Was sind Lagerbestände?
Lagerbestände bezeichnen die Menge an Waren, Gütern und Materialien, die ein Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorrätig hält. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des Umlaufvermögens in der Bilanz eines Unternehmens und fallen unter die Kategorie der Finanzbuchhaltung und Betriebswirtschaft. Die Lagerbestände können Rohstoffe, unfertige Erzeugnisse, Betriebsstoffe sowie fertige Produkte, auch Fertigerzeugnisse genannt, umfassen. Ein effizientes Bestandsmanagement ist entscheidend, um die operative Leistungsfähigkeit eines Unternehmens sicherzustellen und gleichzeitig die Kapitalbindung zu optimieren.
Geschichte und Ursprung
Die Notwendigkeit, Güter zu lagern, ist so alt wie der Handel selbst. Schon in frühen Zivilisationen wurden Vorräte an Lebensmitteln und Materialien angelegt, um saisonale Schwankungen auszugleichen oder Engpässe zu überbrücken. Mit der Industrialisierung und der Entstehung komplexerer Produktionsprozesse im 18. und 19. Jahrhundert wurde die Verwaltung von Lagerbeständen zunehmend wichtiger. Unternehmen mussten Rohstoffe für die Produktion bevorraten und fertige Produkte bis zum Verkauf lagern.
Im 20. Jahrhundert, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, führte die Globalisierung der Wirtschaft und die Entstehung längerer Lieferketten zu einer weiteren Professionalisierung der Lagerhaltung. Konzepte wie die Just-in-Time-Produktion, die in Japan entwickelt wurde, zielten darauf ab, die Lagerbestände zu minimieren, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Moderne Lagerverwaltungssysteme (WMS), die in den 1980er Jahren aufkamen, revolutionierten die Erfassung und Verwaltung von Lagerbeständen und ermöglichten Echtzeit-Transparenz und -Kontrolle. Die U.S. Census Bureau veröffentlicht seit Langem monatliche Daten zu den Lagerbeständen und Umsätzen im verarbeitenden Gewerbe und Handel, was die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Kennzahl unterstreicht.
Key Takeaways
- L23, 24, 25, 26agerbestände sind physische Güter, die ein Unternehmen zum Zwecke der Produktion oder des Verkaufs vorhält.
- Sie stellen einen wesentlichen Vermögenswert dar, der auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird.
- Die Höhe der Lagerbestände beeinflusst die Liquidität und die Betriebskosten eines Unternehmens.
- Effizientes Bestandsmanagement ist entscheidend, um die Lieferfähigkeit zu gewährleisten und gleichzeitig Kosten und Risiken zu minimieren.
- Die Bewertung von Lagerbeständen kann nach verschiedenen Methoden erfolgen, die sich auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung auswirken.
Formel und Berechnung
Während Lagerbestände selbst eine Mengen- oder Wertgröße darstellen, ist eine der wichtigsten Kennzahlen zur Interpretation von Lagerbeständen die Lagerumschlagshäufigkeit. Sie gibt an, wie oft der durchschnittliche Lagerbestand in einer bestimmten Periode (meist einem Geschäftsjahr) komplett verkauft oder verbraucht wurde.
Die Formel für die Lagerumschlagshäufigkeit lautet:
Dabei wird der durchschnittliche Lagerbestand wie folgt berechnet:
Die Kosten der verkauften Waren (COGS) umfassen alle direkten Kosten, die mit der Herstellung der von einem Unternehmen in einer bestimmten Periode verkauften Waren verbunden sind.
Interpretieren der Lagerbestände
Die Interpretation von Lagerbeständen ist entscheidend für die Beurteilung der Effizienz eines Unternehmens. Generell gilt:
- Hohe Lagerbestände: Können auf eine geringe Lagerumschlagshäufigkeit hindeuten. Dies bindet viel Kapital, erhöht die Lagerkosten (z.B. für Lagerhaltung, Versicherung, Veralterung) und birgt das Risiko von Wertminderungen durch Obsoleszenz oder Beschädigung. Ein hoher Bestand kann aber auch eine bewusste Strategie sein, um Lieferengpässe zu vermeiden oder von Mengenvorteilen zu profitieren.
- Niedrige Lagerbestände: Deuten auf eine hohe Lagerumschlagshäufigkeit und effizientes Bestandsmanagement hin. Dies reduziert die Kapitalbindung und die Lagerkosten. Allerdings besteht das Risiko von Lieferengpässen, Umsatzeinbußen und unzufriedenen Kunden, wenn die Nachfrage nicht gedeckt werden kann.
