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Derivat

Was ist ein Derivat?

Ein Derivat ist ein Finanzinstrument, dessen Wert von einem oder mehreren zugrunde liegenden Vermögenswerten, den sogenannten Basiswerten, abgeleitet wird. Diese Finanzinstrumente, die zur Kategorie der Finanzinstrumente gehören, können auf einer Vielzahl von Vermögenswerten basieren, darunter Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Zinssätze, Währungen oder Indizes. Derivate sind Verträge zwischen zwei oder mehr Parteien, die spezifische Bedingungen und Verpflichtungen in Bezug auf den Basiswert festlegen, ohne dass der Basiswert selbst physisch besessen werden muss.

Geschichte und Ursprung

Die Geschichte der Derivate ist vielschichtig und reicht weit zurück, mit frühen Formen, die bereits in der Antike zur Absicherung von Ernteerträgen oder Schiffsladungen dienten. Moderne Derivatemärkte, insbesondere für standardisierte Kontrakte, nahmen im 19. Jahrhundert Gestalt an. Ein entscheidender Moment war die Gründung der Chicago Board of Trade (CBOT) im Jahr 1848 in den Vereinigten Staaten. Die CBOT begann zunächst mit dem Handel von Terminkontrakten auf landwirtschaftliche Güter, die es Bauern ermöglichten, Preise für zukünftige Ernten festzulegen und sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Im Jahr 1865 führte die CBOT die ersten standardisierten Future-Kontrakte ein, die durch Margin-Zahlungen gesichert und über eine Clearingstelle abgewickelt wurden. Diese Innovationen trugen maßgeblich zur Stabilität und Verlässlichkeit des Derivatehandels bei.

Wichtige Erkenntnisse

  • Ein Derivat ist ein Finanzkontrakt, dessen Wert von einem zugrunde liegenden Vermögenswert abgeleitet wird.
  • Derivate werden hauptsächlich zum Risikomanagement (Absicherung), zur Spekulation und zur Arbitrage eingesetzt.
  • Gängige Arten von Derivaten sind Optionen, Futures, Forwards und Swaps.
  • Sie ermöglichen es Anlegern, von Preisbewegungen des Basiswerts zu profitieren, ohne diesen direkt zu besitzen.
  • Derivatemärkte sind sowohl an Börsen als auch im Freiverkehr (OTC) organisiert.

Interpretation des Derivats

Derivate werden in der Finanzwelt interpretiert als vielseitige Instrumente zur Beeinflussung des Risikoprofils oder zur Generierung von Gewinnmöglichkeiten. Die Interpretation eines Derivats hängt stark von seiner Art und dem Kontext ab, in dem es eingesetzt wird. Beispielsweise kann ein Derivat zur Absicherung gegen Währungsschwankungen verwendet werden, um die Rentabilität internationaler Geschäfte zu sichern. Ebenso kann es zur Erhöhung der Hebelwirkung in einem Portfolio genutzt werden, was sowohl Chancen als auch Risiken verstärkt. Derivate erlauben es Marktteilnehmern, eine Position zu beziehen, die über den direkten Besitz des Basiswerts hinausgeht, und auf dessen zukünftige Preisentwicklung zu spekulieren oder sich gegen unerwünschte Bewegungen abzusichern.

Hypothetisches Beispiel

Betrachten wir ein Beispiel mit einer Option, einer häufigen Art von Derivat. Angenommen, eine Aktie eines Technologieunternehmens wird derzeit zu 100 Euro gehandelt. Ein Anleger glaubt, dass der Preis der Aktie in den nächsten drei Monaten steigen wird, möchte aber nicht das volle Risiko eingehen, die Aktien direkt zu kaufen.

Der Anleger könnte stattdessen eine Call-Option auf diese Aktie kaufen. Eine Call-Option gibt dem Inhaber das Recht, aber nicht die Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Aktien zu einem festgelegten Preis (Ausübungspreis) an oder vor einem bestimmten Datum (Verfallstag) zu kaufen.

