Was ist ein Wachstumsunternehmen?
Ein Wachstumsunternehmen ist eine Art von Aktiengesellschaft, die sich durch ein signifikantes Potenzial für überdurchschnittliches Umsatz- und Gewinnwachstum auszeichnet, oft schneller als der breitere Markt oder die Branche. Diese Unternehmen investieren typischerweise stark in sich selbst, um ihre Expansion voranzutreiben, anstatt Dividenden an die Aktionäre auszuschütten. Das Konzept des Wachstumsunternehmens fällt in den Bereich der Unternehmensbewertung, da Investoren und Analysten versuchen, diese Unternehmen aufgrund ihrer erwarteten zukünftigen Erträge zu identifizieren und zu bewerten. Sie operieren oft in Branchen mit hohem technologischem Fortschritt oder sich schnell entwickelnden Märkten.
Geschichte und Ursprung
Das Konzept des Wachstumsunternehmens und der dazugehörigen Anlagestrategie, dem Wachstumsinvestment, gewann in der Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Thomas Rowe Price Jr., oft als "Vater des Wachstumsinvestments" bezeichnet, spielte eine entscheidende Rolle bei der Definition und Förderung dieses Ansatzes. Im Jahr 1950 gründete er den T. Rowe Price Growth Stock Fund, einen der ersten Investmentfonds, der sich auf Wachstumsaktien konzentrierte. Er identi4fizierte Unternehmen, die seiner Meinung nach das Potenzial für überdurchschnittliches und nachhaltiges Gewinnwachstum hatten. Der Erfolg seines Fonds zeigte das Potenzial der Wachstumsinvestmentstrategie auf und trug dazu bei, sie als eigenständigen Anlagestil neben dem Value Investing zu etablieren.
Wichtige Erkenntnisse
- Ein Wachstumsunternehmen ist ein Unternehmen, dessen Umsatz und Gewinne voraussichtlich schneller wachsen als der Durchschnitt seiner Branche oder des Gesamtmarktes.
- Diese Unternehmen reinvestieren ihre Gewinne in der Regel in Forschung und Entwicklung und Expansion, anstatt Dividenden zu zahlen.
- Wachstumsaktien werden oft mit höheren Bewertungskennzahlen gehandelt, was die Erwartung zukünftigen Wachstums widerspiegelt.
- Das Wachstumsinvestment konzentriert sich auf die Kapitalwertsteigerung des Aktienkurses und nicht auf laufende Erträge.
- Wachstumsunternehmen können eine höhere Volatilität aufweisen als etabliertere Unternehmen.
Formel und Berechnung
Es gibt keine einzelne, universelle Formel zur Definition eines Wachstumsunternehmens, da der Begriff eher auf qualitativen Merkmalen und Erwartungen basiert. Analysten und Investoren verwenden jedoch eine Reihe von Kennzahlen, um das Wachstumspotenzial zu bewerten. Dazu gehören:
- Umsatzwachstumsrate: Messung des Anstiegs der Umsatzwachstum über einen bestimmten Zeitraum.
- Gewinnwachstumsrate: Messung des Anstiegs des Gewinns pro Aktie (EPS) oder des Gesamtgewinns.
- Reinvestitionsrate: Der Anteil des Gewinns, der wieder in das Unternehmen reinvestiert wird.
Eine gängige Methode zur Schätzung des nachhaltigen Wachstums ist:
Dabei ist die Kapitalrendite (Return on Equity, ROE) ein Maß für die Rentabilität des Unternehmens im Verhältnis zum Eigenkapital und die Reinvestitionsquote der Anteil des Gewinns, der nicht als Dividende ausgeschüttet wird.
Interpretation des Wachstumsunternehmens
Die Interpretation eines Wachstumsunternehmens konzentriert sich auf seine Fähigkeit, über längere Zeiträume hinweg nachhaltiges und überdurchschnittliches Wachstum zu generieren. Investoren suchen nach Hinweisen, dass das Unternehmen eine starke Marktposition besitzt, innovative Produkte oder Dienstleistungen anbietet und über ein Managementteam verfügt, das in der Lage ist, die Expansion effektiv zu steuern. Während traditionelle Bewertungskennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei Wachstumsunternehmen oft hoch erscheinen, liegt die Annahme zugrunde, dass das zukünftige Cashflow-Potenzial diese hohen Bewertungen rechtfertigen wird. Es wird erwartet, dass das Wachstum des Unternehmens durch den Zinseszins-Effekt zu erheblichen Kapitalgewinnen führen wird, selbst wenn die anfängliche Bewertung hoch ist.
