Skip to main content
← Back to A Definitions

Armut

Was ist Armut?

Armut bezeichnet einen Zustand, in dem Einzelpersonen oder Haushalte nicht über die finanziellen Mittel und wesentlichen Güter für einen minimalen Lebensstandard verfügen. Innerhalb der Makroökonomie und Entwicklungsökonomie wird Armut als ein kritisches Hindernis für Wirtschaftswachstum und gesellschaftlichen Fortschritt betrachtet. Es handelt sich um ein vielschichtiges Phänomen, das über das bloße Fehlen von Einkommen hinausgeht und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, Bildung und Gesundheitsversorgung umfassen kann. Die Messung von Armut ist komplex und erfolgt in der Regel durch die Festlegung von Armutsgrenzen, die definieren, ab welchem Einkommens- oder Konsumniveau eine Person als arm gilt.

Geschichte und Ursprung

Die Konzeption und Messung von Armut hat sich im Laufe der Geschichte erheblich weiterentwickelt. Frühe Definitionen bezogen sich oft auf das bloße Überleben und den Zugang zu Nahrung. Mit der Zeit wurde erkannt, dass Armut mehr als nur materielle Entbehrung bedeutet. Im 20. Jahrhundert begannen internationale Organisationen, globale Standards zur Armutsdefinition zu entwickeln. Die Weltbank führte beispielsweise 1990 eine internationale Armutsgrenze ein, die ursprünglich bei 1 US-Dollar pro Tag lag (basierend auf Preisen von 1985). Diese „Dollar-am-Tag“-Grenze wurde als Durchschnitt der nationalen Armutsgrenzen der ärmsten Länder festgelegt, um einen konsistenten Vergleich der extremen Armut über Ländergrenzen hinweg zu ermöglichen. Seitdem wurde diese Grenze mehrfach angepasst, um Änderungen der Kaufkraftparitäten und Lebenshaltungskosten Rechnung zu tragen.

Wichtigste Erkenntnisse4

  • Armut ist ein Zustand unzureichender Ressourcen für einen minimalen Lebensstandard, der über das Einkommen hinausgeht und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen einschließt.
  • Es gibt absolute und relative Armut; absolute Armut bezieht sich auf ein festes Mindestniveau, während relative Armut im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen einer Gesellschaft definiert wird.
  • Armutsgrenzen werden verwendet, um die Anzahl der armen Menschen zu quantifizieren und sind entscheidend für die Gestaltung von Sozialpolitik.
  • Die Reduzierung von Armut ist ein zentrales Ziel internationaler Entwicklungsagenden und erfordert umfassende Ansätze, die Bildung, Gesundheitswesen und wirtschaftliche Möglichkeiten berücksichtigen.

Formel und Berechnung

Die Berechnung von Armut basiert häufig auf der Festlegung einer Armutsgrenze. Die gebräuchlichste Methode zur Messung der Einkommensarmut ist die "Kopfzahl der Armen" (Headcount Ratio), die den Prozentsatz der Bevölkerung angibt, dessen Einkommen unterhalb der Armutsgrenze liegt.

Die Formel für die Kopfzahl der Armen lautet:

H=NpNH = \frac{N_p}{N}

Wo:

  • (H) = Kopfzahl der Armen (Headcount Ratio)
  • (N_p) = Anzahl der Personen, deren Einkommen unter der Armutsgrenze liegt
  • (N) = Gesamtbevölkerung

Diese Kennzahl gibt Aufschluss über das Ausmaß der Armut. Für genauere Analysen können weitere Indikatoren wie das Armutsgefälle oder der Sen-Index verwendet werden, die die Intensität der Armut berücksichtigen, also wie weit die Armen unterhalb der Armutsgrenze liegen. Die Festlegung der Armutsgrenze selbst kann auf der Kaufkraftparität (KKP) basieren, um internationale Vergleiche zu ermöglichen.

