeignet?
Nein, Derivaten werden von einer Vielzahl von Marktteilnehmern genutzt, darunter große Finanzinstitute, Unternehmen zur Absicherung ihrer Geschäftsrisiken und auch Privatanleger. Allerdings ist es wichtig, die Komplexität und die Hebelwirkung dieser Instrumente zu verstehen, bevor man mit ihnen handelt.
2. Was ist der Unterschied zwischen börsengehandelten und Over-the-Counter (OTC)-Derivaten?
Börsengehandelte Derivaten, wie Futures und standardisierte Optionen, werden an organisierten Börsen gehandelt. Sie sind standardisiert, transparent und werden in der Regel über ein Clearing -Haus abgewickelt, das das Kontrahentenrisiko mindert. OTC-Derivaten hingegen sind maßgeschneiderte Verträge, die direkt zwischen zwei Parteien außerhalb einer Börse abgeschlossen werden. Sie bieten mehr Flexibilität, sind aber weniger transparent und bergen ein höheres Kontrahentenrisiko.
3. Können Derivaten zur Risikominderung eingesetzt werden?
Ja, Absicherung (Hedging) ist eine der Hauptanwendungen von Derivaten. Ein Unternehmen kann Derivaten nutzen, um sich gegen unerwünschte Preisbewegungen von Rohstoffen, Währungen oder Zinsen abzusichern und so seine zukünftigen Cashflows und Gewinne zu stabilisieren. Dieses Risikomanagement ist für viele internationale Unternehmen unerlässlich.