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Kardinaler nutzen

Was ist Kardinaler Nutzen?

Der Kardinale Nutzen ist ein Konzept der Mikroökonomie und Entscheidungstheorie, das die Messbarkeit der Befriedigung oder des Nutzens quantifiziert, den eine Person aus dem Konsum von Gütern oder Dienstleistungen zieht. Im Gegensatz zu ordinalen Konzepten, die lediglich Präferenzen rangreihen, postuliert der Kardinale Nutzen, dass die Intensität der Präferenz gemessen und numerisch ausgedrückt werden kann. Dies bedeutet, dass nicht nur angegeben werden kann, welches Gut bevorzugt wird, sondern auch um wie viel es bevorzugt wird. Zum Beispiel könnte eine Person sagen, dass sie aus dem Konsum eines Apfels 10 "Utils" zieht und aus einer Banane 5 "Utils", was impliziert, dass der Apfel doppelt so viel Nutzen stiftet wie die Banane. Dieses Konzept ist grundlegend für das Verständnis des Konsumentenverhaltens und die Analyse von Optimierungsproblemen in der Wirtschaftswissenschaft.

Geschichte und Ursprung

Die Idee, Nutzen quantitativ zu messen, hat ihre Wurzeln im Utilitarismus des 18. und 19. Jahrhunderts, insbesondere in den Schriften von Jeremy Bentham. Bentham schlug vor, dass "Glück" oder "Nutzen" gemessen und addiert werden könnten, um das "größte Glück der größten Zahl" zu maximieren. Auch Daniel Bernoulli trug 1738 mit seiner Theorie des abnehmenden Grenznutzens des Geldes zu den frühen Vorstellungen des Kardinalen Nutzens bei.

Die formale Ent14wicklung des Kardinalen Nutzens in der Wirtschaftswissenschaft setzte mit der "Marginalistischen Revolution" in den 1870er Jahren ein, angeführt von Ökonomen wie William Stanley Jevons, Carl Menger und Léon Walras. Sie nutzten das Konzept des Grenznutzens, um Wert und Preis zu erklären. Während ihre frühen Arbeiten oft eine implizite oder explizite Kardinalität des Nutzens annahmen, wurde der Begriff "Kardinaler Nutzen" in seinem heutigen Sinne – als Nutzen, der bis auf positive lineare Transformationen eindeutig ist – zwischen 1909 und 1944 während der sogenannten "ordinalen Revolution" in der Nutzentheorie formalisiert.,

Wichtige Erkenntnisse

13*12 Der Kardinale Nutzen ermöglicht eine numerische Messung der Befriedigung oder des Nutzens, den eine Person aus dem Konsum zieht.

  • Er geht über die bloße Rangfolge von Präferenzen hinaus und quantifiziert die Intensität dieser Präferenzen.
  • Das Konzept war grundlegend für die Entwicklung der frühen mikroökonomischen Nutzenfunktion und der Grenznutzentheorie.
  • Trotz seiner theoretischen Bedeutung ist die direkte Messung des Kardinalen Nutzens in der Praxis eine Herausforderung.
  • Der Kardinale Nutzen bildet eine wichtige Grundlage für Theorien der Entscheidungstheorie unter Unsicherheit, wie die Theorie des erwarteter Nutzen.

Formel und Berechnung

Der Kardinale Nutzen selbst wird nicht durch eine spezifische, allgemein anwendbare mathematische Formel berechnet, die eine absolute Nutzeneinheit liefert. Vielmehr ist das Konzept des Kardinalen Nutzens die Annahme, dass eine solche numerische Darstellung existiert und sinnvoll ist. Im Kontext der Nutzenmaximierung oder des erwarteter Nutzen wird der Nutzen jedoch mathematisch repräsentiert.

Eine Nutzenfunktion ( U(x) ) ordnet jedem Güterbündel ( x ) einen numerischen Wert zu, der den Nutzen widerspiegelt. Wenn dieser Nutzen kardinal ist, bedeutet dies, dass die Unterschiede zwischen den Nutzenwerten eine Bedeutung haben und verglichen werden können.