Die optimale Höhe der Lagerbestände hängt stark von der Branche, dem Geschäftsmodell und der Art der Produkte ab. Ein Lebensmittelhändler wird eine deutlich höhere Lagerumschlagshäufigkeit anstreben als ein Hersteller von Spezialmaschinen.
Hypothetisches Beispiel
Angenommen, ein Unternehmen, "Möbel-Profi GmbH", produziert und verkauft Bürostühle. Zum 1. Januar hat es einen Lagerbestand von 1.000 Stühlen im Wert von 100.000 Euro. Zum 31. Dezember desselben Jahres beträgt der Lagerbestand 800 Stühle im Wert von 80.000 Euro. Die Kosten der verkauften Waren für das Geschäftsjahr belaufen sich auf 450.000 Euro.
Zuerst berechnen wir den durchschnittlichen Lagerbestand:
Als Nächstes berechnen wir die Lagerumschlagshäufigkeit:
Dies bedeutet, dass Möbel-Profi GmbH seinen gesamten Lagerbestand an Bürostühlen im Laufe des Jahres durchschnittlich 5 Mal verkauft und ersetzt hat. Dieser Wert kann dann mit Branchen-Benchmarks verglichen werden, um die Effizienz des Unternehmens zu beurteilen.
Praktische Anwendungen
Lagerbestände sind in vielen Bereichen der Finanzwelt und des Unternehmensmanagements von Bedeutung:
- Finanzanalyse: Analysten bewerten die Lagerbestände, um die Effizienz des Bestandsmanagements, die Liquidität und die operative Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu beurteilen. Hohe oder schnell wachsende Lagerbestände im Verhältnis zum Umsatz können ein Warnsignal sein.
- Bilanzierung und Rechnungslegung: Lagerbestände sind eine wichtige Position im Umlaufvermögen einer Bilanz. Ihre Bewertung hat direkte Auswirkungen auf den ausgewiesenen Vermögenswert und die Kosten der verkauften Waren, was wiederum den Gewinn beeinflusst. Das U.S. Internal Revenue Service (IRS) bietet detaillierte Richtlinien zur Bewertung von Lagerbeständen für steuerliche Zwecke, einschließlich Methoden wie "Lower of Cost or Market" (LCM).
- Supply Chain Management: Die Optimierung der Lagerbestände ist ein zentrales Ziel im 21, 22Supply Chain Management. Unternehmen setzen fortschrittliche Planungssysteme ein, um die richtige Menge an Gütern zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben und gleichzeitig Lagerkosten zu minimieren.
- Wirtschaftsindikatoren: Volkswirtschaftlich aggregierte Lagerbestände und ihre Veränderungen sind wichtige Indikatoren für die Konjunktur. Sie geben Aufschluss über das Vertrauen von Unternehmen in die zukünftige Nachfrage und können auf bevorstehende Produktionsanpassungen hindeuten. Daten zu den gesamten Unternehmenslagerbeständen werden regelmäßig von Institutionen wie der Federal Reserve Bank of St. Louis (FRED) veröffentlicht.
Limitationen und Kritikpunkte
Obwohl Lagerbestände eine fundamentale Kennzahl sind, gibt es auch Ein20schränkungen und Kritikpunkte:
- Bewertungsmethoden: Die Wahl der Bestandsbewertungsmethode (z.B. FIFO, LIFO, gewichteter Durchschnitt) kann den ausgewiesenen Wert der Lagerbestände und damit den Gewinn erheblich beeinflussen, insbesondere in Zeiten schwankender Preise. Dies erschwert den direkten Vergleich zwischen Unternehmen, die unterschiedliche Methoden anwenden. Die IRS gibt an, dass die gewählte Methode konsistent angewendet werden muss.
- Qualität der Bestände: Die reine Wertangabe der Lagerbestände in der Bilanz gibt keine Auskunft über 19die Qualität oder Marktfähigkeit der gelagerten Güter. Veraltete, beschädigte oder schwer verkäufliche Produkte können den Wert in der Realität mindern, selbst wenn sie bilanziell noch geführt werden. In solchen Fällen können Abschreibungen erforderlich sein.
