Kognitive Dissonanz
Kognitive Dissonanz beschreibt einen Zustand psychologischen Unbehagens, der entsteht, wenn eine Person gleichzeitig widersprüchliche Überzeugungen, Gedanken, Einstellungen oder Verhaltensweisen hat. Im Kontext der Verhaltensökonomie und Finanzpsychologie ist kognitive Dissonanz ein wichtiger Faktor, der die Entscheidungsfindung von Anlegern beeinflusst und von rationalen Erwartungen abweichen lassen kann. Dieser innere Konflikt motiviert Individuen, die Inkonsistenz zu reduzieren, um das Unbehagen zu lindern.
History and Origin
Das Konzept der kognitiven Dissonanz wurde in den späten 1950er Jahren vom amerikanischen Sozialpsychologen Leon Festinger entwickelt. Festinger postulierte, dass Menschen ein inneres Bestreben haben, die Harmonie zwischen ihren Einstellungen und ihrem Verhalten aufrechtzuerhalten, um Disharmonie oder Dissonanz zu vermeiden. Sei18, 19ne bahnbrechende Theorie entstand aus Beobachtungsstudien, beispielsweise einer Kultgruppe, die an eine bevorstehende Flut glaubte; als das Ereignis nicht eintrat, interpretierten die Kernmitglieder die Beweise neu, um ihre ursprünglichen Überzeugungen zu rechtfertigen, anstatt sie aufzugeben. Ein w16, 17eiteres bekanntes Experiment von Festinger und Carlsmith aus dem Jahr 1959 zeigte, dass Personen, die für eine langweilige Aufgabe nur geringfügig entlohnt wurden, diese nachträglich als interessanter bewerteten, um die Dissonanz zwischen der uninteressanten Aufgabe und ihrer Lüge darüber zu reduzieren. Festingers14, 15 Theorie war wegweisend, da sie die damaligen verhaltenstheoretischen Ansätze in der Psychologie herausforderte und die Bedeutung innerer kognitiver Prozesse betonte.
Key Tak13eaways
- Kognitive Dissonanz ist ein psychologischer Zustand des Unbehagens, der durch widersprüchliche Überzeugungen oder Inkonsistenzen zwischen Überzeugungen und Handlungen entsteht.
- Im Finanzbereich kann sie Anleger dazu bringen, Informationen zu ignorieren, die ihren bestehenden Investmententscheidungen widersprechen.
- Menschen versuchen, kognitive Dissonanz zu reduzieren, indem sie ihre Überzeugungen ändern, neue Informationen hinzufügen, die die bestehende Überzeugung stützen, oder die Bedeutung des Konflikts herabspielen.
- Sie ist ein Schlüsselelement der Verhaltensökonomie und erklärt häufig irrationales Anlegerverhalten.
- Das Erkennen und Management von kognitiver Dissonanz kann zu fundierteren und rationalen Entscheidungen im Finanzbereich führen.
Interpreting Kognitive Dissonanz
Kognitive Dissonanz manifestiert sich, wenn ein Anleger beispielsweise eine bestimmte Aktie gekauft hat und dann neue, negative Informationen über das Unternehmen auftauchen. Anstatt die eigene Investmententscheidung kritisch zu hinterfragen und möglicherweise zu korrigieren, könnte der Anleger unbewusst versuchen, die Dissonanz zu reduzieren. Dies kann geschehen, indem die negativen Informationen ignoriert, als unwichtig abgetan oder selektiv nach bestätigenden Informationen gesucht wird, die die ursprüngliche Entscheidung stützen. Das Ziel ist es, den inneren Widerspruch und das damit verbundene Unbehagen aufzulösen. Die Auswirkungen der kognitiven Dissonanz können weitreichend sein und dazu führen, dass Anlegerfehler nicht erkannt und korrigiert werden, was langfristig die Performance des Portfolios beeinträchtigen kann.
Hypothetical Example
Ein Anleger, Herr Müller, hat sich nach gründlicher Recherche und überzeugter Annahme, es sei eine sichere Sache, in die Aktien eines Solarunternehmens investiert. Er ist überzeugt, dass erneuerbare Energien die Zukunft sind und dieses spezielle Unternehmen eine führende Rolle spielen wird. Kurz nach seiner Investition veröffentlicht das Unternehmen jedoch enttäuschende Quartalszahlen, und die Aktie fällt deutlich.
Herr Müller erlebt nun kognitive Dissonanz. Seine ursprüngliche Überzeugung, dass es eine kluge und vielversprechende Investition war, kollidiert mit der Realität des sinkenden Aktienkurses. Um dieses Unbehagen zu lindern, könnte Herr Müller:
- Informationen selektiv interpretieren: Er konzentriert sich auf positive Nachrichten über die langfristigen Aussichten der Branche oder hofft auf eine baldige Erholung, während er die schlechten Zahlen herunterspielt.
