Was sind Sekundärkosten?
Sekundärkosten sind in der Kostenrechnung die Kosten, die durch den Verbrauch innerbetrieblicher Leistungen entstehen. Im Gegensatz zu Primärkosten, die aus dem Bezug externer Güter und Dienstleistungen resultieren (z.B. Materialeinkauf oder Gehälter), sind Sekundärkosten das Ergebnis der Weiterverrechnung von Kosten innerhalb eines Unternehmens. Sie repräsentieren den geldmäßigen Gegenwert für Leistungen, die eine Abteilung für eine andere erbringt und werden typischerweise im Rahmen der Kostenstellenrechnung erfasst. Diese Art von Kosten ist entscheidend, um die tatsächlichen Kosten von Produkten oder Dienstleistungen genau zu ermitteln und die Wirtschaftlichkeit interner Prozesse zu bewerten. Sekundärkosten werden auch als abgeleitete, gemischte oder zusammengesetzte Kosten bezeichnet, da sie sich aus den Primärkosten der leistenden Kostenstelle zusammensetzen.
Geschicht5e und Ursprung
Die Konzepte der Kostenrechnung und damit auch die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Kosten entwickelten sich mit der zunehmenden Komplexität von Produktionsprozessen und der Notwendigkeit einer detaillierten innerbetrieblichen Steuerung. Während einfache Kosten-Nutzen-Abwägungen bereits in der Frühzeit menschlichen Wirtschaftens existierten, begann die systematische Kostenrechnung in Europa erst im 19. Jahrhundert, als Unternehmen wuchsen und eine verursachungsgerechte Zuordnung von Kosten immer wichtiger wurde. Die Notwendigkeit, auch die Kosten interner Dienstleistungen den Endprodukten zuzuordnen, führte zur Entwicklung der Sekundärkosten und der entsprechenden Verrechnungsverfahren. Dies ermöglichte eine präzisere Kalkulation und eine bessere Kontrolle des Betriebsergebnisses.
Wichtige Erkenntnisse
- Sekundärkosten sind Kosten für innerbetrieblich erzeugte Leistungen, die von anderen Kostenstellen oder Kostenträgern in Anspruch genommen werden.
- Sie entstehen durch die Verrechnung von Primärkosten einer Hilfskostenstelle auf andere Kostenstellen oder Endkostenträger.
- Die Erfassung und Verrechnung von Sekundärkosten ist essenziell für eine genaue Produktkalkulation und die Steuerung der Wirtschaftlichkeit im Unternehmen.
- Sekundärkosten ermöglichen es, die tatsächlichen Vollkosten von Produkten und Dienstleistungen zu ermitteln, indem auch indirekte Leistungen berücksichtigt werden.
- Die Verrechnung dieser Kosten erfolgt typischerweise in der Kostenstellenrechnung mittels innerbetrieblicher Leistungsverrechnung.
Formel und Berechnung
Sekundärkosten werden nicht durch eine einfache Formel berechnet, sondern entstehen im Rahmen der Kostenstellenrechnung durch die sogenannte innerbetriebliche Leistungsverrechnung. Hierbei werden die auf Hilfskostenstellen angefallenen Primärkosten sowie bereits verrechnete Sekundärkosten (aus anderen Hilfskostenstellen) auf empfangende Kostenstellen oder Endkostenträger umgelegt.
Die Verrechnung kann nach verschiedenen Verfahren erfolgen:
- Anbauverfahren: Eine einseitige Leistungsbeziehung zwischen Hilfskostenstellen und Endkostenstellen wird unterstellt.
- Stufenleiterverfahren: Berücksichtigt eine einseitige Leistungsbeziehung zwischen Hilfskostenstellen untereinander und zu den Endkostenstellen.
- Gleichungsverfahren (Mathematisches Verfahren): Berücksichtigt auch gegenseitige Leistungsbeziehungen zwischen Hilfskostenstellen mittels eines Gleichungssystems.
Ziel ist es, die gesamten Kosten der Hilfskostenstellen verursachungsgerecht auf die Kostenstellen zu verteilen, die deren Leistungen in Anspruch nehmen. Die resultierenden verrechneten Kosten sind dann die Sekundärkosten der empfangenden Kostenstelle. Für die Budgetierung zukünftiger Perioden sind diese Verrechnungen von großer Bedeutung.
Interpretation der Sekundärkosten
Die Interpretation von Sekundärkosten ist eng mit der Effizienz und Transparenz der internen Leistungserbringung eines Unternehmens verbunden. Werden Sekundärkosten auf eine Kostenstelle umgelegt, bedeutet dies, dass diese Kostenstelle interne Leistungen in Anspruch genommen hat, die ihr nun verrechnet werden. Eine hohe Zurechnung von Sekundärkosten auf eine bestimmte Kostenstelle kann darauf hindeuten, dass diese Abteilung in hohem Maße von internen Dienstleistungen (z.B. IT, Instandhaltung, Verwaltung) profitiert oder diese intensiv nutzt.
