Was ist Scheinkorrelation?
Scheinkorrelation, im Englischen als "spurious correlation" bezeichnet, beschreibt eine statistische Beziehung zwischen zwei oder mehr Variablen, die scheinbar miteinander verbunden sind, jedoch keine direkte kausale Verbindung aufweisen. Diese Beziehung kann zufällig entstehen oder durch eine dritte, unberücksichtigte Variable verursacht werden, die beide beobachteten Variablen beeinflusst. Im Bereich der Statistik im Finanzwesen ist es entscheidend, eine Scheinkorrelation von einer echten Korrelation zu unterscheiden, um fundierte Entscheidungen zu treffen und Fehlinterpretationen von Marktdaten zu vermeiden. Scheinkorrelationen können zu irreführenden Schlussfolgerungen führen, wenn die zugrunde liegenden Ursachen nicht korrekt identifiziert werden.
Geschichte und Ursprung
Das Konzept der Scheinkorrelation wurde maßgeblich von dem britischen Mathematiker und Biometriker Karl Pearson (1857-1936) beleuchtet, einem der Begründer der modernen Statistik. Pearson wies in seiner Arbeit Ende des 19. Jahrhunderts auf die Gefahr hin, dass scheinbare Beziehungen zwischen Variablen entstehen können, insbesondere wenn Verhältniszahlen (Indizes) verwendet werden. Er zeigte, dass selbst wenn die ursprünglichen Messgrößen unabhängig voneinander sind, ihre Verhältnisse eine Korrelation aufweisen können, die rein statistisch und nicht kausal bedingt ist. Pearsons Analysen verdeutlichten, wie wichtig es ist, die Entstehung von Zusammenhängen kritisch zu hinterfragen und nicht vorschnell auf eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zu schließen. Dieses grundlegende Verständnis ist bis heute essenziell in der Datenanalyse und darüber hinaus.
Wichtige Erkenntnisse
- Eine Scheinkorrelation liegt vor, wenn Variablen miteinander in Beziehung zu stehen scheinen, ohne dass eine Ursache-Wirkungs-Beziehung existiert.
- Häufig entsteht Scheinkorrelation durch Zufall, eine gemeinsame dritte Einflussgröße (Störvariable) oder durch die Analyse von Zeitreihenanalyse mit ähnlichen Trends.
- Im Finanzbereich kann die Fehlinterpretation einer Scheinkorrelation zu fehlerhaften Anlagestrategien und suboptimalen Risikomanagement-Entscheidungen führen.
- Eine sorgfältige Regression analysis und die Berücksichtigung von Statistische Signifikanz sind entscheidend, um scheinbare Zusammenhänge zu identifizieren und zu entlarven.
Interpretation der Scheinkorrelation
Die Interpretation einer Scheinkorrelation erfordert eine tiefergehende Analyse über die reine Beobachtung einer statistischen Korrelation hinaus. Eine hohe Korrelation (ein Wert nahe +1 oder -1) signalisiert lediglich, dass sich zwei Variablen tendenziell in die gleiche oder entgegengesetzte Richtung bewegen. Sie gibt jedoch keine Auskunft darüber, ob die Bewegung der einen Variable die der anderen verursacht. Die Herausforderung besteht darin, zwischen echten kausalen Zusammenhängen, zufälligen Übereinstimmungen und Beziehungen, die durch unbekannte oder nicht berücksichtigte Dritteinflüsse bedingt sind, zu unterscheiden. Beispielsweise können [Wirtschaft11sindikatoren](https://diversification.com/term/wirtschaftsindikatoren) oft ähnliche Muster aufweisen, nicht weil sie sich direkt beeinflussen, sondern weil sie alle auf eine übergeordnete wirtschaftliche Entwicklung reagieren. Das Ignorieren dieses Unterschieds kann zu falschen Prognosen und ineffektiven Maßnahmen führen.