Beispiel für eine allgemeine Nutzenfunktion:
U(x1,x2,,xn)U(x_1, x_2, \dots, x_n)
Hierbei ist ( U ) der Nutzen und ( x_i ) die Menge des Gutes ( i ).

Im Rahmen der Theorie des erwarteten Nutzens, die auf kardinalem Nutzen basiert, wird der erwartete Nutzen (EU) einer Lotterie oder eines unsicheren Ergebnisses wie folgt berechnet:
EU=i=1npiU(xi)EU = \sum_{i=1}^{n} p_i \cdot U(x_i)
Wo:

  • ( EU ) der erwartete Nutzen ist.
  • ( p_i ) die Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses ( i ) ist.
  • ( U(x_i) ) der Nutzen ist, der aus dem Ergebnis ( x_i ) gezogen wird.
  • ( n ) die Anzahl der möglichen Ergebnisse ist.

Diese Formel ermöglicht es, Entscheidungen unter Unsicherheit zu analysieren, indem die gewichteten Durchschnitte der Nutzenwerte der möglichen Ergebnisse berücksichtigt werden.

Interpretation des Kardinalen Nutzens

Die 11Interpretation des Kardinalen Nutzens hängt von der zugrunde liegenden Annahme ab, dass der Nutzen quantifizierbar ist und sinnvolle Vergleiche der Nutzenunterschiede zwischen verschiedenen Güterbündeln oder Zuständen zulässt. Wenn beispielsweise eine Person 10 Utils aus dem Konsum eines Schokoriegels und 5 Utils aus dem Konsum eines Apfels zieht, würde die kardinale Nutzentheorie implizieren, dass der Schokoriegel doppelt so viel Befriedigung bietet wie der Apfel. Dies erlaubt es Ökonomen, die Konzepte des Grenznutzens und des abnehmenden Grenznutzens zu verwenden, um das Konsumentenverhalten und die Nachfrage zu erklären.

Der Kardinale Nutzen ist auch entscheidend für die Wohlfahrtsökonomie, da er theoretisch interpersonelle Nutzenvergleiche ermöglicht, was für die Beurteilung der Auswirkungen von Politikmaßnahmen auf die gesellschaftliche Wohlfahrt relevant ist. Dies wird jedoch weithin als eine der größten Einschränkungen des Konzepts angesehen, da subjektive Empfindungen wie Nutzen nicht direkt zwischen Individuen verglichen werden können.

Hypothetisches Beispiel

Stellen Sie sich vor, ein Konsument hat ein Budget von 10 Euro und muss sich zwischen Schokoriegeln und Limonade entscheiden. Jeder Schokoriegel kostet 2 Euro und jede Limonade 1 Euro.

Der Konsument schätzt seinen Nutzen wie folgt ein:

EinheitNutzen (Utils) SchokoriegelNutzen (Utils) Limonade
1158
2106
374
442

Um seinen Gesamtnutzen zu maximieren, würde der Konsument seine Ausgaben schrittweise so verteilen, dass der Grenznutzen pro Euro für jedes Gut gleich ist oder der höchstmögliche Grenznutzen pro Euro erzielt wird, bis das Budgetbeschränkung erreicht ist.

Schritt-für-Schritt-Analyse:

  1. Erste Einheit:

    • Schokoriegel: 15 Utils / 2€ = 7.5 Utils/€
    • Limonade: 8 Utils / 1€ = 8 Utils/€
    • Der Konsument kauft die erste Limonade (verbleibendes Budget: 9€). Gesamtnutzen: 8 Utils.
  2. Zweite Einheit:

    • Schokoriegel: 15 Utils / 2€ = 7.5 Utils/€ (erste Einheit)
    • Limonade: 6 Utils / 1€ = 6 Utils/€ (zweite Einheit)
    • Der Konsument kauft den ersten Schokoriegel (verbleibendes Budget: 7€). Gesamtnutzen: 8 + 15 = 23 Utils.
  3. Dritte Einheit:

    • Schokoriegel: 10 Utils / 2€ = 5 Utils/€ (zweite Einheit)
    • Limonade: 6 Utils / 1€ = 6 Utils/€ (zweite Einheit)
    • Der Konsument kauft die zweite Limonade (verbleibendes Budget: 6€). Gesamtnutzen: 23 + 6 = 29 Utils.

