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Kapitalerhoehung

Was ist eine Kapitalerhöhung?

Eine Kapitalerhöhung bezeichnet die Erhöhung des Grundkapitals oder Stammkapitals einer Gesellschaft durch die Ausgabe neuer Aktien oder Geschäftsanteile. Dies ist eine zentrale Maßnahme im Bereich der Unternehmensfinanzierung, bei der ein Unternehmen zusätzliches Eigenkapital von Investoren aufnimmt. Die Kapitalerhöhung kann aus verschiedenen Gründen erfolgen, beispielsweise zur Finanzierung von Wachstumsprojekten, zur Stärkung der Bilanz oder zur Reduzierung von Schulden. Durch die Ausgabe neuer Anteile wird das gezeichnete Kapital der Gesellschaft erhöht.

Geschichte und Ursprung

Die Möglichkeit der Kapitalerhöhung ist untrennbar mit der Entwicklung des modernen Gesellschaftsrechts und der Entstehung von Aktiengesellschaften verbunden. In Deutschland ist die Kapitalerhöhung primär im Aktiengesetz (AktG) für Aktiengesellschaften und im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) für GmbHs geregelt. Das Aktiengesetz, dessen erste Fassung auf das Jahr 1884 zurückgeht und das 1965 umfassend neu gefasst wurde, legt die verschiedenen Formen der Kapitalerhöhung und die damit verbundenen Anforderungen fest.

Historisch geseh9, 10en wurden Kapitalerhöhungen eingesetzt, um den wachsenden Finanzierungsbedarf von Industrieunternehmen im Zuge der Industrialisierung zu decken. Große Projekte wie der Eisenbahnbau oder die Expansion von Banken und Schwerindustrie erforderten erhebliche Mengen an Kapital, die über traditionelle Bankkredite allein oft nicht darstellbar waren. So spielte die Deutsche Bank beispielsweise eine maßgebliche Rolle bei der Finanzierung von Anleiheemissionen großer deutscher Unternehmen und der Einführung chemischer Unternehmen an die Börse im späten 19. Jahrhundert. Die Vorschriften zur Kapitalerhöhung entwickelten sich parallel zur Unternehmensstruktur, wobei die Konzentration des Aktienkapitals in Deutschland im frühen 20. Jahrhundert zunahm und die Gesetzgebung die Flexibilität zur Kapitalaufnahme für Unternehmen schuf.

Wichtige Erkenntnisse

  • 8 Eine Kapitalerhöhung dient dazu, Unternehmen frisches Eigenkapital zuzuführen, meist zur Finanzierung von Wachstum oder zur Stärkung der Bilanz.
  • Es gibt verschiedene Arten der Kapitalerhöhung, darunter die ordentliche Kapitalerhöhung gegen Einlagen, die genehmigte Kapitalerhöhung und die bedingte Kapitalerhöhung.
  • Bestehende Aktionäre haben oft ein Bezugsrecht, um ihren prozentualen Anteil am Unternehmen zu wahren und eine Aktienverwässerung zu vermeiden.
  • Die Entscheidung über eine Kapitalerhöhung trifft in der Regel die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft.
  • Eine Kapitalerhöhung kann, muss aber nicht zwangsläufig zu einer sofortigen Wertminderung des Aktienkurses führen; der langfristige Effekt hängt von der Verwendung des Kapitals ab.

Formel und Berechnung

Die Kapitalerhöhung selbst ist keine Formel im Sinne einer Kennzahl, sondern ein Vorgang, der bestimmte Berechnungen erfordert. Eine zentrale Berechnung bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung ist die des Bezugsverhältnisses und des Bezugsrechtswerts.

Bezugsverhältnis (BV):

BV=Anzahl alter AktienAnzahl neuer AktienBV = \frac{\text{Anzahl alter Aktien}}{\text{Anzahl neuer Aktien}}

Dieses Verhältnis gibt an, wie viele alte Aktien benötigt werden, um eine neue Aktie zu beziehen.

