Was sind Mindestreserven?
Mindestreserven sind die Geldbeträge, die Banken und andere Kreditinstitute bei ihrer Zentralbank als Pflichtguthaben halten müssen. Diese Vorgabe ist ein wesentliches Instrument der Geldpolitik und gehört zum Bereich der Banken-Regulierung. Sie dienen dazu, die Liquidität des Finanzsystems zu steuern, die Geldmenge zu beeinflussen und die Finanzstabilität zu gewährleisten. Die Höhe der Mindestreserven wird in der Regel als Prozentsatz der Einlagen von Kunden und bestimmten anderen Verbindlichkeiten einer Bank berechnet.
Geschichte und Ursprung
Das Konzept der Mindestreserven hat sich im Laufe der Zeit entwickelt, um die Stabilität des Bankwesens zu sichern und der Zentralbank ein Werkzeug zur Steuerung der Wirtschaft an die Hand zu geben. Schon in frühen Bankensystemen hielten Banken informell einen Teil ihrer Einlagen als Reserve, um Auszahlungen zu decken. Mit der Gründung moderner Zentralbanken im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden Mindestreserven zu einem formalisierten geldpolitischen Instrument. Sie etablierten sich als Mechanismus zur Kontrolle der Kreditvergabe und zur Sicherung der Liquidität der Banken.
In vielen Jurisdiktionen, wie dem Eurosystem, legt die Europäische Zentralbank (EZB) die Mindestreservepflicht fest. Im Januar 1999 führte die EZB einen Mindestreservesatz von 2 % ein, der im Januar 2012 auf 1 % gesenkt wurde und seitdem unverändert blieb.,
Eine bemerke25n24swerte Entwicklung ereignete sich in den Vereinigten Staaten im Jahr 2020. Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und zur Förderung einer "reichlichen Reservehaltung" (ample reserves regime) senkte der Federal Reserve Board, die US-amerikanische Zentralbank, die Mindestreservepflicht für alle Kreditinstitute auf null Prozent, gültig ab dem 26. März 2020., Diese Entscheidun23g markierte einen Paradigmenwechsel in der Umsetzung der US-Geldpolitik und hatte auch Auswirkungen auf die sogenannte "Regulation D", die zuvor die Anzahl der bequemen Überweisungen von Sparkonten begrenzt hatte.,,
Kernpunkte
*22 21 20 Pflichtguthaben: Mindestreserven sind gesetzlich vorgeschriebene Geldbeträge, die Geschäftsbanken bei ihrer Zentralbank hinterlegen müssen.
- Geldpolitisches Instrument: Sie dienen Zentralbanken als Werkzeug zur Beeinflussung der Geldmenge und der Zinssätze im Finanzsystem.
- Liquiditätssicherung: Mindestreserven tragen dazu bei, die Liquidität von Banken zu gewährleisten und das Risiko von Bank Runs zu mindern.
- Regulierungsbasis: Die Berechnung erfolgt typischerweise als Prozentsatz der Kundeneinlagen und anderer Verbindlichkeiten einer Bank.
- Anpassung und Aussetzung: Zentralbanken können die Mindestreservesätze anpassen oder sogar aussetzen, um auf wirtschaftliche Bedingungen zu reagieren.
Formel und Berechnung
Die Berechnung der Mindestreserven basiert auf dem Mindestreservesatz, der von der jeweiligen Zentralbank festgelegt wird, und der Reservebasis der Bank. Die Reservebasis umfasst in der Regel bestimmte Verbindlichkeiten der Bank, insbesondere Kundeneinlagen.
Die allgemeine Formel lautet:
Dabei gilt:
- Mindestreserve: Der Betrag an Mitteln, den eine Bank bei der Zentralbank halten muss.
- Reservesatz: Der Prozentsatz, der von der Zentralbank festgelegt wird (z.B. 1 % im Eurosystem).
- Reservebasis: Eine f19estgelegte Gruppe von Verbindlichkeiten der Bank, primär Einlagen von Kunden und emittierte Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren.,
Zusätzlich kann es pauschal18e17 Freibeträge oder Abzüge geben, die die tatsächlich zu haltende Mindestreserve für kleinere Institute reduzieren. Im Eurosystem wird beispielsweise ein pauschaler Freibetrag von 100.000 Euro von der Reserveanforderung abgezogen.