Eine präzise Erfassung und Zurechnung von Sekundärkosten ist für die Steuerung der Wirtschaftlichkeit von größter Bedeutung. Sie ermöglicht es dem Management, die tatsächlichen Kosten von Produkten, Dienstleistungen oder Projekten genauer zu beurteilen und somit fundierte Entscheidungen zu treffen. Beispielsweise können durch die Analyse der Sekundärkosten Potenziale zur Effizienzsteigerung bei internen Dienstleistern aufgedeckt werden. Für die Ermittlung des Betriebsergebnisses ist die korrekte Berücksichtigung aller Kosten, einschließlich der Sekundärkosten, unerlässlich.
Hypothetisches Beispiel
Ein mittelständisches Fertigungsunternehmen, die "Metallbau GmbH", verfügt über eine eigene interne IT-Abteilung. Diese IT-Abteilung erbringt Dienstleistungen für alle anderen Abteilungen des Unternehmens, darunter die Produktion, den Vertrieb und die Verwaltung.
Die IT-Abteilung hat im Monat X folgende Primärkosten:
- Personalkosten: 15.000 €
- Abschreibung für Server und Software: 2.000 €
- Variable Kosten für Softwarelizenzen (nutzungsabhängig): 1.000 €
- Fixkosten für Miete des Serverraums: 500 €
Die Gesamt-Primärkosten der IT-Abteilung betragen somit 18.500 €.
Diese 18.500 € sind für die IT-Abteilung Primärkosten. Wenn die IT-Abteilung nun ihre Leistungen an die anderen Abteilungen verrechnet, werden diese Kosten für die empfangenden Abteilungen zu Sekundärkosten. Angenommen, die Kostenverteilung erfolgt basierend auf der Anzahl der PC-Arbeitsplätze in den Abteilungen:
- Produktion: 60 Arbeitsplätze (60%)
- Vertrieb: 25 Arbeitsplätze (25%)
- Verwaltung: 15 Arbeitsplätze (15%)
Die Verrechnung der Sekundärkosten der IT-Abteilung würde wie folgt aussehen:
- Produktion: 18.500 € * 60 % = 11.100 € Sekundärkosten
- Vertrieb: 18.500 € * 25 % = 4.625 € Sekundärkosten
- Verwaltung: 18.500 € * 15 % = 2.775 € Sekundärkosten
Für die Abteilungen Produktion, Vertrieb und Verwaltung sind die verrechneten IT-Kosten (11.100 €, 4.625 €, 2.775 €) Sekundärkosten. Diese Kosten fließen dann in die Berechnung ihrer jeweiligen Kostenstellen und letztlich in die Kostenträgerrechnung der Produkte ein.
Praktische Anwendungen
Sekundärkosten spielen eine wesentliche Rolle in verschiedenen Bereichen des Finanzmanagements und der Kostenrechnung:
- Produktkalkulation: Sie ermöglichen eine vollständige und verursachungsgerechte Zurechnung aller Kosten, einschließlich der intern erbrachten Dienstleistungen, zu den Endprodukten. Dies ist entscheidend für eine genaue Preisgestaltung und die Bestimmung der Profitabilität.
- Innerbetriebliche Leistungsverrechnung: Sekundärkosten sind das zentrale Element der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung, durch die Kosten von Hilfskostenstellen (z.B. IT, Instandhaltung, Kantine) auf Hauptkostenstellen (z.B. Fertigung, Vertrieb) umgelegt werden.
- Wirtschaftlichkeitskontrolle: Durch die Verrechnung von Sekundärkosten können die Leistungen und Kosten interner Servicebereiche transparent gemacht und deren Effizienz beurteilt werden. Dies ist ein Kernbestandteil des Controlling in Unternehmen.
- Entscheidungsfindung: Informationen über Sekundärkosten sind relevant für Entscheidungen wie Eigenfertigung oder Fremdbez4ug (Make-or-Buy-Entscheidungen) und die Optimierung von internen Prozessen.
- Kostenartenrechnung und Kostenstellenrechnung: Sekundärkosten werden in der Kostenartenrechnung erfasst, sobald sie auf einer Kostenstelle als Ergebnis einer innerbetrieblichen Leistungsverrechnung anfallen, und sind somit ein integraler Bestandteil des Aufbaus der Kostenrechnung. Das Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb e.V.) betont die Wichtigkeit der Kosten- und Leistungsrechnung für die Wirtschaftswissenschaften.
