Was Ist Fortführungsprognose?
Die Fortführungsprognose ist eine fundierte Beurteilung der Fähigkeit eines Unternehmens, seine Geschäftstätigkeit in absehbarer Zukunft fortzusetzen. Dieses Konzept ist fundamental in der Rechnungslegung und gehört zur übergeordneten Kategorie des Financial Reporting. Im Kern prüft die Fortführungsprognose, ob die Annahme der Unternehmensfortführung (auch als Going Concern-Prinzip bekannt) bei der Erstellung des Jahresabschlusses gerechtfertigt ist. Sie ist entscheidend dafür, ob Vermögenswerte und Schulden zu Fortführungs- oder Liquidationswerten anzusetzen sind. Eine positive Fortführungsprognose bedeutet, dass das Unternehmen voraussichtlich überleben und seinen Verpflichtungen nachkommen kann.
Geschichte und Ursprung
Das Konzept der Fortführungsprognose ist tief im deutschen Handelsrecht verwurzelt. Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) ist bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden davon auszugehen, dass das Unternehmen fortgeführt wird, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.,, Diese Regelung bilde19t18 17die Grundlage für die sogenannte handelsrechtliche Fortführungsprognose. Ergänzend dazu hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) mit dem Prüfungsstandard IDW PS 270 detaillierte Vorgaben für die Beurteilung der Unternehmensfortführung im Rahmen der Wirtschaftsprüfung geschaffen., Die Relevanz dieser Prognose 16w15urde besonders in Krisenzeiten wie der Finanzkrise 2008 oder der COVID-19-Pandemie deutlich, als viele Unternehmen ihre Fähigkeit zur Fortführung kritisch hinterfragen mussten.
Key Takeaways
- Die Fortführungsprognose beurteilt die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens.
- Sie ist eine entscheidende Grundlage für die Bilanzierung nach dem Going Concern-Prinzip im Jahresabschluss.
- Eine positive Fortführungsprognose erlaubt die Bewertung zu Fortführungswerten; bei negativer Prognose sind Liquidationswerte anzusetzen.
- In Deutschland ist die handelsrechtliche Fortführungsprognose im HGB verankert und durch den IDW PS 270 konkretisiert.
- Neben der handelsrechtlichen gibt es auch eine insolvenzrechtliche Fortführungsprognose, die bei drohender Insolvenz relevant wird.
Formula und Calculation
Die Fortführungsprognose ist keine starre Formelberechnung, sondern eine qualitative und quantitative Beurteilung, die auf integrierten Planungsrechnungen basiert. Es gibt keine einzelne mathematische Formel im herkömmlichen Sinne. Stattdessen umfasst sie eine detaillierte Analyse der zukünftigen Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage.
Wichtige Bestandteile der zugrunde liegenden Planungen sind:
- Ergebnisplanung: Projektion der zukünftigen Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens.
- Finanzplanung (Liquiditätsplanung): Darstellung der erwarteten Cashflows, um die Liquidität des Unternehmens sicherzustellen. Dies ist oft der wichtigste Aspekt.
- Bilanzplanung: Prognose der zukünftigen Bilanz, insbesondere im Hinblick auf Eigenkapital und Verschuldung, um die Solvenz zu beurteilen.
Der Prognosezeitraum beträgt in der Regel mindestens zwölf Monate ab dem Bilanzstichtag.,
Interpreting the Fortführungsprognose
Die In14t13erpretation der Fortführungsprognose konzentriert sich darauf, ob die Unternehmensleitung eine begründete Annahme treffen kann, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit fortführen wird. Eine positive Prognose bedeutet, dass keine wesentlichen Zweifel an der Unternehmensfortführung bestehen. Dies ermöglicht die Bilanzierung zu Fortführungswerten.
Wenn die Prognose negative Anzeichen oder Unsicherheiten aufzeigt, müssen diese sorgfältig bewertet werden. Solche Anzeichen könnten wiederkehrende operative Verluste, negative Cashflows oder eine drohende Insolvenz sein. In solchen Fällen muss das Management darlegen, welche Maßnahmen es ergreifen wird, um diese Unsicherheiten zu begegnen, beispielsweise durch Sanierungspläne oder Kapitalmaßnahmen. Die Abschlussprüfer prüfen die Angemessenheit dieser Einschätzung und der getroffenen Annahmen intensiv.,
Hypothetisches Beispiel
Ein mittelständisches Maschinenbauunter12n11ehmen, „Innovatech GmbH“, schließt sein Geschäftsjahr zum 31. Dezember ab. Aufgrund eines deutlichen Umsatzrückgangs im letzten Quartal und steigender Rohstoffkosten zeigen die vorläufigen Zahlen für das Jahr einen Verlust anstelle des erwarteten Gewinns. Die Geschäftsführung muss eine Fortführungsprognose erstellen, um den Jahresabschluss korrekt aufstellen zu können.