Theoretischer Wert des Bezugsrechts (TWR):
Der theoretische Wert des Bezugsrechts gibt an, welchen Wert das Bezugsrecht pro alter Aktie hat, bevor die neuen Aktien ausgegeben werden und der Kurs der alten Aktien infolgedessen sinkt.

TWR=Kurs der alten AktieEmissionskurs der neuen AktieBV+1TWR = \frac{\text{Kurs der alten Aktie} - \text{Emissionskurs der neuen Aktie}}{BV + 1}

Dabei ist:

  • Kurs der alten Aktie: Der Börsenkurs der Aktie vor der Kapitalerhöhung.
  • Emissionskurs der neuen Aktie: Der Preis, zu dem die neuen Aktien ausgegeben werden (Emissionskurs).
  • BV: Das berechnete Bezugsverhältnis.

Nach der Kapitalerhöhung passt sich der Aktienkurs an den geringeren Wert an, was als "Ex-Bezugsrecht-Kurs" bezeichnet wird.

Interpretation der Kapitalerhöhung

Die Interpretation einer Kapitalerhöhung hängt stark von den Umständen ab. Für ein Unternehmen ist sie ein Mittel zur Beschaffung von Liquidität und zur Stärkung der Finanzstruktur. Eine Kapitalerhöhung kann ein Zeichen für Expansion und Investitionen in die Zukunft sein, was von Investoren positiv aufgenommen werden kann, wenn die Mittel in vielversprechende Projekte fließen. In solchen Fällen kann die Unternehmensbewertung langfristig steigen.

Für bestehende Aktionäre ist die Kapitalerhöhung ein zweischneidiges Schwert. Ohne die Ausübung ihrer Bezugsrechte führt sie zu einer Aktienverwässerung, da ihr prozentualer Anteil am Unternehmen sinkt und damit auch ihr Stimmrecht und ihr Anteil am zukünftigen Gewinn. Wenn Aktionäre ihre Bezugsrechte ausüben, müssen sie zusätzliches Kapital investieren, um ihren Anteil zu halten. Die Börse reagiert auf Ankündigungen von Kapitalerhöhungen oft sensibel, da ein erhöhtes Angebot an Aktien kurzfristig den Kurs unter Druck setzen kann, insbesondere wenn der Emissionskurs deutlich unter dem aktuellen Marktpreis liegt.

Hypothetisches Beispiel

Angenommen, die "TechInnovate AG" hat 1.000.000 Aktien im Umlauf, die zu einem Kurs von 50 € je Aktie gehandelt werden. Das Unternehmen beschließt eine Kapitalerhöhung, um 250.000 neue Aktien zu einem Emissionskurs von 40 € auszugeben, um in eine neue Produktlinie zu investieren.

  1. Berechnung des Bezugsverhältnisses:

    • Alte Aktien: 1.000.000
    • Neue Aktien: 250.000
    • Bezugsverhältnis = ( \frac{1.000.000}{250.000} = 4 )
    • Das bedeutet, Aktionäre benötigen 4 alte Aktien, um 1 neue Aktie zu beziehen.
  2. Berechnung des theoretischen Bezugsrechtswerts:

    • Kurs alte Aktie: 50 €
    • Emissionskurs neue Aktie: 40 €
    • Theoretischer Wert des Bezugsrechts = ( \frac{50 € - 40 €}{4 + 1} = \frac{10 €}{5} = 2 € )
    • Jede alte Aktie verliert theoretisch 2 € an Wert durch die Kapitalerhöhung.
  3. Berechnung des Kurses nach Abzug des Bezugsrechts (Ex-Bezugsrecht-Kurs):

    • Ex-Bezugsrecht-Kurs = ( \text{Kurs alte Aktie} - \text{Theoretischer Wert des Bezugsrechts} = 50 € - 2 € = 48 € )
    • Alternativ kann der Ex-Bezugsrecht-Kurs auch berechnet werden als:
      ( \frac{(\text{Anzahl alte Aktien} \times \text{Kurs alte Aktie}) + (\text{Anzahl neue Aktien} \times \text{Emissionskurs neue Aktie})}{\text{Anzahl alte Aktien} + \text{Anzahl neue Aktien}} )
      ( \frac{(1.000.000 \times 50 €) + (250.000 \times 40 €)}{1.000.000 + 250.000} = \frac{50.000.000 € + 10.000.000 €}{1.250.000} = \frac{60.000.000 €}{1.250.000} = 48 € )

