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Optionsbewertung

Was ist Optionsbewertung?

Optionsbewertung bezieht sich auf den Prozess der Bestimmung des fairen theoretischen Werts einer Option zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dieser Prozess ist ein zentraler Bestandteil der Finanzmärkte und der breiteren Kategorie der Finanzmodellierung. Durch die Optionsbewertung können Anleger und Händler einschätzen, ob eine Option über- oder unterbewertet ist, und somit fundierte Entscheidungen bezüglich Kauf, Verkauf oder Absicherung treffen.

Geschichte und Ursprung

Die theoretische Optionsbewertung erhielt einen entscheidenden Impuls durch die Veröffentlichung des Black-Scholes-Modell im Jahr 1973. Dieses bahnbrechende Modell, entwickelt von Fischer Black und Myron Scholes und später von Robert C. Merton erweitert, bot einen mathematischen Rahmen zur Preisgestaltung europäischer Optionen. Die Veröffentlichung ihres Artikels "The Pricing of Options and Corporate Liabilities" im Journal of Political Economy fiel zeitlich mit der Eröffnung der Chicago Board Options Exchange (CBOE) zusammen und trug maßgeblich zum Wachstum des Derivathandels bei. Das Modell 6war revolutionär, da es zeigte, wie der Preis einer Option aus verschiedenen zugrunde liegenden Faktoren abgeleitet werden kann, ohne die erwartete Rendite des Basiswerts direkt berücksichtigen zu müssen.

Wichtige Erkenntnisse

  • Optionsbewertung ist die Schätzung des fairen theoretischen Werts eines Optionskontrakts.
  • Das Black-Scholes-Modell ist das bekannteste und am weitesten verbreitete Modell zur Optionsbewertung.
  • Wichtige Einflussfaktoren auf den Optionswert sind der Preis des Basiswerts, der Ausübungspreis, die Volatilität, der risikofreie Zinssatz und die verbleibende Laufzeit bis zum Verfallsdatum.
  • Optionsbewertung hilft dabei, potenzielle Arbitrage-Möglichkeiten zu identifizieren und die Risikomanagementstrategien von Derivaten zu verbessern.

Formel und Berechnung

Das Black-Scholes-Modell ist die am häufigsten verwendete Formel zur Optionsbewertung für europäische Call- und Put-Optionen.

Die Formel für eine europäische Call-Option lautet:

C=S0N(d1)KerTN(d2)C = S_0 N(d_1) - K e^{-rT} N(d_2)

Die Formel für eine europäische Put-Option lautet:

P=KerTN(d2)S0N(d1)P = K e^{-rT} N(-d_2) - S_0 N(-d_1)

Wobei:

  • (C) = Preis der Call-Option
  • (P) = Preis der Put-Option
  • (S_0) = Aktueller Preis des Basiswerts (z.B. Aktie)
  • (K) = Ausübungspreis der Option
  • (T) = Zeit bis zum Verfallsdatum (in Jahren)
  • (r) = Risikofreier Zinssatz (kontinuierlich verzinst)
  • (N(x)) = Kumulative Standardnormalverteilungsfunktion
  • (e) = Eulersche Zahl (Basis des natürlichen Logarithmus)

Die Hilfsvariablen (d_1) und (d_2) werden wie folgt berechnet:

d1=ln(S0K)+(r+σ22)TσTd_1 = \frac{\ln\left(\frac{S_0}{K}\right) + \left(r + \frac{\sigma^2}{2}\right)T}{\sigma\sqrt{T}}

d2=d1σTd_2 = d_1 - \sigma\sqrt{T}

Wobei:

  • (\ln) = Natürlicher Logarithmus
  • (\sigma) = Volatilität des Basiswerts (Standardabweichung der logarithmischen Renditen)

Interpretation der Optionsbewertung

Die durch die Optionsbewertung, insbesondere mittels des Black-Scholes-Modell, ermittelte Kennzahl ist der theoretische faire Wert einer Option. Dieser Wert setzt sich typischerweise aus zwei Komponenten zusammen: dem inneren Wert und dem Zeitwert. Der innere Wert ist die Differenz zwischen dem Preis des Basiswerts und dem Ausübungspreis, sofern die Option im Geld ist. Der Zeitwert hingegen ist der Betrag, den Anleger bereit sind zu zahlen, in der Erwartung, dass die Option bis zum Verfallsdatum an Wert gewinnt.