Schritte der Innovatech GmbH:
- Analyse der aktuellen Situation: Die Geschäftsführung identifiziert die Ursachen für den Umsatzrückgang (z.B. nachlassende Nachfrage aus einem Schlüsselmarkt) und die Kostenerhöhungen.
- Erstellung einer integrierten Planung: Für die nächsten 12 Monate (bis zum 31. Dezember des Folgejahres) wird eine detaillierte Ertrags-, Finanz- und Bilanzplanung erstellt. Diese Planung berücksichtigt verschiedene Szenarien, wie die Entwicklung neuer Produkte, die Erschließung neuer Märkte oder die Einführung von Kostensenkungsmaßnahmen.
- Bewertung der Liquidität: Die Planung zeigt, dass Innovatech in den nächsten sechs Monaten ohne zusätzliche Finanzierung Liquiditätsprobleme bekommen könnte, da große Kundenforderungen erst später eingehen.
- Entwicklung von Gegenmaßnahmen: Die Geschäftsführung verhandelt mit der Hausbank über eine temporäre Erhöhung der Kreditlinie und plant eine strikte Überwachung der Ausgaben. Zudem werden Gespräche mit Gläubigern geführt, um Zahlungsziele anzupassen.
- Fazit der Prognose: Trotz anfänglicher Schwierigkeiten kommt die Geschäftsführung zu dem Schluss, dass mit den geplanten Maßnahmen (erhöhte Kreditlinie, Kostensenkungen, angepasste Zahlungsziele) die Liquidität für die nächsten 12 Monate gesichert ist und somit die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Die Fortführungsprognose fällt positiv aus, und der Jahresabschluss kann zu Fortführungswerten aufgestellt werden.
Praktische Anwendungen
Die Fortführungsprognose ist in mehreren Bereichen von entscheidender Bedeutung:
- Finanzberichterstattung: Sie ist die Grundlage für die korrekte Rechnungslegung nach dem Going Concern-Prinzip, sowohl nach HGB als auch nach internationalen Standards wie IFRS. Unternehmen müssen offenlegen, wenn wesentliche Unsicherheiten bezüglich der Fortführungsprognose bestehen.,
- Wirtschaftsprüfung: Abschlussprüfer sind verpflichtet, die Beurtei10l9ung der Unternehmensleitung zur Fortführung kritisch zu prüfen und die Angemessenheit der Annahmen und Pläne zu bewerten., Eine fehlende oder unzureichende Fortführungsprognose kann zu einem eingeschränkten oder versagten Bestätigungsvermerk führen.
- [I8n7solvenz](https://diversification.com/term/insolvenz)recht: Im Falle einer bilanziellen Überschuldung einer juristischen Person ist die Erstellung einer Fortbestehensprognose – einer spezialisierten Form der Fortführungsprognose gemäß § 19 Abs. 2 InsO – zwingend erforderlich. Fällt diese positiv aus, kann die Insolvenzantragspflicht abgewendet werden., Dies ist ein zentrales Element zur Beurteilung der Solvenz eines Unternehmens in der Krise.
- [Untern6e5hmensbewertung](https://diversification.com/term/unternehmensbewertung) und Kreditvergabe: Banken und Investoren nutzen die Fortführungsprognose, um das Risiko einer Kreditvergabe oder einer Investition zu bewerten. Eine belastbare Prognose ist oft eine Voraussetzung für die Finanzierungszusage.
Limitations und Criticisms
Die Fortführungsprognose, obwohl essenziell, ist mit Einschränkungen und Kritikpunkten behaftet:
- Subjektivität und Unsicherheit: Die Prognose basiert auf Annahmen über zukünftige Ereignisse, die von Natur aus unsicher sind. Externe Schocks (z.B. Pandemien, Kriege, plötzliche Marktveränderungen) können selbst die sorgfältigste Planung obsolet machen. Dies birgt das Risiko, dass die Einschätzung nicht die tatsächliche zukünftige Entwicklung widerspiegelt.
- Prognosezeitraum: Der übliche Zwölfmonatszeitraum kann in schnelllebigen Branchen oder Krisenzeiten zu kurz sein, um langfristige Risiken oder Chancen ausre4ichend abzubilden.
- Abhängigkeit von Management-Annahmen: Die Qualität der Prognose hängt stark von der Realitätsnähe und Sorgfalt der vom Management getroffenen Annahmen und ent3wickelten Maßnahmen ab. Auditor*innen müssen diese Annahmen kritisch hinterfragen, aber letztlich sind sie auf die vom Management bereitgestellten Informationen angewiesen.
