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Inkassounternehmen

Was ist ein Inkassounternehmen?

Ein Inkassounternehmen ist ein spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen, das den Einzug fälliger Forderungen für Gläubiger übernimmt. Im Kern handelt es sich dabei um eine Kernfunktion des Forderungsmanagements, bei dem das Inkassounternehmen versucht, offene Rechnungen und Schulden von säumigen Schuldnern einzutreiben. Inkassounternehmen werden in der Regel tätig, nachdem eigene Bemühungen des Gläubigers, wie das interne Mahnverfahren, erfolglos geblieben sind. Sie agieren entweder im Auftrag des ursprünglichen Gläubigers oder haben die Forderung selbst angekauft.

Geschichte und Ursprung

Die Geschichte der Inkassounternehmen in Deutschland reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als die ersten Auskunfteien entstanden. Diese legten den Grundstein für den präventiven Kreditschutz und die Wirtschaftsauskunft. Eigenständige Inkassounternehmen, die sich auf den Einzug überfälliger Forderungen spezialisierten, traten verstärkt seit den 1920er Jahren am Markt auf. Ihre Tätigkeit wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts zunehmend reguliert. Nach einer Phase der Liberalisierung um die Jahrtausendwende wurde der regulatorische Rahmen nur wenige Jahre später wieder deutlich nachjustiert, um den Verbraucherschutz zu stärken.

Key Takeaways

  • Inkassounternehmen sind Dienstleister, die fällige Forderungen für Gläubiger einziehen.
  • Ihre Tätigkeit ist in Deutschland durch das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) reguliert und erfordert eine Registrierung.
  • Seriöse Inkassounternehmen müssen umfassende Informations- und Darlegungspflichten gegenüber Schuldnern erfüllen.
  • Inkassokosten müssen klar und nachvollziehbar sein, wobei der Schuldner in der Regel nur die gesetzlich zulässigen Kosten zu tragen hat.
  • Im Zweifelsfall oder bei unklaren Forderungen sollte Kontakt zu Verbraucherzentralen oder einem Rechtsanwalt aufgenommen werden.

Interpretieren des Inkassounternehmens

Die Beauftragung eines Inkassounternehmens signalisiert, dass ein Gläubiger seine eigenen Bemühungen zur Beitreibung einer offenen Forderung ausgeschöpft hat und nun externe Unterstützung sucht. Für den Schuldner bedeutet der Erhalt eines Inkassoschreibens, dass er sich im Zahlungsverzug befindet und die Angelegenheit ernst nehmen sollte. Ein Inkassounternehmen prüft die Bonität des Schuldners und setzt auf außergerichtliche Maßnahmen, um die Forderung beizutreiben, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Die Kommunikation mit dem Inkassounternehmen kann dabei helfen, Missverständnisse auszuräumen oder eine Zahlungsvereinbarung zu treffen.

Hypothetisches Beispiel

Ein Online-Händler, "Elektronik-Fix", verkauft einen Laptop an Herrn Müller für 1.200 Euro auf Rechnung. Herr Müller erhält die Rechnung, versäumt jedoch die Zahlung. Nach der ersten Mahnung durch Elektronik-Fix, die ebenfalls unbeantwortet bleibt, beauftragt Elektronik-Fix ein Inkassounternehmen namens "Forderungs-Profi GmbH".

Forderungs-Profi GmbH erhält die Daten zu Herrn Müllers offener Forderung und sendet ihm ein Inkassoschreiben. In diesem Schreiben wird Herr Müller über die ursprüngliche Forderung, die Verzugszinsen und die angefallenen Inkassokosten informiert. Es wird ihm eine Frist zur Zahlung gesetzt und verschiedene Zahlungsmöglichkeiten angeboten. Herr Müller, der zwischenzeitlich seinen Job verloren hatte, kontaktiert das Inkassounternehmen, erklärt seine Situation und einigt sich auf eine Ratenzahlungsvereinbarung, um die offene Summe zu begleichen.

