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Nachschussforderung

Nachschussforderung

Was ist eine Nachschussforderung?

Eine Nachschussforderung (englisch: Margin Call) ist eine Aufforderung eines Brokerhauses oder Finanzinstituts an einen Händler oder Investor, zusätzliche Gelder oder Wertpapiere auf ein Handelskonto einzuzahlen, um die Erhaltungsmarge für offene Positionen aufrechtzuerhalten. Sie tritt typischerweise im Bereich des Margin-Handels oder bei bestimmten Anlagevehikeln auf und ist ein zentrales Element des Finanzrisikomanagements. Diese Forderung entsteht, wenn der Wert der Vermögenswerte auf dem Margin-Konto unter ein festgelegtes Minimum fällt, was meist auf ungünstige Marktbewegungen zurückzuführen ist. Wenn der Forderung nicht nachgekommen wird, können Broker Positionen schließen, um Verluste zu decken.

Geschichte und Ursprung

Das Konzept der Nachschussforderung ist untrennbar mit der Entwicklung des Margin-Handels verbunden, der historisch vor allem an den Rohstoff- und Aktienmärkten aufkam. Bereits im 19. Jahrhundert nutzten Investoren in den USA und Europa gehebelte Positionen. Die Notwendigkeit, Sicherheiten zu hinterlegen und bei ungünstigen Kursentwicklungen nachschießen zu müssen, wurde mit der zunehmenden Komplexität und Volatilität der Märkte evident. Insbesondere in Deutschland ist die Nachschussforderung historisch auch eng mit dem Gesellschaftsrecht verknüpft, speziell bei Gesellschaftsformen wie der Kommanditgesellschaft. Hier konnte es vorkommen, dass Kommanditisten über ihre ursprüngliche Einlage hinaus zu weiteren Beiträgen herangezogen wurden, oft bei Verlusten oder zur Deckung von Verbindlichkeiten. Ein bedeutendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2013 stellte beispielsweise klar, dass an Kommanditisten ausgeschüttete, nicht gewinngedeckte Beträge nur dann von der Gesellschaft zurückgefordert werden können, wenn dies im Gesellschaftsvertrag explizit vereinbart wurde.

Kernpunkte

  • Eine4 Nachschussforderung ist die Aufforderung, zusätzliche Sicherheit in einem Margin-Konto zu hinterlegen.
  • Sie entsteht, wenn der Wert der Sicherheiten unter ein erforderliches Minimum fällt, oft infolge negativer Marktbewegungen.
  • Ziele sind der Schutz des Brokers vor Verlusten und die Begrenzung des Risikos für den Händler.
  • Die Forderung muss innerhalb einer bestimmten Frist erfüllt werden, um eine zwangsweise Schließung von Positionen (Liquidation) zu vermeiden.
  • Im Gesellschaftsrecht kann eine Nachschussforderung eine Verpflichtung zu weiteren Kapitaleinlagen bedeuten, insbesondere bei bestimmten Partnerschaftsstrukturen.

Interpretation der Nachschussforderung

Eine Nachschussforderung ist ein Indikator für ein erhöhtes Risiko in einem Portfolio oder einer bestimmten Handelsstrategie. Im Kontext des Margin-Handels signalisiert sie, dass die Hebelwirkung der offenen Positionen, in Kombination mit den aktuellen Marktpreisen, dazu geführt hat, dass die hinterlegte Sicherheit nicht mehr ausreicht, um potenzielle Verluste zu decken. Investoren interpretieren eine solche Forderung als dringenden Handlungsbedarf: Entweder muss Kapital nachgeschossen oder Positionen reduziert werden. Im Bereich von Investmentfonds oder Beteiligungen in Personengesellschaften kann eine Nachschussforderung darauf hinweisen, dass der Fonds oder die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist und die Investoren gemäß ihrer vertraglichen Verpflichtungen zur Deckung von Verlusten oder zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs herangezogen werden.

