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Forderungen aus lieferungen und leistungen

Was sind Forderungen aus Lieferungen und Leistungen?

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (FLL), im Englischen auch als "Accounts Receivable" bezeichnet, stellen finanzielle Ansprüche eines Unternehmens gegenüber seinen Kunden dar, die aus dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen auf Kredit entstehen. Sie gehören zum Umlaufvermögen in der Bilanz eines Unternehmens und sind ein zentraler Bestandteil der Rechnungswesen. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entstehen, wenn ein Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen liefert, aber die Bezahlung dafür nicht sofort erhält, sondern einen Zahlungsaufschub gewährt. Dies ist eine gängige Praxis im Geschäftsverkehr, um Kunden Flexibilität zu bieten und den Umsatz zu fördern.

Historie und Ursprung

Das Konzept der Forderungen, also der Ansprüche auf zukünftige Bezahlungen für bereits erbrachte Leistungen, ist untrennbar mit der Entwicklung des Handels und der Doppelte Buchführung verbunden. Bereits in antiken Zivilisationen, wie dem mesopotamischen Reich, gab es Aufzeichnungen über Schulden und Kredite, was die grundlegende Notwendigkeit belegt, offene Forderungen zu verfolgen. Die systematische Erfassung von Forderungen als Teil eines umfassenden Buchführungssystems entwickelte sich jedoch maßgeblich im mittelalterlichen Italien.

Ein Wendepunkt i8, 9n der Geschichte der Buchführung war die Veröffentlichung von "Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità" durch den italienischen Mathematiker und Franziskanermönch Luca Pacioli im Jahr 1494. Dieses Werk enthielt die erste gedruckte Beschreibung des doppelten Buchführungssystems, das die Grundlage für die moderne Finanzbuchhaltung bildet und somit auch die strukturierte Erfassung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen definierte. Paciolis Methode, oft a7ls "Venezianische Methode" bezeichnet, standardisierte die Art und Weise, wie Kaufleute ihre Transaktionen, einschließlich Forderungen und Verbindlichkeiten, erfassten.

Zentrale Erkenntnisse

  • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind Ansprüche auf Geld, das Kunden einem Unternehmen für auf Kredit gekaufte Waren oder Dienstleistungen schulden.
  • Sie werden als kurzfristige Vermögenswerte in der Bilanz ausgewiesen und beeinflussen maßgeblich die Liquidität und das Betriebskapital eines Unternehmens.
  • Die effektive Verwaltung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ist entscheidend für den Cashflow und die Rentabilität eines Unternehmens, da unbezahlte Forderungen zu uneinbringlichen Verlusten führen können.

Formel und Berechnung

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind in der Regel nicht das Ergebnis einer komplexen Formel, sondern eine Summe der ausstehenden Rechnungsbeträge. Die Messung des Netto-Wertes von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die voraussichtlich tatsächlich eingezogen werden, erfordert jedoch eine Schätzung. Dies wird als Netto-Realisationswert bezeichnet und kann wie folgt dargestellt werden:

Netto-Realisationswert der Forderungen=Gesamte ForderungenWertberichtigungen fu¨r zweifelhafte Forderungen\text{Netto-Realisationswert der Forderungen} = \text{Gesamte Forderungen} - \text{Wertberichtigungen für zweifelhafte Forderungen}

Hierbei sind:

  • Gesamte Forderungen der kumulierte Betrag aller offenen Rechnungen an Debitoren.
  • Wertberichtigungen für zweifelhafte Forderungen (oder "Allowance for Doubtful Accounts") eine Gegenposition zum Vermögenswert, die den geschätzten Betrag der Forderungen darstellt, der voraussichtlich nicht eingezogen werden kann. Diese Wertberichtigung wird typischerweise über die Gewinn-und-Verlustrechnung als "Aufwand für uneinbringliche Forderungen" erfasst.

Interpretation der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

Die Höhe und die Struktur der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen geben wichtige Aufschlüsse über die finanzielle Gesundheit und die operativen Geschäftsprozesse eines Unternehmens. Ein hoher Betrag an Forderungen kann auf erfolgreiche Umsätze hindeuten, aber auch auf ineffektives Forderungsmanagement oder nachlässige Kreditbedingungen.

Eine Zunahme der Forderungen im Verhältnis zu den Umsatzerlöse könnte bedeuten, dass das Unternehmen aggressivere Kreditbedingungen anbietet, Schwierigkeiten beim Einzug hat oder dass Kunden länger zum Bezahlen brauchen. Eine Kennzahl zur Bewertung ist die "Days Sales Outstanding (DSO)", die angibt, wie viele Tage ein Unternehmen im Durchschnitt benötigt, um eine Rechnung zu kassieren. Ein steigender DSO-Wert ist oft ein Warnsignal.