- Seine Überzeugungen ändern: Anstatt die Qualität der ursprünglichen Recherche in Frage zu stellen, überzeugt er sich möglicherweise, dass der Markt kurzfristig irrational reagiert und er lediglich einen längeren Anlagehorizont haben muss.
- Die Bedeutung der Dissonanz reduzieren: Er sagt sich vielleicht, dass es nur ein kleiner Teil seines Portfoliomanagements ist und der Verlust nicht so gravierend sei, auch wenn er es eigentlich anders empfindet.
Dieser Prozess führt dazu, dass Herr Müller an seiner Position festhält, auch wenn ein rationaler Blick auf die neuen Daten möglicherweise einen Verkauf nahelegen würde.
Practical Applications
Kognitive Dissonanz hat vielfältige Auswirkungen auf die Kapitalmärkte und die Finanzplanung:
- Beharren auf Verlustpositionen: Anleger halten oft an Verlustpositionen fest, in der Hoffnung, dass sich der Kurs wieder erholt, um die "Fehlentscheidung" des Kaufs nicht anerkennen zu müssen. Dies widerspricht dem rationalen Risikomanagement und kann zu größeren Verlusten führen.
- Bestätigungsbias bei der Informationssuche: Investoren suche12n aktiv nach Informationen, die ihre bestehenden Ansichten oder Investitionen bestätigen, während sie widersprüchliche Daten ignorieren oder abwerten. Dies kann die Markteffizienz beeinträchtigen, da Informationen nicht objektiv verarbeitet werden.
- Übermäßiges Vertrauen: Ein Anleger, der nach einem erfolgreichen 10Trade übermäßiges Vertrauen entwickelt, könnte positive Ergebnisse auf seine eigene Fähigkeit zurückführen und Misserfolge externen Faktoren zuschreiben. Diese selektive Attribution verstärkt die Dissonanz und verhindert das Lernen aus Fehlern.
- Nichteinhaltung von Finanzplänen: Individuen könnten ihre Finanzpläne oder Budgets nicht einhalten, da die aktuelle Ausgabe (z.B. eine impulsive Anschaffung) im Konflikt mit dem langfristigen Sparziel steht. Um die kognitive Dissonanz zu verringern, rechtfertigen sie das Verhalten, indem sie sich einreden, die Ausgabe sei notwendig gewesen oder die langfristigen Ziele seien noch erreichbar.
- Reaktionen auf Marktvolatilität: Während Phasen hoher Marktvolatilität oder bei starken Kursbewegungen kann kognitive Dissonanz dazu führen, dass Anleger an ihren Positionen festhalten, obwohl die Marktdaten eine Anpassung nahelegen. Dies wird von der Bogleheads-Community als eine der häufigen Verhaltensfallen für Anleger d8iskutiert.
Limitations and Criticisms
Obwohl kognitive Dissonanz ein mächtiges Konzept ist, um mens7chliches Verhalten zu erklären, gibt es auch Einschränkungen und Kritikpunkte, insbesondere in Bezug auf ihre Anwendung im Finanzbereich:
- Messbarkeit: Die Dissonanz selbst ist ein innerer psychischer Zustand und daher schwer objektiv zu messen oder zu quantifizieren. Dies erschwert empirische Studien, die direkt die Stärke der Dissonanz und ihre Auswirkungen auf das Anlegerverhalten belegen könnten.
- Subjektivität der Reduktionsstrategien: Die Art und Weise, wie Individuen Dissonanz reduzi6eren, ist sehr subjektiv. Nicht jeder reagiert gleich, und einige sind toleranter gegenüber Inkonsistenzen als andere.
- Komplexität realer Entscheidungen: Finanzentscheidungen sind oft komplex und durch eine Viel5zahl von Faktoren beeinflusst, nicht nur durch kognitive Dissonanz. Auch Faktoren wie Informationsasymmetrie, Liquidität oder externe Schocks spielen eine Rolle.
- A4bgrenzung zu anderen Biases: Kognitive Dissonanz überlappt sich oft mit anderen Anlegerfehlern und kognitiven Verzerrungen wie dem Bestätigungsfehler oder dem Endowment-Effekt, was eine eindeutige Kausalzuschreibung erschwert.