Hypothetisches Beispiel

Angenommen, ein Investor eröffnet ein Margin-Konto bei einem Broker und hinterlegt 10.000 Euro Kapital. Mit einer Hebelwirkung von 1:2 kauft er Aktien im Wert von 20.000 Euro. Die erforderliche Initialmarge beträgt 50 % (also 10.000 Euro), und die Erhaltungsmarge liegt bei 25 % (5.000 Euro). Das bedeutet, solange der Wert der Aktien über 5.000 Euro (das ist der Betrag, bei dem das Eigenkapital des Investors 5.000 Euro beträgt, also 20.000 Euro Aktienwert - 15.000 Euro geliehenes Kapital = 5.000 Euro) liegt, gibt es keine Nachschussforderung.

Wenn der Wert der gekauften Aktien auf 15.000 Euro fällt, sinkt das Eigenkapital des Investors (Aktienwert minus geliehenes Kapital) auf 0 Euro (15.000 Euro Aktienwert – 10.000 Euro geliehenes Kapital = 5.000 Euro Eigenkapital). In diesem Moment erreicht das Eigenkapital des Investors die Erhaltungsmarge von 5.000 Euro. Der Broker sendet eine Nachschussforderung, die den Investor auffordert, weitere 5.000 Euro auf das Konto einzuzahlen, um die Erhaltungsmarge wiederherzustellen. Kommt der Investor dieser Forderung nicht nach, kann der Broker die Aktien verkaufen, um die ursprüngliche Marge wiederherzustellen oder die Verluste zu decken.

Praktische Anwendungen

Nachschussforderungen finden sich in verschiedenen Bereichen der Finanzmärkte und des Gesellschaftsrechts:

  • Margin-Handel: Dies ist die häufigste Form, bei der Broker im Aktienhandel, Devisenhandel oder beim Handel mit Derivaten wie Terminkontrakten oder im Optionshandel zusätzliche Deckung verlangen, wenn offene Positionen hohe Buchverluste aufweisen. Sie dienen dazu, die Solvenz des Kontos zu sichern und das Kreditrisiko des Brokers zu minimieren.
  • Alternative Investmentfonds (AIF): Bei 3bestimmten geschlossenen Fonds oder Private-Equity-Strukturen, die als Kommanditgesellschaft konzipiert sind, können Anleger vertraglich zu Nachschüssen verpflichtet sein, um beispielsweise weitere Investitionen des Fonds zu finanzieren oder Verluste auszugleichen. Derartige Verpflichtungen sind jedoch für Publikumsfonds (offene Investmentfonds für Kleinanleger) in Deutschland durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und die europäische AIFM-Richtlinie weitgehend ausgeschlossen. Die Haftung der Anleger ist hier in der Regel auf die gezeichnete Einlage beschränkt.
  • Unternehmensfinanzierung: In einigen seltenen2 Fällen, insbesondere bei notleidenden Unternehmen oder bestimmten Restrukturierungen, können Gesellschafter von den Gläubigern oder anderen Gesellschaftern zu weiteren Einlagen aufgefordert werden, um eine Insolvenz abzuwenden oder die Fortführung des Unternehmens zu sichern.

Einschränkungen und Kritik

Die Nachschussforderung birgt für Anleger, die gehebelte Positionen halten, erhebliche Risiken. Eine plötzliche und starke Marktbewegung gegen die Position kann zu einer Nachschussforderung führen, die innerhalb kurzer Zeit erfüllt werden muss. Gelingt dies nicht, droht die automatische Liquidation von Positionen, oft zu ungünstigen Preisen, was zu erheblichen und oft unerwartet hohen Verlusten führen kann. Dieses Szenario kann das ursprünglich investierte Kapital vollständig aufzehren und im Extremfall zu Verbindlichkeiten führen, die über die ursprüngliche Einlage hinausgehen. Im Kontext von Investmentfonds ist die Nachschussverpflichtung (die der Nachschussforderung vorausgeht) für Anleger in regulierten Publikumsfonds in Deutschland, wie von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erläutert, grundsätzlich ausgeschlossen, um Anlegerschutz zu gewährleisten. [https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Glossar/DetailGlossar/nachschussverpflichtung_node.html] Dennoch existieren in weniger regulierten oder speziellen Fondsstrukturen, insbesondere bei alternativen Anlagen für professionelle Anleger, weiterhin vertragliche Nachschussverpflichtungen. Ein Mangel an Transparenz über diese Klauseln oder unzureichendes Risikomanagement seitens des Anlegers kann zu finanziellen Schwierigkeiten führen.