Interpretation der Armut

Die Interpretation von Armut hängt stark von der verwendeten Messmethode ab. Eine hohe Kopfzahl der Armen weist auf ein weit verbreitetes Problem hin, während eine sinkende Quote auf Fortschritte bei der Armutsbekämpfung hindeutet. Es ist wichtig zu beachten, dass eine Person, die knapp über der Armutsgrenze liegt, immer noch extrem verwundbar gegenüber wirtschaftlichen Schocks sein kann. Politische Entscheidungsträger nutzen Armutsdaten, um die Wirksamkeit von Steuerpolitik und Sozialprogrammen zu bewerten. Die genaue Definition der Armutsgrenze beeinflusst direkt die Anzahl der als arm eingestuften Personen und damit die Verteilung von Ressourcen. Ökonomen betrachten auch andere Faktoren wie den Zugang zu Humankapital und grundlegenden Infrastrukturen, um ein umfassenderes Bild der Armut zu erhalten.

Hypothetisches Beispiel

Angenommen, in einem fiktiven Land X beträgt die nationale Armutsgrenze 500 € pro Monat. Die Bevölkerung des Landes X beträgt 10 Millionen Menschen.

  1. Datenerfassung: Eine Haushaltsbefragung wird durchgeführt, um das monatliche Einkommen der Haushalte zu ermitteln.
  2. Identifizierung der Armen: Es wird festgestellt, dass 2 Millionen Menschen in Land X ein monatliches Einkommen von weniger als 500 € haben.
  3. Berechnung der Armutsquote:
    H=2.000.00010.000.000=0,20H = \frac{2.000.000}{10.000.000} = 0,20
    Die Armutsquote in Land X beträgt somit 20 %.

Dieses Beispiel zeigt, dass 20 % der Bevölkerung in Land X unterhalb der festgelegten Armutsgrenze leben. Um diesen Zustand zu verbessern, könnten Maßnahmen zur Steigerung der Einkommensverteilung oder zur Schaffung von Arbeitsplätzen erforderlich sein.

Praktische Anwendungen

Armut ist ein zentraler Untersuchungsgegenstand in der Globalen Ökonomie und relevant für die Gestaltung nationaler und internationaler Politik. Regierungen und internationale Organisationen wie die OECD und die Vereinten Nationen verwenden Armutsmaße, um die Wirksamkeit von Entwicklungshilfeprogrammen, Sozialleistungen und anderen Interventionen zu bewerten. Beispielsweise zielen die von den Vereinten Nationen entwickelten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) darauf ab, die Armut in all ihren Formen bis 2030 zu beenden, was durch konkrete Maßnahmen wie die Einführung von Soziale Sicherheit-Systemen und die Förderung von nachhaltige Entwicklung unterstützt wird.

In der Praxis fließen Armutsdaten in die Budgetplanung, die Allokation von Mitt3eln für Gesundheits- und Bildungsprogramme sowie in die Diskussion über faire Geldpolitik und Fiskalpolitik ein, die darauf abzielen, Ungleichheiten zu reduzieren und den Konsumausgaben der Bevölkerung zu stärken. Die OECD hebt hervor, dass Sozialpolitik eine entscheidende Rolle dabei spielt, Menschen vor Armut zu schützen und jene zu unterstützen, die bereits davon betroffen sind.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Die Messung von Armut, insbesondere durch einkomm2ensbasierte Armutsgrenzen, ist Gegenstand verschiedener Kritikpunkte. Eine wesentliche Einschränkung ist, dass sie die multidimensionalen Aspekte von Armut nicht vollständig erfasst. Einkommen allein spiegelt nicht immer den tatsächlichen Lebensstandard wider, da Faktoren wie der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, Infrastruktur oder das Ausmaß der Entbehrung in Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Wohnen unberücksichtigt bleiben können. Der von der Oxford Poverty and Human Development Initiative (OPHI) in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) entwickelte Multidimensionale Armutsindex (MPI) versucht, diese Lücke zu schließen, indem er Deprivationen in mehreren Dimensionen gleichzeitig berücksichtigt.

Weitere Kritikpunkte umfassen die Annahme, dass Ressourcen innerhalb eines Haushalts gleichmäßig 1verteilt sind (was oft nicht der Fall ist), die Schwierigkeit, informelle Einkommen zu erfassen, und die Vernachlässigung geografischer Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten. Die Festlegung einer universellen Armutsgrenze kann auch die spezifischen Kontexte und Bedürfnisse verschiedener Länder oder Regionen übersehen. Auch die Auswirkungen von Inflation können die reale Kaufkraft einer festen Armutsgrenze über die Zeit verändern.

