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Erwartete rendite

Was ist Erwartete Rendite?

Die erwartete Rendite ist die hypothetische Rendite, die ein Anleger von einer Anlage oder einem Portfolio über einen bestimmten Zeitraum in der Zukunft zu erzielen hofft. Sie ist ein fundamentaler Baustein der Portfoliotheorie und dient als zentrale Kennzahl bei Anlageentscheidungen. Die erwartete Rendite wird nicht garantiert und ist eine Schätzung, die auf verschiedenen Annahmen und Daten basiert, darunter historische Performance, aktuelle Marktbedingungen und ökonomische Prognosen. Sie ist entscheidend für das Risikomanagement und hilft Anlegern, potenzielle Erträge im Verhältnis zum eingegangenen Risiko zu bewerten.

Geschichte und Ursprung

Das Konzept der erwarteten Rendite ist untrennbar mit der Entwicklung der modernen Portfoliotheorie (MPT) verbunden, die von Harry Markowitz in seiner 1952 im Journal of Finance veröffentlichten Arbeit "Portfolio Selection" vorgestellt wurde. Markowitz revolutionierte die Art und Weise, wie Investoren über Risiko und Rendite nachdachten, indem er ein mathematisches Rahmenwerk für die Konstruktion effizienter Portfolios einführte. Seine Theorie formalisierte die Idee, dass Anleger bei der Auswahl von Anlagen nicht nur die erwartete Rendite, sondern auch das erwartete Risiko (gemessen an der Volatilität der Renditen) berücksichtigen sollten. Für seine Arbeit, die die Grundlage für das moderne Portfoliomanagement legte, wurde Markowitz 1990 mit dem Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet.

Wichtigste 8, 9, 10Erkenntnisse

  • Die erwartete Rendite ist eine zukunftsgerichtete Schätzung des potenziellen Gewinns einer Anlage.
  • Sie ist keine Garantie und kann erheblich von der tatsächlichen Rendite abweichen.
  • Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Risikobewertung und der Konstruktion von Portfolios, insbesondere im Rahmen der modernen Portfoliotheorie.
  • Die Berechnung berücksichtigt in der Regel gewichtete Durchschnitte möglicher Ergebnisse und deren Wahrscheinlichkeiten.
  • Die Genauigkeit der erwarteten Rendite hängt stark von der Qualität der zugrunde liegenden Annahmen und Daten ab.

Formel und Berechnung

Die erwartete Rendite eines einzelnen Vermögenswerts oder Portfolios wird in der Regel als gewichteter Durchschnitt aller möglichen Renditen berechnet, wobei jede Rendite mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert wird.

Für einen einzelnen Vermögenswert kann die Formel wie folgt dargestellt werden:

E(R)=i=1n(Ri×Pi)E(R) = \sum_{i=1}^{n} (R_i \times P_i)

Wo:

  • ( E(R) ) = Erwartete Rendite
  • ( R_i ) = Mögliche Rendite im Szenario ( i )
  • ( P_i ) = Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Szenario ( i )
  • ( n ) = Anzahl der Szenarien

Für ein Portfolio, das aus mehreren Vermögenswerten besteht, ist die erwartete Rendite der gewichtete Durchschnitt der erwarteten Renditen der einzelnen Vermögenswerte:

E(Rp)=j=1m(wj×E(Rj))E(R_p) = \sum_{j=1}^{m} (w_j \times E(R_j))

Wo:

  • ( E(R_p) ) = Erwartete Rendite des Portfolios
  • ( w_j ) = Gewicht (Anteil) des Vermögenswerts ( j ) im Portfolio
  • ( E(R_j) ) = Erwartete Rendite des Vermögenswerts ( j )
  • ( m ) = Anzahl der Vermögenswerte im Portfolio

Diese Berechnungen erfordern Schätzungen für zukünftige Kapitalertrag- und Dividenden-Leistungen sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeiten.

Interpretation der Erwarteten Rendite

Die Interpretation der erwarteten Rendite ist entscheidend für fundierte Finanzentscheidungen. Eine höhere erwartete Rendite wird oft mit einem höheren Risiko verbunden, ein Konzept, das als Risikoprämie bekannt ist. Anleger müssen ihre eigene Risikobereitschaft sorgfältig gegen die erwartete Rendite abwägen. Ein rationaler Anleger würde unter sonst gleichen Bedingungen ein Portfolio mit einer höheren erwarteten Rendite bevorzugen oder ein geringeres Risiko bei gleicher erwarteter Rendite eingehen. Diese Kennzahl wird verwendet, um verschiedene Anlageoptionen zu vergleichen, von einzelnen Aktien über Anleihen bis hin zu komplexen Derivaten. Sie bietet eine Schätzung des potenziellen finanziellen Nutzens einer Investition, noch bevor tatsächliche Ergebnisse erzielt werden.