Der Konsument würde diesen Prozess fortsetzen, bis das Budget aufgebraucht ist oder der Grenznutzen pro Euro für alle verbleibenden Ausgaben optimal ist, um seinen Gesamtnutzen zu maximieren.

Praktische Anwendungen

Obwohl der Kardinale Nutzen in seiner reinsten Form selten direkt gemessen wird, ist seine zugrunde liegende Annahme der Quantifizierbarkeit des Nutzens für verschiedene Bereiche der Wirtschaftswissenschaften und Finanzen relevant.

  • Entscheidung unter Unsicherheit: Die Theorie des erwarteter Nutzen (EUT), die auf kardinalen Nutzenfunktionen basiert, ist ein Eckpfeiler der Entscheidungstheorie unter Unsicherheit. Sie wird in der Finanzwelt zur Analyse von Investitionsentscheidungen, Portfolioallokation und Risikoaversion verwendet. Investoren nutzen sie, um den voraussichtlichen Nutzen von Investitionen mit unsicheren Renditen zu bewerten, anstatt nur den erwarteten monetären Wert zu betrachten.
  • Wohlfahrtsökonomie und öffentliche Politik: In der Wohlfahrtsökonomie ermöglicht das Konzept, wenn auch umstritten, die theoretische Bewertung politischer Maßnahmen anhand ihrer Auswirkungen auf den "Gesamtnutzen" oder das "gesellschaftliche Wohl". Beispielsweise könnte die Einführung einer neuen Steuer oder Subvention beurteilt werden, indem der aggregierte Nutzen- oder Verlust für die betroffene Bevölkerung geschätzt wird.
  • Regulierung und Spieltheorie: Der Kardinale Nutzen findet auch Anwendung in der Regulierung und Spieltheorie, wo die Nutzen von Akteuren quantifiziert werden müssen, um optimale Strategien in strategischen Interaktionen, wie sie im Marktgleichgewicht auftreten, zu bestimmen.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Trotz seiner historischen Bedeutung und theoretischen Anwendungen ist der Kardinale Nutzen Gegenstand erheblicher Kritik:

  • Messbarkeit: Der Hauptkritikpunkt ist die Unmöglichkeit, Nutzen objektiv und numerisch zu messen. Nutzen ist eine subjektive psychologische Empfindung, die von Person zu Person variiert und nicht direkt in "Utils" oder einer anderen Einheit quantifiziert werden kann., Es gibt keine standardisierte Skala oder ein Instrument zur Messung der inneren Zufriedenheit.
  • Interpersonelle 9V8ergleiche: Die Annahme, dass Nutzenwerte zwischen verschiedenen Personen verglichen werden können (z.B. dass 10 Utils für Person A dasselbe sind wie 10 Utils für Person B), ist hochproblematisch und wird von den meisten modernen Ökonomen abgelehnt., Dies untergräbt die Anwendung des Kardinalen Nutzens in der Wohlfahrtsökonomie zur Bewertung gesellschaftlicher Wohlfahrt.
  • Annahmen der Rationalität: Die traditionelle Kardinalnutzentheorie setzt voraus, dass Konsumenten perfekt Rationalität sind, immer versuchen, ihren Nutzen zu maximieren und alle relevanten Informationen verarbeiten können. Die Verhaltensökonomie, die auf der Arbeit von Daniel Kahneman und Amos Tversky basiert, hat gezeigt, dass menschliches Entscheidungstheorie oft von diesen idealisierten rationalen Annahmen abweicht, beeinflusst durch kognitive Verzerrungen und Heuristiken. Ihre Prospect Theory stellt ein5e direkte Herausforderung für die deskriptive Gültigkeit des erwarteten Nutzens dar, der auf kardinalen Nutzenannahmen beruht.
  • Konstanter Grenznutzen des Geldes: Eine weitere klassische Annahme der kardinalen Nutzentheorie, insbesondere in der Marsh4all'schen Tradition, ist, dass der Grenznutzen des Geldes konstant bleibt. Dies ist jedoch unrealistisch, da der Wert eines zusätzlichen Euros für eine arme Person typischerweise höher ist als für eine reiche Person.