Einschränkungen und Kritik
Obwohl die Erfassung von Sekundärkosten für eine umfassende Kostenanalyse unerlässlich ist, birgt ihre3 Verrechnung auch bestimmte Herausforderungen und Kritikpunkte:
- Willkürliche Schlüsselung: Die Zurechnung von Sekundärkosten auf die empfangenden Kostenstellen erfolgt oft über Schlüssel (z.B. Quadratmeter, Mitarbeiteranzahl, Maschinenstunden), die nicht immer eine exakte Ursache-Wirkung-Beziehung abbilden. Dies kann zu willkürlichen Gemeinkosten-Verteilungen führen und die Aussagekraft der Einzelkosten von Produkten verfälschen.
- Komplexität: Besonders in großen Unternehmen mit vielfältigen innerbetrieblichen Leistungsbeziehungen kann die präzise Erfassung und Verre2chnung von Sekundärkosten sehr komplex und aufwändig sein.
- Anreizprobleme: Eine ungenaue Verrechnung kann falsche Anreize für Kostenstellenleiter schaffen, die sich möglicherweise nicht für die Senkung der Kosten ihrer internen Leistungsanbieter verantwortlich fühlen, wenn die Verrechnung intransparent ist.
- Fehlinterpretationen: Ohne ausreichendes Verständnis der zugrundeliegenden Verrechnungsverfahren können die resultierenden Sekundärkosten zu Fehlinterpretationen bei der Wirtschaftlichkeitskontrolle oder der Kostenträgerrechnung führen.
Trotz dieser Limitationen sind Sekundärkosten ein unverzichtbares Instrument, um die volle Kostenwahrheit im Unternehmen abzubilden.
Sekundärkosten vs. Primärkosten
Der wesentliche Unterschied zwischen Sekundärkosten und Primärkosten liegt in ihrer Herkunft. Primärkosten sind alle Kosten, die durch den direkten Verbrauch von Produktionsfaktoren entstehen, die von externen Märkten bezogen werden. Beispiele hierfür sind Materialkosten, Löhne für direkte Mitarbeiter, Mieten oder Energiekosten, die von externen Anbietern stammen. Sie sind die "ursprünglichen" Kosten, die in der Finanzbuchhaltung erfasst werden.
Sekundärkosten hingegen sind Kosten, die entstehen, wenn innerbetrieblich erzeugte Leistungen in Anspruch genommen werden. Sie sind das Ergebnis der Umgliederung und Verre1chnung von Primärkosten, die ursprünglich auf einer Hilfskostenstelle angefallen sind, auf andere Kostenstellen oder Kostenträger. Während Primärkosten direkt auf Kostenstellen oder Kostenträger zugeordnet werden können, falls sie Einzelkosten sind, entstehen Sekundärkosten erst im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Sie repräsentieren den Wert des Verzehrs von internen Diensten (z.B. interne IT-Leistungen, Wartung durch die eigene Werkstatt) und sind somit "abgeleitete" Kosten.
FAQs
Was ist der Hauptzweck von Sekundärkosten?
Der Hauptzweck von Sekundärkosten ist es, die Kosten von intern erbrachten Leistungen transparent zu machen und diese verursachungsgerecht auf die Kostenstellen oder Produkte zu verteilen, die diese Leistungen in Anspruch nehmen. Dies ermöglicht eine genauere Produktkalkulation und eine fundierte Entscheidungsfindung.
Sind Sekundärkosten immer Gemeinkosten?
Ja, Sekundärkosten sind definitionsgemäß immer Gemeinkosten. Sie entstehen aus der Verrechnung von Kosten, die nicht direkt einem einzelnen Kostenträger zugeordnet werden können (z.B. Kosten einer IT-Abteilung), und werden über Verrechnungsschlüssel auf die Kostenstellen umgelegt.
Wie werden Sekundärkosten verrechnet?
Sekundärkosten werden durch verschiedene Verfahren der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung verrechnet, darunter das Anbauverfahren, das Stufenleiterverfahren und das Gleichungsverfahren. Die Wahl des Verfahrens hängt von der Komplexität der Leistungsbeziehungen zwischen den Kostenstellen ab. Diese Verrechnung ist ein zentraler Schritt in der Kostenstellenrechnung.
Warum sind Sekundärkosten für Unternehmen wichtig?
Sekundärkosten sind wichtig, weil sie ein vollständiges Bild der Kostenstruktur eines Unternehmens liefern. Ohne ihre Berücksichtigung könnten die Kosten von Produkten oder Dienstleistungen unterschätzt werden, da der Wert interner Unterstützungsprozesse nicht abgebildet wäre. Sie helfen auch bei der Bewertung der Effizienz interner Servicebereiche und der Optimierung der Kostenstruktur.