- "Too Little, Too Late": Kritiker bemängeln, dass eine negative Fortführungsprognose oder die damit verbundene Insolvenzantragspflicht oft erst in einem sehr späten S2tadium der Krise erfolgt, wenn Sanierungsoptionen bereits stark eingeschränkt sind.
Fortführungsprognose vs. Going Concern
Die Begriffe Fortführungsprognose und Going Concern sind eng miteinander verbunden 1und werden oft synonym verwendet, obwohl es feine Unterschiede gibt.
Merkmal | Fortführungsprognose | Going Concern |
---|---|---|
Definition | Die konkrete, begründete Beurteilung der Fähigkeit eines Unternehmens zur Fortführung seiner Tätigkeit in der absehbaren Zukunft. | Der grundlegende Rechnungslegungsgrundsatz, der annimmt, dass ein Unternehmen auf Dauer fortgeführt wird. |
Charakter | Eine explizite oder implizite Einschätzung bzw. Analyse, oft in Form eines Gutachtens. | Ein Prinzip oder eine Prämisse der Bilanzierung. |
Zweck | Nachweis, dass keine Tatsachen oder rechtlichen Gegebenheiten der Fortführung entgegenstehen; Grundlage für Bilanzierungsentscheidungen. | Ermöglicht die Bewertung von Vermögenswerten zu Fortführungs- anstatt zu Liquidationswerten. |
Auslöser | Indikatoren für Bestandsgefährdung (z.B. Verluste, Liquiditätsengpässe), oder gesetzliche/prüferische Anforderung. | Standardannahme, solange keine gegenteiligen Anzeichen vorliegen. |
Rechtsgrundlage | § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB, IDW PS 270 (handelsrechtlich); § 19 InsO (insolvenzrechtlich). | § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB (grundlegend). |
Die Fortführungsprognose ist somit das Ergebnis einer Überprüfung, die sicherstellt, dass die Going Concern-Annahme weiterhin gültig ist oder ob sie aufgrund von Bestandsgefährdungen aufgegeben werden muss.
FAQs
1. Wer ist für die Erstellung der Fortführungsprognose verantwortlich?
Die primäre Verantwortung für die Erstellung der Fortführungsprognose liegt bei der Geschäftsführung oder den gesetzlichen Vertretern eines Unternehmens. Diese müssen die entsprechenden Annahmen treffen und die notwendigen Unterlagen, wie detaillierte Finanzplanungen, vorbereiten.
2. Was passiert, wenn die Fortführungsprognose negativ ausfällt?
Fällt die Fortführungsprognose negativ aus, bedeutet dies, dass die Unternehmensfortführung nicht mehr als überwiegend wahrscheinlich angesehen werden kann. In diesem Fall müssen Vermögenswerte und Schulden im Jahresabschluss zu Liquidationswerten angesetzt werden, was in der Regel zu einer deutlichen Abwertung der Aktiva führt. Zudem kann eine negative Fortführungsprognose im Kontext des Insolvenzrechts eine Insolvenzantragspflicht auslösen, insbesondere bei Überschuldung.
3. Welchen Zeitraum umfasst eine Fortführungsprognose üblicherweise?
Der Prognosezeitraum für eine Fortführungsprognose beträgt in der Regel mindestens zwölf Monate ab dem Bilanzstichtag. Für die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose können je nach Grund der Prüfung (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) auch längere Zeiträume relevant sein.
4. Kann eine positive Fortführungsprognose ein Unternehmen vor der Insolvenz bewahren?
Eine positive Fortführungsprognose kann in vielen Fällen dazu beitragen, die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung abzuwenden. Sie ist ein starkes Signal für Gläubiger und Investoren, dass das Unternehmen eine realistische Chance auf Fortbestand hat. Eine Garantie für die zukünftigkeit ist sie jedoch nicht, da sie auf Prognosen basiert, die von unvorhergesehenen Ereignissen beeinflusst werden können.
5. Welche Rolle spielen externe Wirtschaftsprüfer bei der Fortführungsprognose?
Externe Wirtschaftsprüfungsprüfer beurteilen im Rahmen ihrer Abschlussprüfung die Angemessenheit der Fortführungsprognose des Managements. Sie prüfen, ob die Annahmen plausibel sind, die Planungen nachvollziehbar erstellt wurden und ob alle relevanten Informationen berücksichtigt wurden. Bei wesentlichen Unsicherheiten müssen sie dies im Bestätigungsvermerk vermerken.