Kardinaler Nutzen vs. Ordinaler Nutzen

Der wesentliche Unterschied zwischen Kardinalem Nutzen und Ordinaler Nutzen liegt in der Art und Weise, wie die Präferenzen von Konsumenten dargestellt werden.

MerkmalKardinaler NutzenOrdinaler Nutzen
MessbarkeitGeht davon aus, dass Nutzen numerisch messbar ist (z.B. in "Utils").Geht davon aus, dass Nutzen nicht numerisch messbar ist.
IntensitätErlaubt Aussagen über die Intensität von Präferenzen (z.B. Gut A ist doppelt so gut wie Gut B).Erlaubt nur Aussagen über die Rangfolge von Präferenzen (z.B. Gut A wird Gut B vorgezogen).
Differenzen/VerhältnisseDie Differenzen und Verhältnisse der Nutzenwerte haben eine Bedeutung.Nur die Reihenfolge der Nutzenwerte hat eine Bedeutung; Differenzen und Verhältnisse sind bedeutungslos.
Interpersonelle VergleicheTheoretisch möglich, aber höchst umstritten und in der Praxis unrealistisch.Nicht möglich, da Präferenzen rein subjektiv sind und nicht zwischen Personen verglichen werden können.
Grafische DarstellungHäufig mit einer Nutzenfunktion dargestellt, die absolute Werte anzeigt.Dargestellt durch Indifferenzkurven, die nur Präferenzreihenfolgen zeigen.
AnwendungenRelevant für die Theorie des erwarteter Nutzen, frühe Grenznutzentheorie.Grundlage der modernen Konsumtheorie (Nachfragekurven, Budgetbeschränkung).

Während der Kardinale Nutzen historisch wichtig war und weiterhin in spezifischen Bereichen wie der Theorie des erwarteten Nutzens Anwendung findet, hat sich der Ordinaler Nutzen in der modernen Mikroökonomie weitgehend durchgesetzt. Dies liegt daran, dass er weniger restriktive Annahmen über die Messbarkeit des Nutzens erfordert, was ihn als deskriptives Modell des Konsumentenverhaltens robuster macht.

FAQs

Was sind "Utils"?

"Utils" sind eine hypothetische Maßeinheit, die im Kontext des Kardinalen Nutzens verwendet wird, um die Befriedigung oder den Nutzen zu quantifizieren, den eine Person aus dem Konsum eines Gutes oder einer Dienstleistung zieht. Es handelt sich nicht um eine reale oder messbare Einheit, sondern um ein theoretisches Konstrukt.

Warum ist der Kardinale Nutzen umstritten?

Der Kardinale Nutzen ist umstritten, weil die direkte und objektive Messung von subjektiven Empfindungen wie Nutzen oder Zufriedenheit in der Realität unmöglich ist. Zudem ist es wissenschaftlich nicht haltbar, den Nutzen zwischen verschiedenen Individuen zu vergleichen.

Welche Rolle spielt der Kardinale Nutzen in der modernen Wirtschaftswissenschaft?

Obwohl der Kardinale Nutzen in seiner Reinform in der modernen [Mikroökon2omie](https://diversification.com/term/mikrooekonomie) weitgehend durch den Ordinaler Nutzen ersetzt wurde, bleibt er die Grundlage für spezifische Bereiche wie die Theorie des erwarteter Nutzen. Diese Theorie ist entscheidend für das Verständnis von Entscheidungstheorie unter Unsicherheit und Risikoaversion in Finanzen und Verhaltensökonomie.

Kann man mit Kardinalem Nutzen Entscheidungen vorhersagen?

Im theoretischen Rahmen des Kardinalen Nutzens können Entscheidungen unter bestimmten Annahmen über die Rationalität und die Nutzenfunktion einer Person vorhergesagt werden. Die Verhaltensökonomie hat jedoch gezeigt, dass tatsächliche menschliche Entscheidungen oft von den Vorhersagen traditioneller Kardinalnutzenmodelle abweichen.1

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