Ein positiv bewerteter Optionspreis impliziert nicht automatisch einen Kauf, sondern dient als Benchmark für Marktpreise. Wenn der Marktpreis einer Option unter ihrem theoretischen Wert liegt, könnte dies auf eine Unterbewertung hindeuten. Liegt er darüber, könnte eine Überbewertung vorliegen. Diese Interpretation ermöglicht es Händlern, Entscheidungen basierend auf der Abweichung vom fairen Wert zu treffen.

Hypothetisches Beispiel

Angenommen, eine europäische Call-Option auf die Aktie XYZ hat die folgenden Parameter:

Berechnung von (d_1):
d1=ln(100100)+(0.02+0.2022)10.201=0+(0.02+0.02)0.20=0.040.20=0.20d_1 = \frac{\ln\left(\frac{100}{100}\right) + \left(0.02 + \frac{0.20^2}{2}\right)1}{0.20\sqrt{1}} = \frac{0 + (0.02 + 0.02)}{0.20} = \frac{0.04}{0.20} = 0.20

Berechnung von (d_2):
d2=0.200.201=0.200.20=0d_2 = 0.20 - 0.20\sqrt{1} = 0.20 - 0.20 = 0

Nun benötigen wir (N(d_1)) und (N(d_2)) aus der Standardnormalverteilungstabelle:

  • (N(0.20)) ist ungefähr 0.5793
  • (N(0)) ist ungefähr 0.5000

Einsetzen in die Call-Optionsformel:
C=100×0.5793100×e0.02×1×0.5000C = 100 \times 0.5793 - 100 \times e^{-0.02 \times 1} \times 0.5000
C=57.93100×0.98019×0.5000C = 57.93 - 100 \times 0.98019 \times 0.5000
C=57.9349.0095C = 57.93 - 49.0095
C8.92 EURC \approx 8.92 \text{ EUR}

Der theoretische faire Wert dieser Call-Option liegt bei etwa 8,92 EUR.

Praktische Anwendungen

Die Optionsbewertung findet breite Anwendung in verschiedenen Bereichen des Finanzwesens:

  • Handel und Investitionen: Händler nutzen Optionsbewertungsmodelle, um den fairen Wert von Derivaten zu bestimmen und Handelsstrategien zu entwickeln, die von Preisabweichungen profitieren. Die zunehmende Nutzung von Optionen in den USA unterstreicht die Relevanz präziser Bewertungsverfahren, wobei das Optionsvolumen an der Cboe in den letzten Jahren kontinuierlich Rekorde bricht.
  • Risikomanagement: Finanzinstitute und5 Unternehmen setzen Optionsbewertungen ein, um das Risiko ihrer Optionspositionen zu managen und Hedging-Strategien zu implementieren. Die Bewertung hilft, die Empfindlichkeit des Optionswerts gegenüber Änderungen der Marktparameter (bekannt als "Greeks") zu quantifizieren.
  • Portfolioverwaltung: Portfolio-Manager nutzen die Optionsbewertung, um Optionen in ihre Anlagestrategien zu integrieren, sei es zur Erzielung von Erträgen, zur Absicherung gegen fallende Aktienkurse oder zur Generierung von Hebelwirkungen.
  • Unternehmensfinanzierung und Steuern: Für private Unternehmen, die Mitarbeiteraktienoptionen ausgeben, ist eine präzise Optionsbewertung unerlässlich, um die Compliance mit steuerlichen Vorschriften wie Section 409A des US-Steuergesetzbuches zu gewährleisten. Eine korrekte Bewertung ist entscheidend, um Strafen für nicht konforme Optionsausgaben zu vermeiden. Dies stellt sicher, dass der Ausübungspreis dem beizulegenden Zeitwert der Stammaktien zum Zeitpunkt der Gewährung entspricht.