Nach der Kapitalerhöhung verfügt TechInnovate AG über 1.250.000 Aktien und hat 10.000.000 € zusätzliches Kapital aufgenommen. Der Gewinn pro Aktie würde sich ohne eine entsprechende Steigerung des Gesamtgewinns reduzieren.

Praktische Anwendungen

Kapitalerhöhungen sind in der Wirtschaftspraxis vielfältig anzuwenden:

  • Wachstumsfinanzierung: Unternehmen, insbesondere schnell wachsende Start-ups oder etablierte Unternehmen mit Expansionsplänen, nutzen Kapitalerhöhungen, um Investitionen in neue Technologien, Märkte oder Akquisitionen zu finanzieren.
  • Schuldentilgung und Bilanzstärkung: Eine Kapitalerhöhung kann dazu dienen, bestehende Schuldverschreibungen zu reduzieren oder die Eigenkapitalquote zu verbessern, was die Kreditwürdigkeit des Unternehmens erhöht und zu besseren Konditionen bei der Fremdkapitalaufnahme führen kann.
  • M&A-Transaktionen: Bei Fusionen und Übernahmen können neue Aktien als Teil der Kaufpreiszahlung anstelle von Bargeld ausgegeben werden.
  • Mitarbeiterbeteiligungsprogramme: Unternehmen können bedingtes Kapital für die Ausgabe von Aktienoptionen oder Wandelanleihen an Mitarbeiter vorsehen, um diese am Unternehmenserfolg zu beteiligen und zu binden.
  • Restrukturierung: In Krisenzeiten können Kapitalerhöhungen zur Sanierung eines Unternehmens und zur Vermeidung einer Insolvenz notwendig sein.

In Deutschland unterliegen öffentliche Angebote von Wertpapieren, einschließlich solcher im Rahmen einer Kapitalerhöhung, der Prospektpflicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), es sei denn, es greifen Ausnahmeregelungen. Dies stellt sicher, dass Anleger umfassende Informationen über das Unternehmen und die Emission erhalten, um fundierte Entscheidungen treffen zu könne6, 7n.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Trotz ihrer Vorteile bergen Kapitalerhöhungen auch Risiken und sind Gegenstand von Kritik:

  • Verwässerung des Aktienwerts: Die wohl größte Sorge für bestehende Aktionäre ist die Aktienverwässerung. Wenn neue Aktien zu einem Preis ausgegeben werden, der unter dem aktuellen Marktpreis liegt, oder wenn Aktionäre ihre Bezugsrechte nicht ausüben, sinkt ihr prozentualer Eigentumsanteil am Unternehmen und der Wert ihrer bestehenden Anteile kann sich reduzieren. Die Auswirkungen auf den Gewinn pro Aktie können ebenfalls negativ sein, wenn der Unternehmensgewinn nicht pr5oportional zur erhöhten Aktienanzahl wächst.
  • Negativer Kursdruck: Eine große Anzahl neu ausgegebener Aktien kann das Angebot am Markt erhöhen und kurzfristig zu einem fallenden Aktienkurs führen, insbes4ondere wenn der Markt die Gründe für die Kapitalerhöhung negativ bewertet oder das Unternehmen als finanzschwach ansieht.
  • Kosten der Emission: Die Durchführung einer Kapitalerhöhung ist mit erheblichen Kosten verbunden, darunter Gebühren für Banken, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer un3d die Erstellung des Emissionsprospekts. Diese Kosten können einen Teil des aufgenommenen Kapitals aufzehren.
  • Signalwirkung: Eine Kapitalerhöhung kann auch als negatives Signal an den Markt interpretiert werden, insbesondere wenn sie als letztes Mittel zur Liquiditätsbeschaffung oder zur Abwendung einer finanziellen Krise gesehen wird.