Hypothetisches Beispiel
Stellen Sie sich ein fiktives Technologieunternehmen namens "InnoTech Solutions" vor. InnoTech hat im letzten Jahr seinen Umsatz um 30 % gesteigert und erwartet in den nächsten fünf Jahren ein jährliches Umsatzwachstum von mindestens 25 %. Das Unternehmen reinvestiert fast alle seine Gewinne in Forschung und Entwicklung und den Ausbau seiner Infrastruktur, um seine innovativen Softwarelösungen weiterzuentwickeln und neue Märkte zu erschließen. InnoTech zahlt keine Dividenden, da das Management der Ansicht ist, dass die Reinvestition des Kapitals die beste Nutzung für zukünftiges Wachstum ist. Obwohl InnoTech im Vergleich zu etablierten Unternehmen eine geringere aktuelle Marktkapitalisierung aufweist, sehen Investoren es als ein Wachstumsunternehmen, da es ein hohes Potenzial für zukünftige Skalierung und Rentabilität bietet.
Praktische Anwendungen
Wachstumsunternehmen spielen eine zentrale Rolle in verschiedenen Bereichen der Finanzwelt:
- Portfoliomanagement: Wachstumsaktien werden oft in Portfolios aufgenommen, um das Kapitalwachstum zu maximieren. Anleger, die bereit sind, ein höheres Risiko einzugehen, um höhere Renditen zu erzielen, konzentrieren sich häufig auf Wachstumsunternehmen.
- Wachstums- und Value-Fonds: Investmentfonds und Exchange Traded Funds (ETFs) sind oft explizit als Wachstums- oder Value-Fonds klassifiziert, um Anlegern die Auswahl eines Portfolios zu ermöglichen, das ihrer bevorzugten Anlagestrategie entspricht.
- Regulierung und Börsengänge: Die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) definiert beispielsweise "Emerging Growth Companies" (EGCs) mit spezifischen Kriterien, die sich auf deren Bruttojahreseinnahmen beziehen. Dies ist eine regulatorische Kategorie, die bestimmten Wachstumsunternehmen reduzierte Offenlegungspflichten bei Börsengängen (IPOs) ermöglicht.
- Unternehmensfinanzierung: Wachstumsunternehmen verlas3sen sich oft auf externe Finanzierungen wie Risikokapital oder Börsengänge, um ihre schnelle Expansion zu finanzieren, da sie nicht über ausreichende interne Cashflows verfügen, um ihre aggressiven Wachstumsziele zu erreichen.
Einschränkungen und Kritikpunkte
Während Wachstumsunternehmen das Potenzial für erhebliche Renditen bieten, sind sie auch mit bestimmten Risiken und Kritikpunkten verbunden:
- Hohe Bewertungen: Wachstumsaktien werden oft zu hohen Multiplikatoren wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis gehandelt, was sie anfälliger für Kurskorrekturen macht, wenn die Wachstumserwartungen nicht erfüllt werden. Wenn das erwartete Gewinnwachstum ausbleibt, kann der Aktienkurs schnell fallen.
- Keine Dividenden: Die meisten Wachstumsunternehmen zahlen keine Dividenden, da sie alle Gewinne reinvestieren. Dies bedeutet, dass Anleger ausschließlich auf Kapitalgewinne angewiesen sind, um Renditen zu erzielen.
- Sensitivität gegenüber Zinsänderungen: Wachstumsunternehmen sind häufig empfindlicher gegenüber steigenden Zinsen, da ihre zukünftigen Gewinne im Rahmen einer Diskontierter Cashflow-Bewertung stärker abgezinst werden.
- Risiko von Fehlinvestitionen: Eine übermäßige Reinvestition in unwirtschaftliche Projekte oder Forschung und Entwicklung kann zu einer Ineffizienz des Kapitals und einer Wertvernichtung führen.