Hypothetisches Beispiel
Stellen Sie sich vor, ein Finanzanalyst beobachtet über mehrere Jahre eine hohe positive Korrelation zwischen der Anzahl der neu eröffneten Eisdielen in einer Großstadt und der durchschnittlichen Rendite von Aktien im Technologiesektor. Wenn der Analyst diese Korrelation fälschlicherweise als Kausalität interpretiert, könnte er zu dem Schluss kommen, dass steigende Eisdielen-Eröffnungen ein Signal für bevorstehende hohe Tech-Aktienrenditen sind und Anlegern empfehlen, Tech-Aktien zu kaufen, sobald neue Eisdielen eröffnen.
In Wirklichkeit ist es jedoch wahrscheinlich, dass sowohl die Eröffnung neuer Eisdielen als auch die hohen Tech-Renditen durch einen dritten Faktor beeinflusst werden: eine florierende Wirtschaft. In Zeiten starken Wirtschaftswachstums verfügen Verbraucher über mehr verfügbares Einkommen, was die Nachfrage nach Luxusgütern wie Eis erhöht und gleichzeitig zu höherer Volatilität und Investitionen in Wachstumsmärkte wie den Technologiesektor führt. Ohne die Berücksichtigung dieses dritten, verdeckten Faktors – des allgemeinen Wirtschaftswachstums – wäre die angenommene Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Eisdielen und Tech-Aktien eine klassische Scheinkorrelation.
Praktische Anwendungen
Scheinkorrelationen sind in der Finanzwelt allgegenwärtig und stellen eine erhebliche Herausforderung für quantitative Modelle und die Fundamentalanalyse dar. Sie können Anleger, Analysten und Entscheidungsträger in die Irre führen, wenn Beziehungen zwischen Variablen fehlerhaft als kausal interpretiert werden. Beispielsweise könnte eine scheinbare Korrelation zwischen der Länge von Röcken und der Entwicklung von Aktienmärkten als Indikator fehlinterpretiert werden, obwohl beide Phänomene möglicherweise nur Ausdruck allgemeinerer gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Trends sind. Finanzexperten bei Research Affiliates warnen davor, dass selbst beeindruckende historische Korrelationen, insbesondere solche aus Backtests, irreführend sein können, da die Beziehungen zwischen Faktoren im Laufe der Zeit nicht konstant sind und verschiedene Faktoren denselben zugrunde liegenden Risikofaktoren ausgesetzt sein können. Eine der Hauptgefahren besteht darin, dass Anlagestrategien auf der Grundlage solcher Scheinkorrelationen entwickelt werden, was zu suboptimalen Portfolio-Diversifikation und unerwarteten Verlusten führen kann.
Einschränkungen und Kritik
Die Hauptkritik an der unkritischen Anwendung von Korrelationsanalysen im Finanzwesen und anderen Bereichen ist, dass "Korrelation keine Kausalität impliziert". Dies bedeutet, dass eine beobachtete Beziehung zwischen zwei Variablen nicht aut9omatisch bedeutet, dass die eine Variable die andere verursacht. Scheinkorrelationen können aus verschiedenen Gründen entstehen:
- Zufall: Bei einer großen Anzahl von Marktdaten und Variablen können allein durch Zufall Korrelationen auftreten. Dies ist besonders relevant in der Ära der "Big Data", wo die Wahrscheinlichkeit, zu8fällig signifikante Korrelationen zu finden, drastisch steigt.
- Störvariablen (Confounding Variables): Eine dritte, nicht berücksichtigte Vari7able kann sowohl die "Ursache" als auch die "Wirkung" beeinflussen, wodurch eine scheinbare direkte Beziehung entsteht. Ein klassisches Beispiel ist die Korrelation zwischen dem Eiscremeverkauf und der Anzahl der Ertrinkungsunfälle; beide steigen im Sommer, nicht weil Eiscreme Ertrinken verursacht, sondern weil heißes Wetter beides beeinflusst. Der Federal Reserve Bank of San Francisco zufolge ist es entscheidend, die zugrunde liegen6den Faktoren zu berücksichtigen, die Veränderungen verursachen, anstatt nur die Oberflächenkorrelationen zu betrachten.