Hypothethisches Beispiel

Stellen Sie sich vor, Sie erwägen eine Investition in ein kleines Technologieunternehmen. Sie analysieren drei mögliche Szenarien für die erwartete Rendite über das nächste Jahr:

  1. Best-Case-Szenario: Das Unternehmen bringt ein erfolgreiches neues Produkt auf den Markt. Es gibt eine 30%ige Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario, mit einer erwarteten Rendite von +20%.
  2. Moderate-Case-Szenario: Das Unternehmen wächst stetig, ohne große neue Produkteinführungen. Es gibt eine 50%ige Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario, mit einer erwarteten Rendite von +8%.
  3. Worst-Case-Szenario: Das Unternehmen erlebt Verzögerungen oder einen Rückschlag. Es gibt eine 20%ige Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario, mit einer erwarteten Rendite von -5%.

Die erwartete Rendite dieser Investition würde wie folgt berechnet:

( E(R) = (0,20 \times 0,30) + (0,08 \times 0,50) + (-0,05 \times 0,20) )
( E(R) = 0,06 + 0,04 - 0,01 )
( E(R) = 0,09 )

Die erwartete Rendite für diese Investition beträgt 9 %. Dieses Beispiel veranschaulicht, wie Anleger verschiedene Zukunftsaussichten und deren Wahrscheinlichkeiten in die Bewertung potenzieller Erträge einbeziehen. Die Berücksichtigung solcher Szenarien ist ein Kernbestandteil von fundierten Finanzmodelle.

Praktische Anwendungen

Die erwartete Rendite ist ein Eckpfeiler in der Welt der Finanzen und findet in verschiedenen Bereichen praktische Anwendung:

  • Portfolioallokation: Anleger nutzen die erwartete Rendite, um zu entscheiden, wie sie ihr Kapital auf verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und andere Vermögenswerte aufteilen. Dies ist ein Kernelement der Diversifikation und der Portfoliooptimierung.
  • Kapitalbudgetierung: Unternehmen verwenden erwartete Renditen, um die Rentabilität potenzieller Projekte und Investitionen zu bewerten und so strategische Entscheidungen über die Kapitalallokation zu treffen.
  • Bewertung von Vermögenswerten: Analysten schätzen die erwartete Rendite eines Unternehmens oder einer Anlage, um deren fairen Wert zu bestimmen und Kauf- oder Verkaufsempfehlungen abzugeben.
  • Risikobewertung: Die erwartete Rendite wird oft in Verbindung mit Risikomaßen (wie der Standardabweichung) verwendet, um das Rendite-Risiko-Verhältnis einer Anlage zu bewerten.
  • Regulatorische Offenlegungen: Finanzinstitute und Anlageberater sind oft verpflichtet, Anlegern Informationen über erwartete Renditen und die damit verbundenen Risiken zur Verfügung zu stellen. Die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) veröffentlicht Leitlinien zur Offenlegung von Performance-Informationen, die auch die Handhabung von zukunftsgerichteten Angaben betreffen können. Auch wenn die SEC keine spezifische "erwartete Rendite" vorschreibt, betont 7sie die Notwendigkeit von klaren und nicht irreführenden Informationen, insbesondere bei der Darstellung von historischen und hypothetischen Performance-Daten.

In der aktuellen Marktlage beeinflussen Faktoren wie Zinspolitik und geopoli6tische Unsicherheiten die Einschätzung der erwarteten Renditen maßgeblich. Experten diskutieren fortlaufend über die besten Methoden zur Prognose zukünftiger Marktgegebenheiten.

Grenzen und Kritikpunkte

Trotz ihrer weiten Verbreitung unterliegt die erwar5tete Rendite mehreren wichtigen Einschränkungen:

  • Zukunftsunsicherheit: Die erwartete Rendite ist eine Prognose und die Zukunft ist ungewiss. Die tatsächliche Rendite kann erheblich von der Erwartung abweichen, da unvorhersehbare Ereignisse (Marktbedingungen, Wirtschaftskrisen) eintreten können.
  • Annahmen: Die Berechnung basiert auf Annahmen über Wahrscheinlichkeiten und mögliche Renditen, die selbst Schätzungen sind und Ungenauigkeiten enthalten können. Kleine Änderungen in diesen Annahmen können zu großen Unterschieden in der erwarteten Rendite führen.
  • Modellrisiko: Die verwendeten Finanzmodelle zur Schätzung der erwarteten Rendite können fehlerhaft sein oder bestimmte Faktoren nicht ausreichend berücksichtigen. Wissenschaftliche Forschung zeigt, dass die Vorhersagekraft von Modellen für langfristige erwartete Renditen variieren kann. Eine Studie aus dem Jahr 2023 beleuchtet die Herausforderungen bei der Schätzung langfristiger e4rwarteter Renditen und vergleicht verschiedene Rahmenwerke zur Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit.
  • Rationales Anlegerverhalten: Die MPT, die die erwartete Rendite in den Mittelpunkt stellt3, nimmt an, dass Anleger rational handeln. In der Realität können psychologische Faktoren das Anlageverhalten beeinflussen und zu suboptimalen Entscheidungen führen.
  • Begrenzte Daten: Für neue Anlagen oder Märkte sind möglicherweise keine ausreichenden historischen Daten verfügbar, um verlässliche Schätzungen der erwarteten Rendite vorzunehmen.