Interpretation der Mindestrese16rven
Die Höhe der Mindestreserven, die eine Bank halten muss, ist eine regulatorische Vorgabe, die verschiedene Interpretationen und Auswirkungen hat. Eine Erhöhung des Mindestreservesatzes zwingt Banken, mehr Mittel bei der Zentralbank zu halten. Dies reduziert die Menge an Geld, die sie für die Kreditvergabe zur Verfügung haben, und kann somit die Geldmenge im Umlauf verringern und die Zinssätze erhöhen. Umgekehrt führt eine Senkung des Satzes dazu, dass Banken mehr überschüssige Reserven haben, die sie verleihen können, was die Geldmenge erhöht und die Kreditkosten senken kann.
In der Praxis ermöglichen Mindestreserven den Banken eine gewisse Flexibilität. Sie müssen die genaue Höhe der Mindestreserven nicht zu jedem Zeitpunkt des "Reserve-Wartungszeitraums" halten, sondern lediglich den Durchschnitt über diesen Zeitraum. Dies ermöglicht es den Banken, auf kurzfristige Schwankungen an den Geldmärkten zu reagieren und zur Stabilisierung der Geldmarktsätze beizutragen.,
Hypothetisches Beispiel
Angenommen, die Zentral15b14ank eines Landes legt einen Mindestreservesatz von 5 % fest. Eine Geschäftsbank namens "Global Finance Bank" hat insgesamt 1 Milliarde Euro an berücksichtigungsfähigen Einlagen von ihren Kunden.
- Berechnung der Reservebasis: Die Reservebasis der Global Finance Bank beträgt 1.000.000.000 Euro.
- Anwendung des Reservesatzes:
Die Global Finance Bank wäre somit verpflichtet, 50 Millionen Euro als Mindestreserven bei der Zentralbank zu halten. Diese Mittel stehen der Bank nicht für die direkte Kreditvergabe oder andere Investitionen zur Verfügung. Der verbleibende Teil der Einlagen, 950 Millionen Euro, könnte potenziell als Kredite an Kunden vergeben werden, vorbehaltlich weiterer regulatorischer Anforderungen und interner Risikobewertungen.
Praktische Anwendungen
Mindestreserven sind ein entscheidendes Instrument in der Hand der Zentralbanken zur Umsetzung ihrer Geldpolitik und zur Gewährleistung der Finanzstabilität.
- Geldmengensteuerung: Durch die Anpassung des Mindestreservesatzes können Zentralbanken die Menge des Geldes beeinflussen, das Banken für die Kreditvergabe zur Verfügung steht. Eine Erhöhung verknappt die Geldmenge, eine Senkung erweitert sie.
- Liquiditätsmanagement: Sie stellen sicher, dass Banken über13 eine Mindestmenge an liquiden Mitteln verfügen, um plötzliche Abhebungen zu decken und ihre kurzfristigen Verpflichtungen zu erfüllen. Dies stärkt das Vertrauen in das Bankensystem.
- Zinssatzbeeinflussung: Änderungen der Mindestreserven können indi12rekt die Zinssätze am Geldmarkt beeinflussen, da sie die Nachfrage der Banken nach Zentralbankgeld verändern. Wenn Banken weniger Reserven halten müssen, sinkt ihre Nachfrage nach kurzfristigen Krediten von anderen Banken, was die Zinssätze senken kann.
- Makroprudentielle Politik: In einigen Fällen können Mindestreserven auch als makroprudentielles Instrument eingesetzt werden, um systemische Risiken zu reduzieren und das Kreditwachstum in einer Wirtschaft zu steuern. Dies ist besonders relevant in Schwellenländern, wo andere finanzielle Instrumente möglicherweise weniger entwickelt sind.,
Die Federal Reserve in den USA hat beispielsweise im März 2020 ihre Mindestreserv11e10pflichten auf null gesenkt, um die Liquidität in der Wirtschaft zu erhöhen und eine reibungslose Funktionsweise der Kreditmärkte während der Pandemie zu unterstützen.
Einschränkungen und Kritik
Obwohl Mindestreserven traditionell ein wichtiges Instrum9ent der Geldpolitik sind, gibt es auch Einschränkungen und Kritikpunkte an ihrer Wirksamkeit und Effizienz:
- Grober Steuerungsmechanismus: Änderungen an den Mindestreserven können weitreichende Auswirkungen auf die Bankbilanzen haben und sind oft als ein eher grober und unflexibler Mechanismus zur Steuerung der Geldmenge anzusehen. Selbst kleine Änderungen können große Anpassungen in den Portfolios der Banken erforderlich machen.