- Daten-Snooping oder Überanpassung: Dies geschieht, wenn Datenanalyse-Techniken übermäßig angewendet werden, um Muster zu finden, die nur im untersuchten Datensatz bestehen und sich nicht auf neue Daten übertragen lassen. Solche Stichprobenfehler können zu trügerisc4hen Ergebnissen führen.
Die Unterscheidung zwischen Korrelation und Kausalität ist für fundierte Entscheidungen von entscheidender Bedeutung, da das Ergreifen von Maßnahmen auf der Grundlage einer Scheinkorrelation unwirksam oder sogar schädlich sein kann.
Scheinkorrelation vs. Kausalität
Der grundlegende Unterschied zwischen Scheinkorrelation und [Kausal3ität](https://diversification.com/term/kausalitat) ist entscheidend für die korrekte Interpretation von Daten. Während eine Korrelation lediglich angibt, dass zwei Variablen dazu neigen, sich gemeinsam zu verändern – entweder in die gleiche oder in entgegengesetzte Richtungen –, beschreibt Kausalität eine direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung, bei der eine Variable die Änderung der anderen direkt bewirkt.
Bei einer Scheinkorrelation besteht diese direkte kausale Verbindung nicht, auch wenn die Korrelation stark sein mag. Die scheinbare Beziehung kann auf Zufall beruhen oder, häufiger, durch eine unerkannte dritte Variable erklärt werden, die beide Variablen gleichzeitig beeinflusst. Zum Beispiel korreliert die Anzahl der Störche in einem Gebiet möglicherweise mit der Geburtenrate, aber die Störche verursachen nicht die Geburten; stattdessen könnten beide durch Urbanisierung oder andere sozioökonomische Faktoren beeinflusst werden.
Um Kausalität nachzuweisen, müssen drei Bedingungen erfüllt sein: Die Ursache muss der Wirkung zeitlich vorausgehen, Ursache und Wirkung müssen empirisch miteinander verbunden sein, und die Beziehung darf nicht auf eine dritte Variable zurückzuführen sein. Die Unterscheidung ist besonders wichtig an den Finanzmärkte, wo das Verwechseln1 von Scheinkorrelation mit Kausalität zu fehlgeleiteten Investitionsentscheidungen führen kann.
FAQs
Was ist der Unterschied zwischen Korrelation und Scheinkorrelation?
Korrelation beschreibt jede statistische Beziehung zwischen zwei Variablen, die sich in einer vorhersehbaren Weise gemeinsam bewegen. Scheinkorrelation ist eine Art von Korrelation, bei der die Beziehung irreführend ist, da keine direkte kausale Verbindung besteht, sondern sie durch Zufall oder eine externe, nicht berücksichtigte Variable zustande kommt.
Warum ist Scheinkorrelation im Finanzwesen wichtig?
Im Finanzwesen kann die Fehlinterpretation einer Scheinkorrelation zu fehlerhaften Anlageentscheidungen führen. Anleger könnten beispielsweise fälschlicherweise glauben, dass das Wachstum eines bestimmten Wirtschaftsindikatoren die Rendite einer Aktie beeinflusst, obwohl beide nur auf eine größere, gemeinsame Ursache reagieren. Das Erkennen von Scheinkorrelationen hilft, Risikomanagement-Strategien zu verbessern und eine robustere Portfolio-Diversifikation aufzubauen.
Wie kann man Scheinkorrelationen erkennen?
Das Erkennen von Scheinkorrelationen erfordert sorgfältige Datenanalyse und kritisches Denken. Man sollte immer nach potenziellen Störvariablen suchen, die die beobachtete Korrelation erklären könnten. Techniken wie Regression analysis mit mehreren Variablen, Zeitreihenmodelle und das Verständnis des zugrunde liegenden Sachverhalts können helfen, zwischen echter Kausalität und Scheinkorrelation zu unterscheiden. Ein gesunder Skeptizismus gegenüber jeder Korrelation, die keine plausible kausale Erklärung hat, ist unerlässlich.