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Industriekonzentration

Was ist Industriekonzentration?

Die Industriekonzentration beschreibt das Ausmaß, in dem ein kleiner Kreis von Unternehmen den größten Anteil des Gesamtumsatzes oder der Produktion in einer bestimmten Branche kontrolliert. Es handelt sich um ein grundlegendes Konzept der Mikroökonomie und des Wettbewerbs, das Aufschluss über die Marktstruktur und die Verteilung der Marktmacht gibt. Ein hoher Grad an Industriekonzentration bedeutet, dass wenige große Firmen dominieren, was von einem perfekten Wettbewerb abweichen und zu Strukturen wie einem Oligopol oder im Extremfall einem Monopol führen kann.

Geschichte und Ursprung

Die Bedenken hinsichtlich der Industriekonzentration reichen bis ins späte 19. Jahrhundert zurück, als große Trusts in den Vereinigten Staaten in Branchen wie Öl und Stahl immense Marktmacht anhäuften. Dies führte zur Verabschiedung des Sherman Antitrust Acts im Jahr 1890, der darauf abzielte, monopolistische Praktiken und wettbewerbswidrige Absprachen zu verhindern. Dieses Gesetz war ein Wendepunkt in der US-amerikanischen Wirtschaftsgeschichte und legte den Grundstein für das moderne Kartellrecht, das von Behörden wie der Federal Trade Commission (FTC) und dem Justizministerium durchgesetzt wird. Die FTC bietet eine umfassende Übersicht über die US-amerikanischen Kartellgesetze, die darauf abzielen, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.

Wichtige Erke4nntnisse

  • Industriekonzentration misst das Ausmaß der Dominanz großer Unternehmen in einem Sektor.
  • Hohe Konzentration kann auf einen Mangel an Wettbewerb hinweisen und potenziell zu höheren Preisen oder geringerer Innovation führen.
  • Wichtige Messgrößen sind der Herfindahl-Hirschman-Index (HHI) und Konzentrationsraten (CR).
  • Regulierungsbehörden nutzen die Industriekonzentration, um potenzielle Auswirkungen von Fusionen und Übernahmen auf den Wettbewerb zu bewerten.
  • Die Analyse der Industriekonzentration ist entscheidend für die Beurteilung der Gesundheit und Effizienz eines Marktes.

Formel und Berechnung

Die Industriekonzentration wird typischerweise mit zwei Hauptmaßen quantifiziert: der Konzentrationsrate (CR) und dem Herfindahl-Hirschman-Index (HHI).

Konzentrationsrate (CR_n):
Die n-Firmen-Konzentrationsrate ($CR_n$) ist die Summe der Marktanteile der n größten Unternehmen in einer Branche.

CRn=S1+S2++SnCR_n = S_1 + S_2 + \dots + S_n

Dabei ist (S_i) der Marktanteil des Unternehmens (i) als Prozentsatz oder Dezimalwert. Häufig werden die Top 4 ($CR_4$) oder Top 8 ($CR_8$) Unternehmen betrachtet.

Herfindahl-Hirschman-Index (HHI):
Der HHI-Index ist die Summe der Quadrate der Marktanteile (in Prozent) aller Unternehmen in einer Branche.

HHI=i=1NSi2=S12+S22++SN2HHI = \sum_{i=1}^{N} S_i^2 = S_1^2 + S_2^2 + \dots + S_N^2

Dabei ist (S_i) der Marktanteil des Unternehmens (i) als ganze Zahl (z. B. 25 für 25 %) und (N) die Gesamtzahl der Unternehmen in der Branche.

Beide Maße liefern einen numerischen Wert, der das Ausmaß der Konzentration in einer Branche anzeigt.

Interpretation der Industriekonzentration

Die Interpretation des Grads der Industriekonzentration hängt vom verwendeten Maß ab.

  • Konzentrationsrate ($CR_n$): Ein $CR_4$-Wert von 0 % würde einen perfekt kompetitiven Markt bedeuten, während 100 % ein reines Monopol oder Oligopol anzeigen. Im Allgemeinen deuten $CR_4$-Werte über 40 % auf eine hohe Konzentration und möglicherweise weniger Wettbewerb hin.
  • Herfindahl-Hirschman-Index (HHI): Der HHI kann Werte von nahe Null (viele kleine Unternehmen) bis 10.000 (ein einziges Unternehmen mit 100 % Marktanteil) annehmen. Das US-Justizministerium und die FTC verwenden folgende Richtlinien:
    • HHI unter 1.500: Unkonzentrierter Markt
    • HHI zwischen 1.500 und 2.500: Mäßig konzentrierter Markt
    • HHI über 2.500: Stark konzentrierter Markt
      Diese Werte dienen als Indikatoren für Regulierungsbehörden, um zu beurteilen, ob weitere Regulierung oder eine genauere Prüfung von Marktverhalten erforderlich ist.