- Konkurrenz und Marktveränderungen: Schnell wachsende Märkte ziehen oft viele Wettbewerber an, und plötzliche technologische oder marktbedingte Veränderungen können das Geschäftsmodell eines Wachstumsunternehmens schnell obsolet machen. Die "Dot-Com-Blase" der späten 1990er Jahre ist ein bekanntes Beispiel dafür, wie überhöhte Bewertungen und unrealistische Wachstumserwartungen bei vielen internetbasierten Unternehmen zu einem drastischen Wertverlust führten. Akademische Forschung hat auch diskutiert, wie "Value-Fallen" bei Growth-Aktien entstehen könne2n, wenn Anleger risikoreiches Gewinnwachstum kaufen, das möglicherweise nicht realisiert wird.
Wachstumsunternehmen vs. Substanzwert
Der Hauptunterschied zwischen einem Wachstumsunternehm1en und einem Substanzwert liegt in ihrer zugrunde liegenden Anlagethese und ihren Merkmalen.
Merkmal | Wachstumsunternehmen | Substanzwert (Value Stock) |
---|---|---|
Wachstumserwartung | Hohes erwartetes Umsatz- und Gewinnwachstum | Geringeres Wachstum, oft stabil oder langsam wachsend |
Bewertung | Hohe Kennzahlen (z.B. KGV, Kurs-Buchwert-Verhältnis) | Niedrige Kennzahlen im Verhältnis zum inneren Wert |
Dividenden | Selten oder keine Dividenden | Oft regelmäßige und stabile Dividendenzahlungen |
Fokus | Kapitalwertsteigerung (Kursgewinne) | Laufende Erträge und unterbewertetes Potenzial (Kursgewinne) |
Branche | Oft innovative Technologie-, Gesundheits- oder neue Märkte | Eher etablierte, reife Branchen (z.B. Versorger, Banken) |
Risikoprofil | Höher, aufgrund der Abhängigkeit von zukünftigem Wachstum | Geringer, da oft stabile Cashflows und etablierte Geschäftsmodelle |
Während Wachstumsunternehmen auf zukünftige Potenziale setzen und oft eine höhere Beta-Faktor aufweisen können, konzentrieren sich Substanzwerte auf Unternehmen, die nach traditionellen Bewertungskennzahlen unterbewertet erscheinen. Anleger, die den Substanzwertansatz verfolgen, suchen nach "Schnäppchen" auf dem Markt, während Wachstumsinvestoren bereit sind, einen Aufschlag für das Versprechen schneller Expansion zu zahlen.
FAQs
F: Sind Wachstumsunternehmen immer junge Unternehmen?
A: Nicht unbedingt. Viele Wachstumsunternehmen sind junge und neu gegründete Unternehmen mit disruptiven Technologien. Es gibt jedoch auch etablierte Unternehmen, die aufgrund von Innovationen oder Marktführerschaft weiterhin ein hohes Umsatzwachstum aufweisen und als Wachstumsunternehmen eingestuft werden können.
F: Warum zahlen Wachstumsunternehmen oft keine Dividenden?
A: Wachstumsunternehmen reinvestieren ihre Gewinne in der Regel wieder in das Unternehmen, um ihre Expansion zu finanzieren. Anstatt Geld an die Aktionäre auszuschütten, verwenden sie es, um neue Produkte zu entwickeln, in neue Märkte zu expandieren oder Akquisitionen zu tätigen, um das zukünftige Gewinnwachstum zu fördern.
F: Wie identifiziert man ein Wachstumsunternehmen?
A: Die Identifizierung eines Wachstumsunternehmens erfordert eine detaillierte Fundamentalanalyse. Anleger achten auf Merkmale wie konstantes, hohes Umsatz- und Gewinnwachstum, eine hohe Kapitalrendite, eine starke Marktposition und Wettbewerbsvorteile, Investitionen in Forschung und Entwicklung und ein erfahrenes Management. Es geht darum, Unternehmen zu finden, deren Geschäftsmodell skalierbar ist und die das Potenzial haben, ihren Marktanteil erheblich auszubauen.
F: Ist Wachstumsinvestment riskanter als Value Investing?
A: Im Allgemeinen wird Wachstumsinvestment als riskanter angesehen als Value Investing. Wachstumsunternehmen sind anfälliger für hohe Volatilität, da ihre Bewertungen stark von zukünftigen Erwartungen abhängen. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, können die Aktienkurse drastisch fallen. Substanzwerte hingegen tendieren dazu, eine gewisse Absicherung durch ihren inneren Wert zu bieten.