Armut vs. Ungleichheit

Armut und Ungleichheit sind eng miteinander verbunden, aber keine identischen Konzepte. Armut konzentriert sich auf den Zustand, in dem Individuen unter einem bestimmten Mindeststandard leben, der für grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung erforderlich ist. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, ob die notwendigen Ressourcen vorhanden sind oder nicht. Eine Gesellschaft kann Armut reduzieren, indem sie die ärmsten Schichten über eine bestimmte Schwelle hebt, selbst wenn die relativen Abstände zwischen den Reichen und den Armen bestehen bleiben oder sich sogar vergrößern.

Ungleichheit hingegen befasst sich mit der Verteilung von Ressourcen und Chancen innerhalb einer Gesellschaft. Sie misst die relativen Unterschiede im Einkommen, Vermögen oder Zugang zu Dienstleistungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Eine Gesellschaft mit geringer Armut kann immer noch eine hohe Ungleichheit aufweisen, wenn ein kleiner Teil der Bevölkerung einen Großteil des Bruttoinlandsprodukts oder Vermögens kontrolliert. Die Bekämpfung der Ungleichheit zielt oft darauf ab, diese relativen Unterschiede zu verringern und eine gerechtere Ressourcenverteilung zu erreichen. Während die Reduzierung der Armut eine Verringerung der Ungleichheit bedeuten kann, ist dies nicht immer der Fall.

FAQs

Was ist extreme Armut?

Extreme Armut ist die schwerste Form der Armut und wird international als Leben unter einer sehr niedrigen Einkommensschwelle definiert, die für das Überleben als absolut notwendig erachtet wird. Derzeit liegt die von der Weltbank festgelegte internationale Armutsgrenze für extreme Armut bei 2,15 US-Dollar pro Person und Tag (2017 KKP).

Wie wird Armut gemessen?

Armut wird hauptsächlich auf zwei Arten gemessen: absolut und relativ. Absolute Armut wird anhand einer festen Armutsgrenze gemessen, die den Mindestbetrag an Einkommen oder Konsum definiert, der zur Deckung grundlegender Bedürfnisse erforderlich ist. Relative Armut wird im Verhältnis zum Median- oder Durchschnittseinkommen einer Gesellschaft gemessen, oft als Prozentsatz davon (z. B. 60 % des Medianeinkommens).

Was sind die Hauptursachen für Armut?

Die Ursachen von Armut sind vielfältig und komplex, darunter Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne, mangelnder Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung, Konflikte, Naturkatastrophen, Korruption und ungünstige makroökonomische Bedingungen. Auch die Ungleichheit im Zugang zu Ressourcen und Chancen spielt eine wesentliche Rolle.

Können Bildung und Gesundheitswesen Armut reduzieren?

Ja, der verbesserte Zugang zu Bildung und einem effektiven Gesundheitswesen kann Armut erheblich reduzieren. Bildung erhöht das Humankapital und verbessert die Arbeitsmarktchancen und Verdienstmöglichkeiten, während eine gute Gesundheitsversorgung die Produktivität und die Fähigkeit zur Erwerbstätigkeit erhält. Beide tragen zur Stärkung der individuellen Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Schocks bei.

Was ist der Multidimensionale Armutsindex (MPI)?

Der Multidimensionale Armutsindex (MPI) ist ein Maß, das Armut jenseits des Einkommens erfasst. Er berücksichtigt gleichzeitige Deprivationen in drei Dimensionen: Gesundheit (Ernährung und Kindersterblichkeit), Bildung (Schuljahre und Schulbesuch) und Lebensstandard (Zugang zu Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Strom, Kochbrennstoff, Boden und Vermögenswerten). Der MPI bietet ein umfassenderes Bild der Armut als alleinige Einkommensmaße.

AI Financial Advisor

Get personalized investment advice

  • AI-powered portfolio analysis
  • Smart rebalancing recommendations
  • Risk assessment & management
  • Tax-efficient strategies

Used by 30,000+ investors