Hypothetisches Beispiel

Betrachten wir eine fiktive Branche, die der Herstellung von Solarmodulen, mit fünf Unternehmen:

  • SolarTech: 35 % Marktanteil
  • EcoPower: 25 % Marktanteil
  • GreenVolt: 20 % Marktanteil
  • SunBeam: 10 % Marktanteil
  • BrightEnergy: 10 % Marktanteil

Um die Industriekonzentration zu berechnen, verwenden wir den HHI:

  1. Quadrieren Sie die Marktanteile jedes Unternehmens (in Prozent):

    • SolarTech: (35^2 = 1225)
    • EcoPower: (25^2 = 625)
    • GreenVolt: (20^2 = 400)
    • SunBeam: (10^2 = 100)
    • BrightEnergy: (10^2 = 100)
  2. Summieren Sie die quadrierten Marktanteile:

    • HHI = (1225 + 625 + 400 + 100 + 100 = 2450)

In diesem Beispiel beträgt der HHI 2450. Dies würde nach den Richtlinien des US-Justizministeriums und der FTC auf einen mäßig bis stark konzentrierten Markt hindeuten. Eine solche Branchenanalyse könnte eine genauere Untersuchung durch Regulierungsbehörden auslösen, um mögliche wettbewerbswidrige Praktiken zu identifizieren.

Praktische Anwendungen

Die Industriekonzentration ist ein zentrales Konzept in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft und Politik.

  • Kartellrecht und Regulierung: Kartellbehörden weltweit nutzen Konzentrationsmaße, um die Auswirkungen von Fusionen und Übernahmen zu bewerten. Wenn eine vorgeschlagene Fusion zu einer erheblichen Erhöhung des HHI in einem bereits konzentrierten Markt führen würde, kann dies Anlass zur Sorge geben, dass der Wettbewerb geschwächt wird. Ein Beispiel hierfür ist die Klage des US-Justizministeriums gegen Google wegen angeblicher Monopolisierung digitaler Werbetechnologien.
  • Investitionsanalyse: Anleger und Analysten bewerten di3e Industriekonzentration, um die Wettbewerbslandschaft einer Branche zu verstehen. Stark konzentrierte Industrien könnten höhere Eintrittsbarrieren und potenziell stabilere Gewinne für die etablierten Akteure aufweisen, aber auch das Risiko von behördlichen Eingriffen bergen.
  • Wirtschaftspolitik: Regierungen und internationale Organisationen wie die OECD überwachen Trends bei der Industriekonzentration, um die allgemeine Markteffizienz zu beurteilen und politische Maßnahmen zur Förderung des Wettbewerbs zu entwickeln. Die OECD hat Analysen zu Markkonzentrationstrends und den damit verbundenen Herausforderungen für die Wettbewerbspolitik veröffentlicht.
  • Forschung und Entwicklung: Ein gewisser Grad an Konzentration kann unter Umständen große Investitionen in Innovation durch dominante Firmen ermöglichen. Zu hohe Konzentration kann jedoch auch Anreize für Innovation dämpfen, wenn kein ausreichender Druck durch Wettbewerber besteht.

Einschränkungen und Kritik

Obwohl die Industriekonzentration ein nützliches Instrument zur Analyse von Märkten ist, weist sie wichtige Einschränkungen auf:

