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Terminmaerkte

Was sind Terminmärkte?

Terminmärkte sind Finanzmärkte, an denen Derivate gehandelt werden, deren Wert von der zukünftigen Preisentwicklung eines zugrunde liegenden Vermögenswerts abhängt. Sie gehören zur breiteren Kategorie der Finanzmärkte und ermöglichen es Marktteilnehmern, sich gegen Preisrisiken abzusichern, auf zukünftige Preisbewegungen zu spekulieren oder Arbitragemöglichkeiten zu nutzen. Im Gegensatz zu Kassamärkten, wo Vermögenswerte zur sofortigen Lieferung gehandelt werden, geht es auf Terminmärkten um die Vereinbarung von Transaktionen, die erst zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt erfüllt werden. Die auf Terminmärkten gehandelten Instrumente sind in der Regel hoch standardisiert, was ihre Handelbarkeit und Liquidität erhöht. Diese Märkte sind essentiell für das Risikomanagement in vielen Branchen.

Geschichte und Ursprung

Die Geschichte der Terminmärkte reicht weit zurück, mit frühen Formen des Terminhandels, die bereits im alten Japan mit Reiskontrakten zu finden sind. Der moderne Terminhandel, wie wir ihn heute kennen, entwickelte sich jedoch maßgeblich im 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten. Um die Preisschwankungen landwirtschaftlicher Güter zu steuern, gründeten Händler und Landwirte Börsen, die den Handel mit "To-Arrive"-Kontrakten formalisierten. Diese Kontrakte waren Vorläufer der heutigen Terminkontrakte. Ein bedeutender Meilenstein war die Gründung des Chicago Board of Trade (CBOT) im Jahr 1848, der als erste US-Börse für Getreideterminkontrakte diente. Im Jahr 1864 führte die CBOT die ersten standardisierten, börsengehandelten Terminkontrakte ein, die als Futures-Kontrakte bekannt wurden. Diese Entwicklung bot eine effizie4ntere Methode zur Preisentdeckung und zum Hedging für Produzenten und Verbraucher von Rohstoffen.

Kernpunkte

  • Terminmärkte ermöglichen den Handel mit Derivaten, deren Wert von zukünftigen Preisbewegungen abhängt.
  • Hauptzwecke sind Hedging von Risiken, Spekulation auf Preisentwicklungen und Arbitrage.
  • Gehandelte Kontrakte sind standardisiert und werden an organisierten Börsen abgewickelt.
  • Ein Clearinghaus garantiert die Erfüllung der Kontrakte und reduziert das Ausfallrisiko.
  • Hebelwirkung ist ein Merkmal von Terminmärkten, das sowohl Chancen als auch Risiken birgt.

Formel und Berechnung

Während Terminmärkte als Ganzes keine einzelne "Formel" haben, basiert die Preisbildung eines einzelnen Terminkontrakts (Futures-Kontrakts) auf einer Beziehung zum aktuellen Kassapreis (Spotpreis) des zugrunde liegenden Vermögenswerts unter Berücksichtigung von Haltekosten (Cost of Carry).

Die grundlegende Formel für den fairen Futures-Preis (F) bei einem physisch gelieferten Rohstoff ohne Erträge (wie Dividenden oder Zinsen) ist:

F=S×(1+ry)TF = S \times (1 + r - y)^T

oder für eine kontinuierliche Verzinsung:

F=S×e(ry)TF = S \times e^{(r-y)T}

Dabei gilt:

  • (F) = Futures-Preis
  • (S) = Aktueller Kassapreis des Basiswerts
  • (r) = risikofreier Zinssatz (auf Jahresbasis)
  • (y) = Lagerkosten oder Erträge des Basiswerts (als Prozentsatz des Preises, z.B. Dividendenrendite oder Lagerkostenrate)
  • (T) = Zeit bis zur Lieferung des Futures-Kontrakts in Jahren
  • (e) = die Eulersche Zahl (Basis des natürlichen Logarithmus)

Diese Formel hilft, den theoretischen Futures-Preis unter der Annahme von Arbitrage-Möglichkeiten zu bestimmen. Abweichungen von diesem "fairen" Preis können zu Arbitragegewinnen führen, wodurch der Markt tendenziell wieder ins Gleichgewicht gebracht wird.

Interpretation der Terminmärkte

Terminmärkte werden aus verschiedenen Blickwinkeln interpretiert und genutzt. Für Marktanalysten dienen Futures-Preise als wichtige Indikatoren für zukünftige Erwartungen bezüglich Angebot und Nachfrage eines Vermögenswerts. Ein Futures-Preis, der über dem aktuellen Kassapreis liegt (Contango), kann auf erwartete zukünftige Preissteigerungen oder höhere Haltekosten hindeuten. Umgekehrt kann ein Futures-Preis unter dem Kassapreis (Backwardation) auf eine erwartete Verknappung oder hohe unmittelbare Nachfrage hinweisen.