Praktische Anwendungen

Inkassounternehmen sind in nahezu allen Wirtschaftsbereichen tätig, in denen offene Forderungen entstehen. Sie werden häufig von Telekommunikationsunternehmen, Energieversorgern, Versandhändlern, Banken und anderen Dienstleistern eingesetzt, um ihre Debitoren zu managen. Neben dem klassischen Inkasso bieten viele Inkassounternehmen auch Dienstleistungen wie den Forderungskauf oder Factoring an, bei dem sie Forderungen direkt vom Gläubiger erwerben und das Ausfallrisiko übernehmen. Die Rolle der Inkassounternehmen ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Liquidität von Unternehmen und trägt zur Stabilität der Wirtschaft bei. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) vertritt seit 1956 die Interessen der deutschen Inkassowirtschaft und fördert seriöse Geschäftspraktiken.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Obwohl Inkassounternehmen ei6ne wichtige Funktion im Forderungsmanagement erfüllen, sind sie auch mit Kritik konfrontiert. Ein häufiger Kritikpunkt betrifft überhöhte oder unberechtigte Inkassokosten, die die ursprüngliche Forderung erheblich aufblähen können. Auch aggressive Kommunikationsstrategien oder Einschüchterungsversuche geg5enüber Schuldnern werden immer wieder beanstandet. Das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und weitere gesetzliche Regelungen versuchen, diesen Praktiken entgegenzuwirken, indem sie strenge Informationspflichten und Kostengrenzen für Inkassounternehmen festlegen. Gemäß § 12 RDG müssen Inkassodienstleister persönlich geeignet und zuverlässig sein, Fachexpertise nachweisen und eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250.000 Euro vorweisen. Dennoch gibt es weiterhin unseriöse Anbieter am Markt, weshalb Verbraucher wachsam 4sein und erhaltene Forderungen sorgfältig prüfen sollten. Die Verbraucherzentralen bieten hier Unterstützung und prüfen die Rechtmäßigkeit von Inkassoforderungen.

Inkassounternehmen vs. Gerichtsvollzieher

Inkassounternehmen und [Gerichtsvollzieher]3() sind beide im Bereich der Forderungsbeitreibung tätig, unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihren Befugnissen und ihrer Stellung. Ein Inkassounternehmen ist ein privatwirtschaftlicher Dienstleister, der im Auftrag eines Gläubigers agiert. Es ist primär für das außergerichtliche Forderungsmanagement zuständig und darf keine staatlichen Zwangsmaßnahmen durchführen.

Ein Gerichtsvollzieher hingegen ist ein Organ der Rechtspflege und handelt im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Er ist eine staatliche Amtsperson, die auf Basis eines vollstreckbaren Titels (z.B. eines Gerichtsurteils oder Mahnbescheids) Pfändungen durchführen, die Abgabe einer Vermögensauskunft verlangen und weitere hoheitliche Maßnahmen zur Durchsetzung von Forderungen ergreifen darf. Inkassounternehmen können zwar rechtliche Schritte einleiten, um einen solchen Titel zu erwirken, die tatsächliche Zwangsvollstreckung obliegt dann jedoch dem Gerichtsvollzieher.

FAQs

1. Welche Informationen muss ein Inkassounternehmen in einem Schreiben angeben?

Ein seriöses Inkassounternehmen muss im ersten Schreiben detaillierte Informationen zur Forderung angeben, darunter den ursprünglichen Gläubiger, den genauen Betrag der Hauptforderung, den Grund der Forderung (z.B. Art des Vertrags oder der Leistung), das Datum des Vertragsschlusses, eine Aufschlüsselung der Verzugszinsen und der Inkassokosten sowie einen Hinweis auf die Möglichkeit, die Forderung zu bestreiten. Diese Pflichten sind im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verankert.

2. Muss ich die Inkassokosten immer bezahlen?

Sie müssen Inkassokosten nur bezahlen, wenn die Hauptford2erung berechtigt ist und Sie sich im Zahlungsverzug befinden. Zudem müssen die Kosten angemessen sein und dürfen die gesetzlich zulässigen Gebühren nicht überschreiten. Überhöhte oder unberechtigte Kostenanteile müssen nicht gezahlt werden. Im Zweifel empfiehlt es sich, die Forderung durch eine Verbraucherzentrale oder einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen.

3. Wie erkenne ich ein seriöses Inkassounternehmen?

Seriöse Inkassounternehmen sind im Rechtsdienstleistungsregister registriert, welches online eingesehen werden kann. Sie kommunizieren transparent, vermeiden Drohungen und unrealistische Fristen, bieten klare Aufschlüsselungen der Kosten und sind bereit, bei berechtigten Einwänden in den Dialog zu treten. Anzeichen für unseriöse Anbieter sind fehlende Angaben, ausländische Kontoverbindungen bei deutschen Forderungen, überhöhte Gebühren oder aggressive, einschüchternde Formulierungen.1