  • Szenario: Der Anleger kauft eine Call-Option auf die Aktie mit einem Ausübungspreis von 105 Euro und einem Verfallstag in drei Monaten. Der Preis für diese Option (die Prämie) beträgt 5 Euro pro Aktie. Eine Option bezieht sich typischerweise auf 100 Aktien, also kostet der Kontrakt 500 Euro.
  • Ablauf:
    1. Kauf der Option: Der Anleger zahlt 500 Euro für den Options-Kontrakt.
    2. Drei Monate später:
      • Fall A (Aktie steigt): Die Aktie steigt auf 115 Euro. Der Anleger übt sein Recht aus und kauft die Aktien für 105 Euro pro Stück (den Ausübungspreis), obwohl der Marktpreis 115 Euro beträgt. Er könnte die Aktien sofort auf dem Markt für 115 Euro verkaufen.
        • Gewinn aus Aktienverkauf: (115 € - 105 €) * 100 Aktien = 1.000 Euro.
        • Abzüglich Optionsprämie: 1.000 Euro - 500 Euro = 500 Euro Nettogewinn.
      • Fall B (Aktie fällt/bleibt): Die Aktie fällt auf 95 Euro oder steigt nur auf 103 Euro. Der Anleger lässt die Option verfallen, da es keinen Sinn macht, die Aktien für 105 Euro zu kaufen, wenn sie billiger auf dem Markt erhältlich sind.
        • Verlust: Die gezahlte Optionsprämie von 500 Euro.

Dieses Beispiel zeigt, wie ein Derivat dem Anleger ermöglichte, von der Preisbewegung des Basiswerts zu profitieren (oder sich abzusichern) mit einem klar definierten maximalen Verlust.

Praktische Anwendungen

Derivate finden in der modernen Finanzwelt eine breite Palette praktischer Anwendungen. Sie werden von Unternehmen, Investoren und Regierungen genutzt, um verschiedene finanzielle Ziele zu erreichen:

  • Absicherung (Hedging): Unternehmen nutzen Swap-Derivate, um Zinsrisiken oder Währungsrisiken abzusichern. Ein Exporteur könnte beispielsweise einen Terminkontrakt abschließen, um einen zukünftigen Fremdwährungserlös zu einem festen Kurs zu verkaufen und sich so gegen ungünstige Währungsschwankungen abzusichern.
  • Spekulation: Trader nutzen Derivate, um auf die zukünftige Preisentwicklung von Wertpapieren oder Rohstoffen zu wetten. Durch die inhärente Hebelwirkung von Derivaten können selbst kleine Preisbewegungen des Basiswerts zu erheblichen Gewinnen oder Verlusten führen.
  • Arbitrage: Finanzinstitute suchen nach kleinen Preisunterschieden zwischen Derivaten und ihren Basiswerten oder zwischen verschiedenen Derivaten, um risikofreie Gewinne zu erzielen, indem sie gleichzeitig kaufen und verkaufen.
  • Kostenmanagement und Ertragssteigerung: Unternehmen können Derivate einsetzen, um ihre Finanzierungskosten zu senken oder die Rendite auf ihre Investitionen zu erhöhen.
  • Regulierung und Transparenz: Die Märkte für außerbörsliche (OTC) Derivate sind gigantisch. Nach Angaben der Bank for International Settlements (BIS) betrug der ausstehende Notionalwert globaler OTC-Derivate Ende Juni 2024 729,8 Billionen US-Dollar. Aufsichtsbehörden wie die US-amerikanische Securities and Exchange Commission (SEC) haben Vorschriften erlassen, um die Nutzung von Derivaten durch Investmentfonds zu modernisieren und Anlegerschutz zu gewährleisten, wie in der SEC Rule 18f-4 beschrieben.

Grenzen und Kritikpunkte

Obwohl Derivate nützliche Werkzeuge sind, bergen sie auch erhebliche Risiken und waren Gegenstand von Kritik, insbesondere im Zusammenhang mit Finanzkrisen. Eine der Hauptbeschränkungen ist ihre Komplexität, die es selbst erfahrenen Anlegern erschweren kann, die potenziellen Risiken vollständig zu verstehen.