Die Komplexität der Prognose von Renditen ist ein fortwährendes Thema in der Finanzforschung, wobei die Genauigkeit der Vorhersagen eine Herausforderung bleibt.

Erwartete Rendite vs. Historische Rendite

Die erwartete Rendite und die [historische Rendite](https://d[1](https://storre.stir.ac.uk/bitstream/1893/30639/1/US%20Forec%20New_revised2.pdf), 2iversification.com/term/historische-rendite) sind zwei unterschiedliche, aber miteinander verbundene Konzepte im Finanzwesen.

MerkmalErwartete RenditeHistorische Rendite
FokusZukunftsgerichtet (Prognose)Vergangenheitsorientiert (Tatsächliche Leistung)
ZweckAnlageentscheidungen, Portfolioplanung, PrognosenLeistungsbewertung, Trendanalyse, Ausgangspunkt für Erwartungen
GrundlageWahrscheinlichkeiten, Annahmen, ModelleTatsächliche Kursbewegungen, Dividenden
NaturHypothetisch, unsicherFaktisch, bekannt

Während die historische Rendite misst, was eine Anlage tatsächlich in der Vergangenheit erwirtschaftet hat, ist die erwartete Rendite eine Einschätzung dessen, was sie voraussichtlich in der Zukunft erwirtschaften wird. Anleger nutzen historische Renditen oft als einen Datenpunkt bei der Formulierung ihrer Erwartungen für die zukünftige Performance, es ist jedoch entscheidend zu verstehen, dass die Wertentwicklung in der Vergangenheit kein Indikator für zukünftige Ergebnisse ist.

FAQs

1. Ist die erwartete Rendite eine Garantie?

Nein, die erwartete Rendite ist niemals eine Garantie. Sie ist eine fundierte Schätzung oder Prognose, die auf verschiedenen Annahmen und Analysen basiert. Die tatsächliche Rendite kann aufgrund unvorhergesehener Marktbedingungen oder Ereignisse erheblich abweichen.

2. Wie oft sollte die erwartete Rendite neu bewertet werden?

Die Neubewertung der erwarteten Rendite hängt von der Art der Anlage und der Volatilität der Märkte ab. Für langfristige Finanzplanung kann eine jährliche Überprüfung ausreichend sein, während professionelle Anleger oder Händler, die kurzfristige Strategien verfolgen, dies wesentlich häufiger tun könnten, insbesondere bei signifikanten Wirtschaftsänderungen oder der Veröffentlichung neuer Daten.

3. Was ist der Unterschied zwischen erwarteter Rendite und risikofreier Rendite?

Die erwartete Rendite ist die geschätzte Gesamtrendite einer Anlage, die sowohl die Risikoprämie für das eingegangene Risiko als auch den Zeitwert des Geldes berücksichtigt. Die risikofreie Rendite hingegen ist die theoretische Rendite einer risikofreien Anlage (z.B. eine kurzfristige Staatsanleihe), bei der das Ausfallrisiko als vernachlässigbar gering angesehen wird. Die erwartete Rendite liegt in der Regel über der risikofreien Rendite, um das zusätzliche Risiko zu kompensieren.

4. Können Anleger die erwartete Rendite selbst berechnen?

Ja, Kleinanleger können die erwartete Rendite für einfache Portfolios selbst berechnen, indem sie die oben genannten Formeln verwenden und öffentlich verfügbare Daten sowie eigene Annahmen über zukünftige Wahrscheinlichkeiten einbeziehen. Für komplexere Finanzmodelle und Vermögenswerte ist jedoch oft die Expertise von Finanzprofis oder spezielle Software erforderlich.

5. Welche Rolle spielt die erwartete Rendite bei der Diversifikation?

Die erwartete Rendite spielt eine zentrale Rolle bei der Diversifikation, da sie es Anlegern ermöglicht, die potenziellen Erträge verschiedener Anlageklassen oder Wertpapiere zu vergleichen. Durch die Kombination von Vermögenswerten mit unterschiedlichen erwarteten Renditen und Korrelationen können Anleger ein Portfolio konstruieren, das ein optimales Gleichgewicht zwischen erwarteter Rendite und Risikobereitschaft bietet.