Nachschussforderung vs. Haftung

Obwohl eng miteinander verbunden, unterscheiden sich "Nachschussforderung" und "Haftung" in ihrer Bedeutung und Anwendung im Finanzkontext.

| Merkmal | Nachschussforderung | Haftung * Definition: Die Nachschussforderung ist die Aufforderung, ein Margin-Konto mit zusätzlichen Mitteln oder Wertpapieren aufzufüllen. Die Haftung hingegen ist die juristische Verpflichtung, für Schäden oder Schuld1en einzustehen.

  • Anwendungsbereich: Eine Nachschussforderung ist primär im Kontext des Margin-Handels oder bei bestimmten vertraglichen Vereinbarungen in geschlossenen Beteiligungen relevant. Die Haftung ist ein grundlegendes Prinzip des gesamten Rechts, insbesondere des Zivil- und Gesellschaftsrechts, das die Verantwortlichkeiten von Individuen oder Unternehmen regelt.
  • Auslöser: Eine Nachschussforderung wird durch einen Rückgang des Marktwerts der gehaltenen Vermögenswerte unter ein bestimmtes Schwellenwertniveau ausgelöst. Die Haftung kann durch verschiedene Ereignisse entstehen, wie Vertragsverletzungen, unerlaubte Handlungen, oder auch durch die Rolle als Gesellschafter in einer Unternehmensform.
  • Konsequenz bei Nichterfüllung: Bei einer Nachschussforderung führt die Nichterfüllung in der Regel zur Liquidation der Positionen durch den Broker. Bei Haftung kann die Konsequenz die Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung, die Übernahme von Verlusten oder sogar die Beschlagnahme von Vermögenswerten sein, um den Verpflichtungen nachzukommen.

FAQs

1. Was passiert, wenn ich eine Nachschussforderung nicht erfülle?

Wenn Sie einer Nachschussforderung nicht nachkommen, hat Ihr Broker das Recht, Ihre offenen Positionen zwangsweise zu schließen (zu liquidieren), um die erforderliche Marge wiederherzustellen und sein eigenes Risiko zu minimieren. Dies kann zu erheblichen Verlusten führen, die über Ihre ursprüngliche Einlage hinausgehen können, wenn der Markt sich stark gegen Sie bewegt.

2. Können private Anleger in Deutschland eine Nachschussforderung von Investmentfonds erhalten?

Für private Anleger in regulierten Publikumsfonds (offene Investmentfonds) ist eine Nachschussforderung in Deutschland durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) grundsätzlich ausgeschlossen. Ihre Haftung ist in der Regel auf die Höhe Ihrer gezeichneten Einlage beschränkt. Bei einigen spezifischen oder weniger regulierten alternativen Investmentfonds, insbesondere für professionelle Anleger, können vertragliche Nachschussverpflichtungen jedoch weiterhin bestehen.

3. Wie kann ich eine Nachschussforderung vermeiden?

Um eine Nachschussforderung zu vermeiden, sollten Sie immer über ausreichend Kapital auf Ihrem Margin-Konto verfügen, um ungünstige Marktbewegungen abfedern zu können. Eine konservative Hebelwirkung, das Setzen von Stop-Loss-Orders und ein aktives Risikomanagement sind ebenfalls wichtige Strategien. Vermeiden Sie es, das gesamte verfügbare Margin-Konto auszuschöpfen, um einen Puffer für unerwartete Kursschwankungen zu haben.

4. Gilt eine Nachschussforderung auch bei Futures oder Optionen?

Ja, Nachschussforderungen sind bei gehebelten Produkten wie Futures und Optionen sehr häufig. Bei diesen Produkten müssen Anleger in der Regel eine Initialmarge und eine Erhaltungsmarge hinterlegen. Sinkt der Wert des Kontos unter die Erhaltungsmarge, wird eine Nachschussforderung ausgelöst.

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