  • Messprobleme: Die genaue Messung der Industriekonzentration kann schwierig sein, da die Definition eines "Marktes" komplex sein kann (z. B. geografische Abgrenzung oder Substitutionsgüter). Daten über private Unternehmen sind oft nicht öffentlich verfügbar, was zu ungenauen Berechnungen führen kann. Studien deuten darauf hin, dass Konzentrationsmaße, die nur auf börsennotierten Unternehmen basieren, schlechte Indikatoren für die tatsächliche Industriekonzentration sein können.
  • Dynamische Märkte: In schnelllebigen Branchen, insbesondere im Technologiesektor, 2können hohe Konzentrationswerte täuschen, da der Wettbewerb durch disruptive Innovationen oder den Eintritt neuer Akteure dynamisch und intensiv sein kann, auch wenn die Zahl der etablierten Unternehmen gering ist.
  • Effizienz vs. Marktmacht: Eine hohe Industriekonzentration kann das Ergebnis überlegener Effizienz oder Skaleneffekte der dominanten Unternehmen sein, die zu niedrigeren Preisen und besserem Konsumentenwohl führen. In solchen Fällen wäre eine Regulierung kontraproduktiv. Es ist schwierig, Effizienzgewinne von reiner Marktmacht zu trennen, die zum Nachteil der Verbraucher genutzt wird. Die Federal Reserve Bank of San Francisco hat die Auswirkungen von Unternehmensfusionen auf den Wettbewerb diskutiert, was die Komplexität der Unterscheidung zwischen Effizienz und Marktmacht hervorhebt.
  • Vernachlässigung potenziellen Wettbewerbs: Konzentrationsmaße erfassen keinen potenziellen1 Wettbewerb, der von Unternehmen ausgeht, die noch nicht im Markt sind, aber jederzeit eintreten könnten, was die etablierten Akteure diszipliniert.

Industriekonzentration vs. Marktanteil

Obwohl eng verwandt, sind Industriekonzentration und Marktanteil unterschiedliche Konzepte. Der Marktanteil ist der Prozentsatz des Gesamtumsatzes oder der gesamten Produktion eines bestimmten Unternehmens innerhalb einer Branche. Er ist ein Maß für die relative Größe eines einzelnen Unternehmens. Die Industriekonzentration hingegen ist ein aggregiertes Maß, das die Verteilung der Marktanteile über eine Gruppe von Unternehmen hinweg erfasst, typischerweise die größten in der Branche. Während ein hoher Marktanteil eines Unternehmens zur hohen Industriekonzentration beiträgt, beschreibt die Industriekonzentration das gesamte Wettbewerbsklima des Marktes, nicht nur die Position eines Akteurs. Eine hohe Industriekonzentration bedeutet, dass nur wenige Unternehmen große Marktanteile besitzen, während ein einzelner hoher Marktanteil eines Unternehmens allein noch keine Aussage über die gesamte Industriekonzentration zulässt, wenn andere Unternehmen ebenfalls große Anteile haben.

FAQs

Was ist ein "Preiskartell" im Zusammenhang mit Industriekonzentration?

Ein Preiskartell ist eine illegale Absprache zwischen Wettbewerbern in einer Branche, um Preise auf einem künstlich hohen Niveau festzulegen, den Output zu beschränken oder Märkte aufzuteilen. Solche Kartelle sind oft in hochkonzentrierten Industrien zu finden, da die geringere Anzahl von Akteuren die Koordination erleichtert und die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung verringert. Sie sind ein direktes Ergebnis von mangelndem Wettbewerb.

Führt eine hohe Industriekonzentration immer zu negativen Folgen für Verbraucher?

Nicht unbedingt. Eine hohe Industriekonzentration kann auf Skaleneffekte, Effizienzgewinne oder überlegene Innovation zurückzuführen sein, die zu niedrigeren Kosten und Preisen für die Verbraucher führen können. Allerdings birgt eine hohe Konzentration das Risiko, dass dominante Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen, um Preise zu erhöhen, die Produktvielfalt zu reduzieren oder das Konsumentenwohl auf andere Weise zu beeinträchtigen, insbesondere wenn regulatorische Aufsicht fehlt.

Wie beeinflusst die Industriekonzentration die Markteffizienz?

Die Industriekonzentration kann die Markteffizienz auf verschiedene Weisen beeinflussen. In einem unkonzentrierten Markt fördert der intensive Wettbewerb in der Regel die Effizienz, da Unternehmen gezwungen sind, ihre Kosten zu senken und innovative Produkte anzubieten. In stark konzentrierten Märkten kann es an diesem Druck fehlen, was zu Ineffizienzen, höheren Preisen und einem geringeren Anreiz für Innovation führen kann. Umgekehrt können hochkonzentrierte Märkte auch effizient sein, wenn die Dominanz auf echten Effizienzvorteilen beruht.

Welche Rolle spielen Regierung und Regulierungsbehörden bei der Industriekonzentration?

Regierungen und Regulierungsbehörden spielen eine entscheidende Rolle bei der Überwachung und Steuerung der Industriekonzentration, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Sie nutzen Kartellrecht und Gesetze gegen Monopole, um wettbewerbswidrige Praktiken wie Preiskartelle oder unfaire Fusionen und Übernahmen zu verhindern. Ihr Ziel ist es, das Konsumentenwohl zu schützen und eine gesunde Marktdynamik aufrechtzuerhalten.

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