Einschränkungen und Kritik

Obwohl Modelle zur Optionsbewertung wie das Black-Scholes-Modell weit verbreitet sind, unterliegen sie bestimmten Einschränkungen und werden kritisiert:

  • Annahmen der Modelle: Das Black-Scholes-Modell basiert auf mehreren Annahmen, die in der Realität oft nicht zutreffen. Dazu gehören die Annahme einer konstanten Volatilität, eines konstanten risikofreien Zinssatzes, der Abwesenheit von Transaktionskosten und Steuern sowie die Möglichkeit einer kontinuierlichen Absicherung. Diese idealisierten Bedingungen werden an realen [Finanzmärkt3e](https://diversification.com/term/finanzmaerkte)n selten vollständig erfüllt.
  • Volatilitäts-Smile und -Skew: Die Annahme konstanter Volatilität führt dazu, dass das Modell die empirisch beobachteten Volatilitäts-Smiles und -Skews nicht erklären kann, bei denen die implizite Volatilität je nach Ausübungspreis und Laufzeit variiert. Dies erfordert oft Anpassungen oder die Verwendung komplexerer Modelle 2wie stochastischer Volatilitätsmodelle oder des Binomialmodells.
  • Dividenden und Amerikanische Optionen: Das ursprüngliche Black-Scholes-Modell ist für europäische Optionen konzipiert, die nur am Verfallsdatum ausgeübt werden können. Für amerikanische Optionen, die jederzeit vor dem Verfall ausgeübt werden dürfen, sowie für Optionen auf dividendenzahlende Aktien sind Modifikationen oder andere Bewertungsansätze erforderlich.
  • Extreme Marktbedingungen: In Zeiten hoher Marktvolatilität oder finanzieller Krisen können die Modelle von den tatsächlichen Marktpreisen abweichen, da sie plötzliche, große Preisbewegungen ("Jumps") nicht adäquat berücksichtigen.

Optionsbewertung vs. Optionspreis

Obwohl die Begriffe Optionsbewertung und [Optionsp1reis](https://diversification.com/term/optionspreis) oft synonym verwendet werden, gibt es einen feinen, aber wichtigen Unterschied. Die Optionsbewertung bezieht sich auf den Prozess der Berechnung eines theoretischen fairen Werts einer Option unter Verwendung eines Modells, wie dem Black-Scholes-Modell. Dieser Wert ist eine Schätzung dessen, was die Option basierend auf ihren zugrunde liegenden Parametern wert sein sollte. Der Optionspreis hingegen ist der tatsächliche Marktpreis, zu dem eine Option an einer Börse gehandelt wird. Dieser Preis wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt und kann von dem theoretischen Wert abweichen. Während die Optionsbewertung ein Werkzeug ist, um eine fundierte Meinung über den Wert zu bilden, ist der Optionspreis die Realität des Marktes. Anleger vergleichen oft den bewerteten Optionswert mit dem Marktpreis, um potenzielle Kauf- oder Verkaufsmöglichkeiten zu identifizieren.

FAQs

1. Was sind die Hauptfaktoren, die den Wert einer Option beeinflussen?

Die Hauptfaktoren, die den Wert einer Option beeinflussen, sind der aktuelle Preis des Basiswerts, der Ausübungspreis, die verbleibende Zeit bis zum Verfallsdatum, die erwartete Volatilität des Basiswerts, und der risikofreie Zinssatz.

2. Warum ist die Volatilität so wichtig für die Optionsbewertung?

Die Volatilität ist ein entscheidender Faktor, da sie das Ausmaß der erwarteten Preisschwankungen des Basiswerts darstellt. Eine höhere erwartete Volatilität erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Option im Geld landet oder weiter ins Geld rückt, was ihren Zeitwert und damit ihren Gesamtwert erhöht, sowohl für Call- als auch für Put-Optionen.

3. Kann Optionsbewertung für jede Art von Option verwendet werden?

Während grundlegende Modelle wie das Black-Scholes-Modell hauptsächlich für europäische Optionen auf Aktien entwickelt wurden, gibt es angepasste Modelle und numerische Methoden (wie das Binomialmodell oder Monte-Carlo-Simulationen) zur Bewertung komplexerer Optionen, wie z.B. amerikanische Optionen, exotische Optionen oder Optionen auf andere Arten von Vermögenswerten (z.B. Rohstoffe, Währungen).

4. Was ist der Unterschied zwischen innerem Wert und Zeitwert einer Option?

Der innere Wert ist der sofortige Gewinn, den man durch die Ausübung einer Option erzielen könnte. Für eine Call-Option ist dies der Aktienkurs minus dem Ausübungspreis, falls positiv; für eine Put-Option ist es der Ausübungspreis minus dem Aktienkurs, falls positiv. Der Zeitwert ist der Teil des Optionspreises, der über dem inneren Wert liegt. Er repräsentiert den Wert der Möglichkeit, dass die Option in Zukunft noch profitabler wird, und schwindet mit der verbleibenden Laufzeit bis zum Verfall.

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