  • Hebelwirkung und erhöhte Verluste: Die Hebelwirkung von Derivaten bedeutet, dass kleine Bewegungen im Basiswert zu überproportionalen Verlusten für den Anleger führen können, die weit über die anfängliche Investition hinausgehen. Dies ist besonders bei OTC-Derivaten ohne zentrale Abrechnung der Fall.
  • Kontrahentenrisiko: Bei außerbörslich gehandelten Derivaten (OTC) besteht das Risiko, dass die Gegenpartei ihren Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Während die Zentralisierung der Abwicklung über Clearinghäuser dieses Risiko reduziert hat, bleibt es bei vielen bilateralen Kontrakten bestehen.
  • Intransparenz und systemisches Risiko: Die mangelnde Transparenz einiger Derivatmärkte, insbesondere des OTC-Marktes, kann es schwierig machen, die tatsächliche Exposition gegenüber Risiken in einem Finanzsystem zu beurteilen. Die Federal Reserve Bank of San Francisco hat die potenziellen Risiken von Derivaten für die Systemstabilität des Finanzsystems diskutiert, insbesondere im Kontext der Vernetzung großer Finanzinstitute.
  • Liquiditätsprobleme: In Zeiten von Marktstress kann die Liquidität für bestimmte Derivate schnell versiegen, was es schwierig oder unmöglich macht, Positionen zu fairen Preisen zu schließen.
  • Bewertungsschwierigkeiten: Die Bewertung komplexer Derivate kann anspruchsvoll sein und erfordert oft sophisticatedte Modelle, die unter extremen Marktbedingungen ungenau sein können.

Derivat vs. Absicherung

Der Begriffe Derivat und Absicherung (Hedging) werden oft im gleichen Atemzug genannt, sind aber keine Synonyme. Ein Derivat ist, wie definiert, ein Finanzinstrument, dessen Wert von einem Basiswert abhängt. Es ist ein Produkt. Absicherung hingegen ist eine Strategie oder ein Ziel im Risikomanagement.

Derivate sind die primären Werkzeuge, die für eine Absicherungsstrategie verwendet werden. Wenn ein Unternehmen beispielsweise Währungsrisiken absichern möchte, kann es einen Währungs-Future oder einen Swap einsetzen – beides sind Derivate. Das Ziel der Absicherung ist es, potenzielle Verluste aus Preisbewegungen eines Vermögenswerts durch eine entgegengesetzte Position in einem Derivat zu kompensieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Derivate auch für andere Zwecke wie Spekulation oder Arbitrage eingesetzt werden können, die nicht primär der Absicherung dienen. Die Verwechslung entsteht oft, weil die Absicherung eine der häufigsten und wichtigsten Anwendungen von Derivaten ist.

FAQs

1. Welche Arten von Derivaten gibt es?

Die gängigsten Arten von Derivaten sind Optionen, Futures, Forwards und Swaps. Optionen geben dem Käufer das Recht, aber nicht die Pflicht, einen Vermögenswert zu kaufen oder zu verkaufen. Futures und Forwards sind Verträge zum Kauf oder Verkauf eines Vermögenswerts zu einem zukünftigen Zeitpunkt und Preis. Swaps sind Vereinbarungen zum Austausch von Cashflows oder finanziellen Instrumenten über einen bestimmten Zeitraum. Auch Zertifikate können Derivateigenschaften aufweisen.

2. Wofür werden Derivate verwendet?

Derivate werden hauptsächlich für drei Zwecke eingesetzt: Absicherung (Hedging) gegen Risiken, Spekulation auf zukünftige Preisbewegungen und Arbitrage zur Ausnutzung von Preisunterschieden.

3. Was ist der Unterschied zwischen einem börsengehandelten und einem außerbörslichen (OTC) Derivat?

Börsengehandelte Derivate werden an regulierten Börsen gehandelt, sind standardisiert und durch eine zentrale Clearingstelle abgesichert, was das Kontrahentenrisiko reduziert. Außerbörsliche (OTC) Derivate sind maßgeschneiderte Kontrakte zwischen zwei Parteien, die nicht an einer Börse gehandelt werden. Sie bieten mehr Flexibilität, bergen aber ein höheres Kontrahentenrisiko und sind oft weniger Liquidität aufweisend.

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