Die Liquidität und das offene Interesse auf Terminmärkten können auch Einblicke in das Marktvertrauen und die Aktivität bieten. Ein hohes offenes Interesse in Kombination mit steigenden Preisen kann ein Zeichen für zunehmendes bullisches Interesse sein, während ein Rückgang des offenen Interesses bei fallenden Preisen auf nachlassendes Interesse oder eine Liquidierung von Positionen hindeuten kann. Die Struktur der Terminkurve (Verhältnis der Futures-Preise über verschiedene Fälligkeiten) ist ein Schlüsselindikator für das zugrunde liegende Marktgleichgewicht und kann für das Risikomanagement und Investitionsentscheidungen herangezogen werden.

Hypothetisches Beispiel

Stellen Sie sich einen Landwirt vor, der im August Weizen erntet und befürchtet, dass der Weizenpreis bis zur Erntezeit im September fallen könnte. Der aktuelle Kassapreis für Weizen beträgt 7,00 € pro Scheffel. Der Weizenbauer kann sich jedoch auf dem Terminmarkt gegen das Preisrisiko absichern.

Der Landwirt sieht, dass September-Weizen-Futures-Kontrakte auf der Börse zu 6,80 € pro Scheffel gehandelt werden. Er beschließt, 5.000 Scheffel Weizen über den Terminmarkt zu verkaufen, indem er einen September-Weizen-Futures-Kontrakt zu 6,80 € pro Scheffel eingeht. Dies ist eine Hedging-Strategie.

Wenn im September der Weizenpreis tatsächlich auf 6,50 € pro Scheffel fällt:

  1. Der Landwirt verkauft seinen physischen Weizen auf dem Kassamarkt zu 6,50 € pro Scheffel, erleidet also einen Verlust von 0,50 € pro Scheffel im Vergleich zum August-Preis.
  2. Gleichzeitig schließt er seine Futures-Position, indem er einen September-Weizen-Futures-Kontrakt zu 6,50 € pro Scheffel zurückkauft. Da er den Kontrakt zu 6,80 € verkauft und zu 6,50 € zurückgekauft hat, erzielt er einen Gewinn von 0,30 € pro Scheffel aus dem Futures-Handel.

Der Nettoeffekt für den Landwirt ist 6,50 € (Kassapreis) + 0,30 € (Futures-Gewinn) = 6,80 € pro Scheffel, abzüglich etwaiger Transaktionskosten. Durch die Nutzung des Terminmarktes konnte der Landwirt einen stabilen Verkaufspreis für seinen Weizen absichern, unabhängig von den tatsächlichen Preisbewegungen zum Zeitpunkt der Lieferung.

Praktische Anwendungen

Terminmärkte spielen eine zentrale Rolle in der modernen Finanzwelt und finden in verschiedenen Bereichen Anwendung:

  • Risikomanagement und Hedging: Unternehmen und Produzenten nutzen Terminmärkte, um sich gegen unerwünschte Preisbewegungen von Rohstoffen, Währungen oder Zinsen abzusichern. Beispielsweise kann eine Fluggesellschaft Kerosin-Futures kaufen, um sich vor steigenden Treibstoffkosten zu schützen.
  • Spekulation: Trader versuchen, von erwarteten Preisänderungen zu profitieren, indem sie Long- (Kauf) oder Short-Positionen (Verkauf) in Terminkontrakten eingehen. Die Hebelwirkung in Futures-Kontrakten kann dabei potenzielle Gewinne (und Verluste) erheblich verstärken.
  • Arbitrage: Professionelle Händler suchen nach Preisunterschieden zwischen Futures-Märkten oder zwischen dem Futures- und Kassamarkt, um risikofreie Gewinne zu erzielen, indem sie gleichzeitig kaufen und verkaufen. Dies trägt zur Effizienz und Angleichung der Preise bei.
  • Preisbildung und Markttransparenz: Der Handel auf Terminmärkten generiert transparente Preise, die als Referenzpunkte für globale Warenmärkte und Finanzinstrumente dienen. Die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) in den USA überwacht beispielsweise die US-Derivatemärkte, einschließlich Futures, um deren Integrität, Widerstandsfähigkeit und Lebendigkeit durch solide Regulierung zu fördern.
  • Kapitalallokation: Terminkontrakte ermöglichen es Anlegern, ein Engagement in einer Anlageklasse zu erzielen, ohne den Basiswert ph3ysisch halten zu müssen, was die Kapitaleffizienz erhöht.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Obwohl Terminmärkte wichtige Funktionen erfüllen, sind sie auch mit bestimmten Einschränkungen und Kritikpunkten verbunden:

  • Hebelwirkung und Verlustrisiko: Die hohe Hebelwirkung, die durch Margin-Anforderungen ermöglicht wird, bedeutet, dass geringe Preisbewegungen des Basiswerts zu erheblichen Gewinnen oder Verlusten führen können, die das eingesetzte Kapital bei weitem übersteigen. Dies birgt ein hohes Risiko für unerfahrene oder unvorsichtige Anleger.
  • Komplexität: Terminkontrakte und ihre Kontraktspezifikationen können komplex sein, insbesondere bei weniger gängigen Basiswerten oder komplexen Strategien. Dies erfordert ein tiefes Verständnis der Marktdynamik und des Risikomanagements.
  • Marktmanipulation: Trotz strenger Regulierung bestehen Bedenken hinsichtlich potenzieller Marktmanipulationen oder übermäßiger Spekulation, die zu Preisverzerrungen führen können.
  • Systemisches Risiko: Große, unregulierte oder intransparente Derivatemärkte, insbesondere Over-the-Counter (OTC)-Märkte, können in Zeiten von Finanzstress systemische Risiken für das gesamte Finanzsystem darstellen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat beispielsweise Studien zur Bewertung des Marktrisikos aus gehebelten Derivateengagements veröffentlicht, die zeigen, wie Leverage und Verflechtungen unerwünschte Marktbewegungen verstärken und beträchtliche Verluste verursachen können.
  • Geringe Liquidität bei bestimmten Kontrakten: Obwohl die großen Terminmärkte sehr liquide sind, können Futures-Kont2rakte für weniger gehandelte Basiswerte oder mit weit entfernten Fälligkeiten eine geringere Liquidität aufweisen, was den Handel erschwert und höhere Geld-Brief-Spannen mit sich bringt.

Terminmärkte vs. Kassamarkt

Der Hauptunterschied zwischen Terminmärkten und dem Kassamarkt (oder Spotmarkt) liegt im Zeitpunkt der Lieferung und Bezahlung des gehandelten Vermögenswerts.

MerkmalTerminmärkte (Futures Markets)Kassamarkt (Spot Market)
TransaktionszeitpunktVereinbarung heute, Lieferung und Bezahlung in der ZukunftVereinbarung und Lieferung sowie Bezahlung sofort oder innerhalb kurzer Frist
PreisFutures-Preis (basiert auf erwartetem zukünftigem Kassapreis plus/minus Haltekosten)Kassapreis (aktueller Marktpreis für sofortige Lieferung)
ZweckHedging, Spekulation, Arbitrage, PreisentdeckungKauf/Verkauf von physischen Gütern oder sofortiger Transfer von Finanzinstrumenten
StandardisierungHoch standardisiert (Datum, Menge, Qualität)Weniger standardisiert; kann kundenspezifisch sein
ClearingÜberwiegend über Clearinghäuser (zentrale Gegenparteien)Direkte Abwicklung zwischen Käufer und Verkäufer

Während der Kassamarkt den aktuellen Wert eines Vermögenswerts widerspiegelt, ermöglichen Terminmärkte, auf dessen zukünftigen Wert zu handeln und Risiken zu managen. Beide Märkte sind miteinander verbunden, da die Futures-Preise den Kassapreis und die erwarteten zukünftigen Veränderungen berücksichtigen.

FAQs

Was sind die Hauptfunktionen von Terminmärkten?

Die Hauptfunktionen von Terminmärkten sind das Risikomanagement durch Hedging, die Möglichkeit zur Spekulation auf zukünftige Preisbewegungen, die Entdeckung von Preisen durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage sowie die Erleichterung der Arbitrage zur Aufrechterhaltung der Markteffizienz.

Wie unterscheiden sich Terminmärkte von Optionsmärkten?

Sowohl Futures als auch Optionen sind Derivate. Der Hauptunterschied liegt in der Verpflichtung: Ein Futures-Kontrakt verpflichtet den Inhaber zum Kauf oder Verkauf des Basiswerts zu einem bestimmten Preis und Zeitpunkt. Eine Option hingegen gibt dem Inhaber das Recht, aber nicht die Pflicht, den Basiswert zu kaufen oder zu verkaufen.

Wer sind die Hauptakteure auf Terminmärkten?

Die Hauptakteure sind Hedger (die sich gegen Preisrisiken absichern wollen), Spekulanten (die auf Preisbewegungen wetten) und Arbitrageure (die Preisunterschiede ausnutzen). Darüber hinaus sind Clearinghäuser und Börsen als Marktbetreiber und Garanten für die Kontraktabwicklung von zentraler Bedeutung.

Was ist ein Clearinghaus auf Terminmärkten?

Ein Clearinghaus ist eine zentrale Gegenpartei, die die Erfüllung von Futures-Kontrakten garantiert. Es tritt zwischen Käufer und Verkäufer und wird zur Gegenpartei für beide Seiten. Dies eliminiert das Gegenparteirisiko für die einzelnen Marktteilnehmer. Das Clearinghaus verwaltet auch die Margin-Anforderungen und die tägliche Mark-to-Market-Abrechnung.

Kann man auf Terminmärkten ohne große Mengen an Kapital handeln?

Ja, aufgrund der Hebelwirkung ist es möglich, mit einem relativ geringen Kapitaleinsatz (der Margin) ein großes Engagement in einem Basiswert zu kontrollieren. Dies bedeutet jedoch auch, dass die Verluste das eingesetzte Kapital schnell übersteigen können, was Terminmärkte zu einem riskanten Instrument macht, wenn sie nicht mit ausreichendem Wissen und Risikomanagement gehandelt werden. Der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) bietet umfassende Daten und Übersichten zu Derivatemärkten und ihren Teilnehmern.1

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