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Kleingewerbetreibender

Was ist ein Kleingewerbetreibender?

Ein Kleingewerbetreibender ist eine Person, die in Deutschland ein Gewerbe betreibt, dessen Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Diese Definition ist zentral im deutschen Handelsrecht und der Rechnungslegung, da sie die Anwendbarkeit des Handelsgesetzbuches (HGB) oder des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmt. Kleingewerbetreibende sind somit keine Kaufleute im Sinne des HGB und unterliegen stattdessen den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dies hat weitreichende Auswirkungen auf ihre Buchführung, Haftung und andere rechtliche Pflichten.

Geschichte und Ursprung

Die Unterscheidung zwischen Gewerbetreibenden, die als Kaufleute gelten, und solchen, die als Kleingewerbetreibende eingeordnet werden, hat ihre Wurzeln in der deutschen Gesetzgebung des späten 19. Jahrhunderts. Mit dem Inkrafttreten des Handelsgesetzbuches (HGB), am 18.7 Januar 1900 wurde ein umfassendes Regelwerk für Kaufleute geschaffen. Das HGB legte fest, welche Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Komplexität als Handelsgewerbe gelten und somit speziellen handelsrechtlichen Pflichten unterliegen, wie der Eintragung ins Handelsregister und der doppelten Buchführung. Für kleinere, weniger komplexe Gewerbebetriebe, die keinen solchen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderten, blieb das allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) die maßgebliche Rechtsgrundlage. Diese duale Struktur sollte sicherstellen, dass kleine Unternehmen nicht mit unverhältnismäßig hohen administrativen Anforderungen belastet werden, die für größere Handelsunternehmen notwendig sind.

Kernpunkte

Interpretation des Kleingewerbetreibenden-Status

Der Status als Kleingewerbetreibender wird nicht aktiv beantragt, sondern ergibt sich aus der Art und dem Umfang des Geschäftsbetriebs. Die Abgrenzung ist fließend und wird anhand von Kriterien wie Umsatz, Anzahl der Geschäftsbeziehungen, Komplexität der Geschäftsvorgänge, Höhe des eingesetzten Kapitals, Anzahl der Mitarbeiter und Nutzung von Geschäftsräumen beurteilt. Ein Kleingewerbetreibender muss dennoch ein Gewerbe beim zuständigen Gewerbeamt anmelden und ist den Vorschriften der Gewerbeordnung (GewO) unterworfen.

Die zentrale Auswirkung des Status ist die vereinfachte Buchführung. Statt der doppelten Buchführung mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) können Kleingewerbetreibende ihren Gewinn für die Einkommensteuer durch eine simple Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln. Dies reduziert den administrativen Aufwand erheblich.

Hypothetisches Beispiel

Anna beschließt, handgemachten Schmuck online zu verkaufen. Sie meldet ein Gewerbe an und startet als Einzelunternehmerin. Im ersten Jahr hat sie einen Umsatz von 15.000 Euro, keine Angestellten und betreibt ihr Geschäft von zu Hause aus. Ihr Geschäftsumfang ist überschaubar, und sie führt keine komplexen Handelsgeschäfte durch.

In diesem Fall wird Anna als Kleingewerbetreibende eingestuft. Sie ist nicht verpflichtet, sich ins Handelsregister einzutragen. Für ihre Steuererklärung reicht sie beim Finanzamt eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ein, um ihren Gewinn zu ermitteln. Sie muss Einkommensteuer auf ihren Gewinn zahlen, aber da ihr Umsatz unter der Grenze für die Kleinunternehmerregelung liegt (Stand 2025: 25.000 Euro im Vorjahr), kann sie sich von der Umsatzsteuer befreien lassen.

Praktische Anwendungen

Der Status als Kleingewerbetreibender findet in verschiedenen Bereichen praktische Anwendung und bietet Vorteile, insbesondere für Neugründungen und kleinere Betriebe:

  • Vereinfachte Buchführung: Die Möglichkeit, eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) anstelle der doppelten Buchführung zu erstellen, spart Kleingewerbetreibenden Zeit und Kosten für die Steuerberatung. Dies ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt.,
  • Keine Handelsregisterl5sregister)eintragungspflicht: Die Befreiung von der Pflicht zur Eintragung ins Handelsregister reduziert den bürokratischen Aufwand bei der Gründung und im laufenden Betrieb.
  • Anwendbarkeit des BGB: Da das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zur Anwendung kommt, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen oft weniger komplex als die des Handelsgesetzbuches (HGB), welches detailliertere Regelungen für Kaufleute enthält.
  • Steuerliche Aspekte: Kleingewerbetreibende sind grundsätzlich einkommensteuerpflichtig und müssen eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen. Unterhalb bestimmter Umsatzgrenzen können sie von der Kleinunternehmerregelung nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) Gebrauch machen und sind dann von der Erhebung der Umsatzsteuer befreit. Diese Regelung wurde zum 1. Januar 2025 angepasst, wobei die Umsatzgrenzen für die Kleinunternehmerregelung von 22.000 Euro im Vorjahr und 50.000 Euro im laufenden Jahr auf 25.000 Euro bzw. 100.000 Euro (jeweils netto) erhöht wurden.,