Kapitalerhöhung vs. Aktienverwässerung

Eine Kapitalerhöhung ist der Vorgang, bei dem ein Unternehmen neues Kapital durch die Ausgabe zusätzlicher Aktien beschafft, wodurch sich die Anzahl der ausgegebenen Aktien erhöht. Die Aktienverwässerung hingegen ist eine Folge oder ein Effekt einer Kapitalerhöhung (oder anderer Ereignisse wie der Ausübung von Aktienoptionen oder der Umwandlung von Wandelanleihen), bei der der prozentuale Besitzanteil bestehender Aktionäre am Unternehmen sinkt, da mehr Aktien im Umlauf sind. Während die Kapitalerhöhung die Handlung ist, ist die Aktienverwässerung die daraus resultierende proportionale Reduzierung des Eigentums und der möglichen Wertminderung pro Aktie. Aktionär2e, die ihre Bezugsrechte nicht ausüben, erleben eine Verwässerung ihres Anteils. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Kapitalerhöhung nicht zwangsläufig schlecht ist, wenn das aufgenommene Kapital produktiv eingesetzt wird, aber die Verwässerung der Anteile ist eine unvermeidliche mathematische Konsequenz bei der Ausgabe neuer Aktien.

FAQs

Warum führt ein Unternehmen eine Kapitalerhöhung durch?

Unternehmen führen eine Kapitalerhöhung in der Regel durch, um frisches Eigenkapital zu beschaffen. Dies kann zur Finanzierung von Investitionen, zur Expansion des Geschäfts, zur Stärkung der Bilanz, zur Reduzierung von Schulden oder zur Finanzierung von Akquisitionen genutzt werden. Es ist eine strategische Entscheidung im Rahmen der Unternehmensfinanzierung.

Was sind Bezugsrechte bei einer Kapitalerhöhung?

Bezugsrechte sind Rechte, die bestehenden Aktionären bei einer Kapitalerhöhung zustehen. Sie ermöglichen es den Aktionären, neue Aktien im Verhältnis zu ihrem bisherigen Besitz zu einem festgelegten Emissionskurs zu erwerben. Dies soll sie vor einer Aktienverwässerung schützen, da sie so ihren prozentualen Anteil am Unternehmen aufrechterhalten können.

Welche Arten von Kapitalerhöhungen gibt es?

Die gängigsten Arten sind die ordentliche Kapitalerhöhung (gegen Bareinlagen oder Sacheinlagen), die genehmigte Kapitalerhöhung (Vorstand wird von der Hauptversammlung für einen bestimmten Zeitraum zur Erhöhung ermächtigt) und die bedingte Kapitalerhöhung (für bestimmte Zwecke wie die Bedienung von Wandelrechten oder Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen).

Wie wirkt sich eine Kapitalerhöhung auf den Aktienkurs aus?

Eine Kapitalerhöhung kann kurzfristig zu einem Rückgang des Aktienkurses führen, da das Angebot an Aktien steigt und der Emissionskurs oft unter dem aktuellen Marktpreis liegt. Langfristig hängt die Auswirkung auf den Kurs jedoch davon ab, wie das aufgenommene Kapital vom Unternehmen genutzt wird. Werden die Mittel erfolgreich eingesetzt, um den Unternehmenswert zu steigern, kann sich der Kurs erholen oder sogar steigen.

Ist eine Kapitalerhöhung immer ein negatives Zeichen?

Nicht unbedingt. Obwohl sie kurzfristig den Wert bestehender Aktien verwässern kann, ist eine Kapitalerhöhung oft ein Zeichen für Wachstum und Investition in die Zukunft. Wenn ein Unternehmen das zusätzliche Kapital effektiv nutzt, um profitabel zu expandieren, kann dies langfristig positive Auswirkungen auf den Unternehmenswert und damit auch auf den Aktienkurs haben.