- Grenzen der Rationalität: Während die Verhaltensökonomie die Annahme der vollkommenen Rationalität in der traditionellen Ökonomie in Frage stellt, werden ihre Erkenntnisse, einschließlich der kognitiven Dissonanz, auch selbst kritisch betrachtet, da sie manchmal die Fähigkeit von Individuen zur Anpassung und zum Lernen unterschätzen könnten. Die Federal Reserve Bank of San Francisco hat beispielsweise die Implikationen der Verhaltensökonomie für die Finanzmärkte diskutiert und dabei auch die Grenzen von Modellen betont, die von irrationalem Verhalten ausgehen.
Kognitive Dissonanz vs. Bestätigungsfehler
Kognitive Dissonanz und der Bestätigungsfehler sind eng miteinander verwandt, beschreiben aber unterschiedliche psychologische Phänomene:
Merkmal | Kognitive Dissonanz | Bestätigungsfehler |
---|---|---|
Definition | Psychologisches Unbehagen durch widersprüchliche Gedanken oder Verhalten. | Die Tendenz, Informationen so zu suchen, zu interpretieren und zu erinnern, dass sie die eigenen bestehenden Überzeugungen bestätigen. |
Auslöser | Ein bestehender Konflikt zwischen zwei oder mehr Kognitionen oder zwischen Kognition und Verhalten. | Eine bereits vorhandene Überzeugung oder Hypothese. |
Mechanismus | Motivation zur Reduktion des inneren Konflikts (Unbehagens). | Selektive Informationsverarbeitung zur Stärkung der vorhandenen Überzeugung. |
Fokus | Auflösung eines internen Widerspruchs. | Stärkung und Aufrechterhaltung einer Überzeugung durch selektive Beweisführung. |
Ergebnis | Verhaltens- oder Einstellungsänderung zur Wiederherstellung der Konsistenz. | Verzerrte Informationswahrnehmung, die zur Aufrechterhaltung der Überzeugung führt. |
Während kognitive Dissonanz das Unbehagen ist, das durch widersprüchliche Gedanken entsteht, ist der Bestätigungsfehler eine Strategie oder ein Muster, wie Menschen Informationen verarbeiten, um ihre bestehenden Überzeugungen zu bestätigen und somit potenziell Dissonanz zu vermeiden oder zu reduzieren. Der Bestätigungsfehler kann also eine Methode sein, mit der Anleger kognitive Dissonanz aktiv umgehen, indem sie bewusst oder unbewusst nach Informationen suchen, die ihre früheren Risikobereitschaft und Entscheidungen rechtfertigen.
FAQs
Was ist das Hauptziel bei der Reduzierung kognitiver Dissonanz?
Das Hauptziel ist es, das psychologische Unbehagen zu lindern, das durch widersprüchliche Gedanken oder Inkonsistenzen zwischen Gedanken und Handlungen entsteht. Dies wird durch die Wiederherstellung der inneren Konsistenz erreicht.
Wie zeigt sich kognitive Dissonanz im Investitionsbereich?
Im Investitionsbereich zeigt sich kognitive Dissonanz häufig, wenn Anleger an Verlustpositionen festhalten, obwohl neue Informationen gegen die Investition sprechen. Sie können auch widersprüchliche Informationen ignorieren oder selektiv positive Nachrichten suchen, um ihre ursprünglichen Investmententscheidungen zu rechtfertigen.
Kann kognitive Dissonanz vorteilhaft sein?
In manchen Fällen kann das Bedürfnis nach Konsistenz Menschen dazu motivieren, sich anzupassen und2 aus ihren Fehlern zu lernen, indem sie ihr Verhalten ändern, um es an ihre Überzeugungen anzupassen. Im Finanzbereich führt kognitive Dissonanz jedoch oft zu suboptimalen Anlegerverhalten und suboptimalen Entscheidungen, die sich negativ auf das Portfolio auswirken können.
Ist kognitive Dissonanz eine bewusste Entscheidung?
Nein, die Prozesse zur Reduzierung kognitiver Dissonanz sind oft unbewusst. Individuen sind sich der inneren Konflikte oder der psychologischen Manöver, die sie zur Auflösung dieser Konflikte anwenden, meist nicht vollständig bewusst. Das Erkennen dieses Phänomens ist ein erster Schritt, um bewusster mit Anlegerfehler umzugehen.
Wie kann man kognitive Dissonanz in Bezug auf Finanzen minimieren?
Die Minimierung von kognitiver Dissonanz erfordert Selbstreflexion und das bewusste Hinterfragen eigener Überzeugungen und Handlungen. Strategien umfassen das Einholen unabhängiger Meinungen, das Führen eines Investmenttagebuchs zur objektiven Bewertung von Entscheidungen und die Festlegung klarer, objektiv überprüfbarer Kriterien für Kauf- und Verkaufsentscheidungen, um die Entscheidungsfindung weniger emotional und konsistenter zu gestalten.1