Einschränkungen und Kritik

Obwohl der Status als Kleingewerbetreibender Vo4r3teile bietet, gibt es auch Einschränkungen und potenzielle Nachteile:

  • Unbeschränkte Haftung: In den häufigsten Unternehmensformen für Kleingewerbetreibende, wie dem Einzelunternehmen oder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), haften die Betreiber persönlich und unbeschränkt mit ihrem gesamten Privatvermögen für Geschäftsschulden. Dies kann ein erhebliches Risiko darstellen.
  • Fehlende Publizität: Da keine Handelsregistereintragung erforderlich ist, fehlt Kleingewerbetreibenden die formale Publizität und damit die Transparenz und das Vertrauen, das eine eingetragene Firma genießen kann. Dies kann sich bei Geschäftsbeziehungen mit größeren Partnern oder der Kreditvergabe nachteilig auswirken.
  • Abgrenzungsschwierigkeiten: Die Definition eines Kleingewerbetreibenden basiert auf einer Einschätzung, ob ein "kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb" erforderlich ist. Diese Abgrenzung ist nicht immer eindeutig und kann im Einzelfall zu Unsicherheiten führen, was eine juristische Klärung notwendig machen kann.
  • Wachstumsgrenzen: Beim Überschreiten bestimmter Umsatz- oder Gewinngrenzen kann der Kleingewerbetreibende automatisch den Status eines Kaufmanns erlangen und damit den strengeren Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB) unterliegen. Dies erfordert eine Umstellung der Buchführung und gegebenenfalls der Unternehmensform.

Kleingewerbetreibender vs. Kleinunternehmer

Der Begriff Kleingewerbetreibender wird oft fälschlicherweise synonym mit Kleinunternehmer verwendet, obwohl es sich um unterschiedliche rechtliche Konzepte handelt. Die Verwirrung entsteht, da viele Kleingewerbetreibende auch die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung erfüllen.

MerkmalKleingewerbetreibenderKleinunternehmer
RechtsgrundlageHandelsgesetzbuch (HGB) / Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)Umsatzsteuergesetz (UStG)
KriteriumArt und Umfang des GeschäftsbetriebsUmsatzgrenzen (aktuell: 25.000 € Vorjahr, 100.000 € laufendes Jahr netto)
FolgeKeine Kaufmannseigenschaft, vereinfachte Buchführung/buchfuehrung) (EÜR), keine HandelsregistereintragungspflichtBefreiung von der Umsatzsteuerpflicht, d.h. keine Ausweisung der Umsatzsteuer auf Rechnungen und kein Vorsteuerabzug
ZweckAbgrenzung im HandelsrechtVereinfachung der Umsatzsteuer für kleine Betriebe

Ein Kleingewerbetreibender ist eine Einstufung nach Handelsrecht, während der Kleinunternehmer eine Umsatzsteuerliche Regelung ist. Ein Unternehmen kann ein Kleingewerbetreibender sein, aber aufgrund hoher Umsatze kein Kleinunternehmer mehr, und umgekehrt.

FAQs

1. Muss sich ein Kleingewerbetreibender ins Handelsregister eintragen lassen?

Nein, ein Kleingewerbetreibender muss sich nicht ins Handelsregister eintragen lassen, da er nicht als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches gilt. Die Eintragung ist freiwillig, führt jedoch zur Kaufmannseigenschaft und damit zur Anwendung des HGB.

2. Welche Buchführungspflichten hat ein Kleingewerbetreibender?

Ein Kleingewerbetreibender ist nicht zur doppelten Buchführung verpflichtet. Für die Ermittlung des Gewinns genügt in der Regel eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), die dem Finanzamt im Rahmen der Steuererklärung übermittelt wird.

3. Was passiert, wenn ein Kleingewerbetreibender wächst?

Wenn der Geschäftsbetrieb eines Kleingewerbetreibenden so stark wächst, dass er nach Art oder Umfang einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, wird er automatisch zum Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB). Dies zieht erweiterte Pflichten nach sich, wie die doppelte Buchführung, die Erstellung eines Jahresabschlusses und die Pflicht zur Eintragung ins Handelsregister.

4. Sind Kleingewerbetreibende umsatzsteuerpflichtig?

Kleingewerbetreibende sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, können sich aber unter bestimmten Voraussetzungen auf die Kleinunternehmerregelung berufen. Wenn der Umsatz im Vorjahr eine bestimmte Grenze nicht überschritten hat (aktuell 25.000 Euro netto) und im laufenden Jahr eine höhere Grenze (aktuell 100.000 Euro netto) voraussichtlich nicht überschritten wird, können sie von der Umsatzsteuer befreit sein. Sie weisen dann keine Umsatzsteuer auf Rechnungen aus und können im Gegenzug keine Vorsteuer abziehen.

5. Welche Rolle spielt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für Kleingewerbetreibende?

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ist eine zentrale Bundesbehörde im Bereich der Steuern in Deutschland. Obwohl Kleingewerbetreibende hauptsächlich mit ihrem lokalen Finanzamt interagieren, ist das BZSt für bestimmte übergreifende Aufgaben zuständig, wie z.B. die Vergabe der steuerlichen Identifikationsnummern oder die zentrale Verwaltung von Informationen, die für die Besteuerung relevanter sind.1