- Überbestände und Unterbestände: Ein hohes Niveau an Lagerbeständen kann auf Probleme im Absatz oder in der Produktion hindeuten und zu hohen Kosten führen. Im Jahr 2022 sahen sich beispielsweise große Einzelhändler wie Macy's und Nordstrom mit erheblichen Überbeständen konfrontiert, was zu Gewinnwarnungen und verstärkten Rabattaktionen führte, um die Ware abzubauen. Umgekehrt können zu niedrige Lagerbestände zu Fehlbeständen, verlorenen Umsätzen und Unzufriedenheit bei Kunden führen.
- Momentau18fnahme: Der Lagerbestand ist eine Stichtagsaufnahme. Er spiegelt nicht die Dynamik des Warenumschlags oder die saisonalen S17chwankungen wider, die für das Verständnis des Betriebs unerlässlich sind.
Lagerbestände vs. Lagerumschlagshäufigkeit
Oft werden die Begriffe Lagerbestände und Lagerumschlagshäufigkeit verwechselt oder synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Aspekte beleuchten.
Merkmal | Lagerbestände | Lagerumschlagshäufigkeit |
---|---|---|
Definition | Die Menge der physisch vorhandenen Waren zu einem Zeitpunkt. | Wie oft der Lagerbestand in einer Periode erneuert wird. |
Art der Kennzahl | Eine absolute Bestandsgröße (Menge oder Wert). | Eine Verhältniszahl (Rate, Effizienzmaß). |
Fokus | Statischer Wert des Vorratsvermögens. | Dynamik des Warenumschlags und der Verkaufseffizienz. |
Auswirkung auf Bilanz | Direkte Position im Umlaufvermögen. | Indirekte Auswirkung auf Kosten der verkauften Waren und Rentabilität. |
Interpretation | Zeigt das gebundene Kapital und die Vorratsmenge. | Zeigt die Effizienz der Lagerverwaltung und des Absatzes. |
Lagerbestände sind das "Was ist da?", während die Lagerumschlagshäufigkeit das "Wie schnell bewegt es sich?" beantwortet. Beide Kennzahlen sind komplementär und für eine umfassende Analyse der Bestandsverwaltung unerlässlich.
FAQs
1. Was gehört alles zu den Lagerbeständen?
Zu den Lagerbeständen gehören typischerweise Rohstoffe, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse und Fertigerzeugnisse. Im Handel zählen dazu die Waren, die für den Wiederverkauf bestimmt sind. Auch Waren, die sich nicht direkt im eigenen Lager befinden, aber Eigentum des Unternehmens sind (z.B. Transitware), können dazugehören.
2. Wie werden Lagerbestände in der Bilanz ausgewiesen?
Lagerbestände werden auf der Aktivseite der Bilanz unter dem Post13, 14, 15, 16en "Vorräte" als Teil des Umlaufvermögens ausgewiesen. Sie werden in der Regel zum Anschaffungs- oder Herstellungskostenprinzip bewertet, wobei das strenge Niederstwertprinzip anzuwenden ist, d.h. der niedrigere Wert aus Anschaffungskosten oder beizulegendem Zeitwert wird verwendet.
3. Warum sind hohe Lagerbestände ein Problem?
Hohe Lagerbestände binden Kapital, das an anderer Stelle im Unternehmen produktiver eingesetzt werden könnte. Dies führt 8, 9, 10, 11, 12zu höheren Kapitalbindungskosten. Zudem entstehen höhere Lagerkosten (Miete, Personal, Energie, Versicherung) und das Risiko von Veralterung, Beschädigung oder Wertverlust steigt. Dies kann die Liquidität eines Unternehmens negativ beeinflussen.
4. Was ist eine Inventur?
Eine Inventur ist die körperliche Bestandsaufnahme aller Ve6, 7rmögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag, typischerweise am Ende des Geschäftsjahres. Bei den Lagerbeständen bedeutet dies das Zählen, Messen oder Wiegen der physisch vorhandenen Güter, um den tatsächlichen Bestand festzustellen und mit den Buchbeständen abzugleichen.
5. Wie kann die Effizienz der Lagerbestände verbessert werden?
Die Effizienz der Lagerbestände kann durch ein optimiertes Bestandsmanagement, 5management) verbessert werden. Dazu gehören präzisere Nachfrageprognosen, die Optimierung von Bestellmengen und -frequenzen (z.B. kleinere, häufigere Bestellungen), die Reduzierung von Sicherheitsbeständen, der Einsatz von Lagerverwaltungssystemen und die Implementierung von Prinzipien wie Just-in-Time-Lieferungen. Das Aussortieren von langsam drehenden oder veralteten Produkten ist ebenfalls wichtig.1, 2, 3