- Geringere Relevanz in modernen Finanzsystemen: In hochentwickelten Finanzmärkten mit kom8plexen Open-Market-Operationen und einer Fülle an Liquidität haben Mindestreserven an Bedeutung verloren. Viele Zentralbanken setzen heute stärker auf die Steuerung der Zinsen durch Offenmarktgeschäfte statt durch Reserveanforderungen.
- Kosten für Banken: Die Notwendigkeit, einen Teil der Einlagen als zinslose oder niedrig verzinste Mindestreserven zu halten, kann für Banken eine Art "Steuer" darstellen. Dies kann die Profitabilität der Banken beeinflussen und sich möglicherweise auf die Kreditkosten für Endverbraucher auswirken.
- Potenziell prozyklisch: In einigen Fällen könnten starre Mindestreserveanforderungen prozyklisch w7irken. Wenn die Wirtschaft in eine Rezession gerät, könnten steigende Kreditrisiko und sinkende Einlagen es für Banken schwierig machen, die Anforderungen zu erfüllen, was die Kreditvergabe weiter einschränken könnte.
- Umgehungsmöglichkeiten: Banken können Wege finden, die Auswirkungen von Mindestreserven zu mindern, beispi6elsweise durch die Strukturierung von Verbindlichkeiten, die nicht unter die Reservepflicht fallen.
Die Entscheidung der Federal Reserve im Jahr 2020, die Mindestreservepflicht auf null zu setzen, unterstreicht die veränderte Rolle dieses Instruments in einer Ära reichlicher Bankenreserven und flexiblerer geldpolitischer Ansätze.,
Mindestreserven vs. Bankenliquidität
Oftmals werden die Begriffe Mindestreserven und Bankenliquidität verwechselt oder synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Konzepte darstellen. Mindestreserven sind die gesetzlich vorgeschriebenen, nicht verfügbaren Einlagen, die eine Bank bei der Zentralbank halten muss, berechnet als Prozentsatz ihrer Verbindlichkeiten. Sie sind ein regulatorisches Instrument der Geldpolitik. Im Gegensatz dazu bezieht sich die Bankenliquidität auf die allgemeine Fähigkeit einer Bank, ihre kurzfristigen finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen und unerwartete Abzüge von Devisen oder anderen Vermögenswerten zu decken. Während Mindestreserven einen Teil der Liquidität einer Bank ausmachen können, umfassen die liquiden Mittel einer Bank auch andere leicht in Bargeld umwandelbare Aktiva, wie kurzfristige Staatsanleihen oder Einlagen bei anderen Banken, die über die vorgeschriebenen Mindestreserven hinausgehen. Bankenliquidität ist ein breiteres Konzept, das die Gesamtposition einer Bank in Bezug auf ihre Fähigkeit zur Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen beschreibt, während Mindestreserven nur einen spezifischen, regulierten Teil dieser Position darstellen.
FAQs
Müssen alle Banken Mindestreserven halten?
Die Pflicht zur Haltung von Mindestreserven hängt von der Jurisdiktion und der Art des Instituts ab. In den meisten Ländern, in denen Mindestreserven ein aktives geldpolitisches Instrument sind, sind Kreditinstitute, die Einlagen entgegennehmen, dazu verpflichtet. Die Federal Reserve in den USA hat die Mindestreservepflicht für alle Kreditinstitute ab März 2020 auf null Prozent gesenkt.,
Was passiert, wenn eine Bank ihre Mindestreservepflicht nicht erfüllt?
Wenn eine Bank ihre Mindestreservepflicht nicht erfüllt, können4 die Zentralbanken Strafen verhängen. Diese können proportional zur Höhe der Unterdeckung sein und sollen die Einhaltung der Vorschriften sicherstellen.
Werden Mindestreserven von der Zentralbank verzinst?
Dies hängt von der Politik der jeweiligen Zentralbank ab. Im Eurosystem wurden Mindestre3serveguthaben der Banken lange Zeit verzinst, der Zinssatz wurde jedoch im Juli 2023 auf 0 % gesenkt. In den USA werden Reserven bei der Federal Reserve verzinst, auch wenn der Reservesatz selbst bei null liegt.
Welche Ziele verfolgt eine Zentr2albank mit Mindestreserven?
Zentralbanken nutzen Mindestreserven, um die Geldmenge im Umlauf zu steuern, die Liquidität im Bankensystem zu gewährleisten und die Finanzstabilität zu fördern. Sie sind ein Instrument, um die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe zu beeinflussen und so die Inflation und das Wirtschaftswachstum zu steuern.1