Hypothetisches Beispiel

Ein kleines Softwareunternehmen, "SoftTech Solutions GmbH", verkauft eine spezielle Projektmanagement-Software an "BauProfi AG" für 50.000 Euro auf Kredit mit Zahlungsziel 30 Tage netto.

  1. Verkauf auf Kredit: Am 1. Juni liefert SoftTech Solutions die Software und sendet eine Rechnung. Zu diesem Zeitpunkt erfasst SoftTech Solutions die 50.000 Euro als Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in ihrer Bilanz. Gleichzeitig wird der Umsatz in der Gewinn-und-Verlustrechnung erfasst.
  2. Wertberichtigung: SoftTech Solutions hat in der Vergangenheit festgestellt, dass etwa 2 % ihrer Forderungen uneinbringlich sind. Daher bildet sie eine Wertberichtigung von 1.000 Euro (2 % von 50.000 Euro) für diese Forderung. Der Netto-Realisationswert der Forderung beträgt nun 49.000 Euro.
  3. Zahlungseingang: Am 25. Juni, also innerhalb des Zahlungsziels, überweist BauProfi AG die 50.000 Euro an SoftTech Solutions. Die Forderung aus Lieferungen und Leistungen wird in der Bilanz um 50.000 Euro reduziert und die liquiden Mittel steigen entsprechend. Die Wertberichtigung wird ebenfalls angepasst, da die Forderung nun beglichen ist.

Dieses Beispiel zeigt, wie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entstehen, bewertet und schließlich durch Zahlungseingang aufgelöst werden, was direkt den Kapitalflussrechnung beeinflusst.

Praktische Anwendungen

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind in verschiedenen Bereichen von entscheidender Bedeutung:

  • Finanzanalyse: Analysten bewerten die Qualität und Effizienz des Forderungsmanagements eines Unternehmens anhand von Kennzahlen wie der Forderungsumschlagsquote und dem DSO. Diese Kennzahlen geben Aufschluss über die Fähigkeit eines Unternehmens, Cashflow aus seinen Verkäufen zu generieren.
  • Kreditwürdigkeit: Die Höhe und das Alter der Forderungen können Banken und Kreditgebern Aufschluss über das Kreditrisiko eines Unternehmens geben. Ein hoher Anteil alter oder zweifelhafter Forderungen kann die Fähigkeit zur Kreditaufnahme beeinträchtigen.
  • Bilanzierung und Rechnungslegung: Nationale und internationale Rechnungslegungsstandards wie IFRS (International Financial Reporting Standards) und GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) legen detaillierte Regeln für die Erfassung, Bewertung und den Ausweis von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen fest. IFRS 15 "Erlöse aus Verträgen mit Kunden" (Revenue from Contracts with Customers) bietet beispielsweise einen umfassenden Rahmen für die Umsatzrealisierung, der direkt mit der Entstehung von Forderungen verbunden ist.
  • Finanzierung: Unternehmen können ihre Forderungen nutzen, um ihre6 Liquidität zu verbessern, beispielsweise durch Factoring oder Forfaitierung. Dabei werden die Forderungen an Dritte verkauft, um sofortige Barmittel zu erhalten.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Obwohl Forderungen aus Lieferungen und Leistungen für das Umsatzwachstum auf Kredit unerlässlich sind, bergen sie auch erhebliche Risiken und Einschränkungen:

  • Uneinbringliche Forderungen (Bad Debt): Nicht alle Forderungen werden tatsächlich eingezogen. Wenn ein Kunde insolvent wird oder aus anderen Gründen nicht zahlen kann, muss die Forderung als uneinbringlich abgeschrieben werden, was zu einem Verlust führt und den Umsatzerlöse mindert. Dies kann die Profitabilität und den Cashflow eines Unternehmens erheblich belasten. Die Notwendigkeit der [Wertminderung](https://diversification.com/term/wertminderung[4](https://knowledge.wharton.upenn.edu/article/how-trade-credit-is-a-double-edged-sword/), 5) dieser Forderungen bedeutet, dass der in der Bilanz ausgewiesene Betrag möglicherweise nicht vollständig realisierbar ist.
  • Liquiditätsrisiko: Ein hoher Bestand an Forderungen, die nur langsam oder gar nicht beglichen werden, kann zu Liquiditätsengpässen führen. Unternehmen müssen möglicherweise Kredite aufnehmen, um laufende Ausgaben zu decken, wenn die Einnahmen aus Forderungen ausbleiben.
  • Verwaltungsaufwand: Die Verwaltung von Forderungen, einschließlich des Versands von 2, 3Rechnungen, der Verfolgung überfälliger Zahlungen und des Einzugs, ist zeitaufwändig und ressourcenintensiv. Fehler in der Buchhaltung oder eine ineffiziente Eintreibung können zusätzliche Kosten verursachen.
  • Wirtschaftliche Anfälligkeit: Das Vorhandensein von Handelskrediten, zu denen Forderungen 1aus Lieferungen und Leistungen gehören, kann die Wirtschaft zwar stützen, aber auch anfälliger für Finanzschocks machen. Engpässe in der Kreditversorgung können sich dann nicht nur auf die Bankfinanzierung, sondern auch auf die Fähigkeit der Lieferanten auswirken, Handelskredite zu vergeben, was die wirtschaftlichen Auswirkungen verstärken kann.

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vs. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sind spiegelbildliche Konzepte in der Finanzbuchhaltung und stellen die beiden Seiten einer auf Kredit basierenden Transaktion dar.

MerkmalForderungen aus Lieferungen und Leistungen (FLL)Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (VLL)
DefinitionGeld, das Kunden dem Unternehmen schulden.Geld, das das Unternehmen seinen Lieferanten schuldet.
Art in der BilanzVermögenswert (i.d.R. Umlaufvermögen)Schuld (i.d.R. kurzfristige Verbindlichkeit)
EntstehungVerkauf von Waren/Dienstleistungen auf KreditKauf von Waren/Dienstleistungen auf Kredit
Auswirkung auf CashflowZukünftiger Cash-ZuflussZukünftiger Cash-Abfluss
Interesse des UnternehmensMöglichst schneller EinzugMöglichst lange Verzögerung der Zahlung

Der Hauptunterschied liegt in der Perspektive: Forderungen sind das, was man selbst erhält, während Verbindlichkeiten das sind, was man selbst bezahlen muss. Die Verwechslung entsteht oft, weil beide Begriffe "aus Lieferungen und Leistungen" beinhalten und sich auf Kreditbeziehungen zwischen Geschäftspartnern beziehen.

Häufig gestellte Fragen

Wie entstehen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen?

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entstehen, wenn ein Unternehmen Waren oder Dienstleistungen an einen Kunden liefert und die Bezahlung dafür zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart wird. Dies ist eine Form des Handelskredits, die dem Kunden ermöglicht, die Lieferung zu erhalten, bevor er dafür bezahlt. Die Forderung wird in der Bilanz des liefernden Unternehmens als Umlaufvermögen erfasst.

Sind Forderungen aus Lieferungen und Leistungen immer gut für ein Unternehmen?

Nicht unbedingt. Während Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auf Umsätze hindeuten, die auf Kredit erzielt wurden, können zu hohe oder langsam eintreffende Forderungen die Liquidität eines Unternehmens belasten. Wenn Kunden ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlen, kann dies zu Cashflow-Problemen führen und die Notwendigkeit nach sich ziehen, uneinbringliche Forderungen abzuschreiben, was als Wertminderung der Vermögenswerte zu buchen ist.

Was ist der Unterschied zwischen brutto und netto bei Forderungen?

"Brutto-Forderungen" beziehen sich auf den Gesamtbetrag aller offenen Rechnungen, bevor mögliche Wertberichtigungen für zweifelhafte oder uneinbringliche Forderungen vorgenommen wurden. "Netto-Forderungen" (oder Netto-Realisationswert) ist der Betrag, der nach Abzug dieser Wertberichtigungen übrig bleibt. Dieser Netto-Betrag soll den realistisch erwarteten Einzugsbetrag widerspiegeln.

Welche Rolle spielen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Cashflow?

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen beeinflussen den Cashflow indirekt. Sie stellen zukünftige Cash-Zuflüsse dar. Ein Anstieg der Forderungen bedeutet, dass mehr Verkäufe auf Kredit getätigt wurden, was den operativen Cashflow im aktuellen Zeitraum reduzieren kann, da das Geld noch nicht eingegangen ist. Umgekehrt verbessert ein Rückgang der Forderungen den Cashflow, da mehr ausstehende Beträge eingezogen wurden. Die Kapitalflussrechnung zeigt diese Bewegung deutlich auf.

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