Was sind Offenmarktgeschäfte?
Offenmarktgeschäfte sind ein zentrales Instrument der Geldpolitik, das von einer Zentralbank eingesetzt wird, um die Liquidität im Finanzsystem zu steuern und die kurzfristigen Zinssätze zu beeinflussen. Sie umfassen den Kauf und Verkauf von Wertpapieren – typischerweise Staatspapieren – auf dem offenen Markt. Ziel dieser Operationen ist es, die Geldmenge zu kontrollieren, die Kreditbedingungen zu beeinflussen und letztlich die Preisstabilität und das Wirtschaftswachstum zu fördern.
Geschichte und Ursprung
Die Geschichte der Offenmarktgeschäfte ist eng mit der Entwicklung der Zentralbanken verbunden. In den Vereinigten Staaten wurden die ersten Koordinationen von Offenmarktoperationen der einzelnen Federal Reserve Banks im Jahr 1922 begonnen, um gemeinsame Käufe und Verkäufe zu steuern. Ein formelles Gremium, das Federal Open Market Committee (FOMC), wurde mit dem Banking Act von 1933 geschaffen und erhielt durch den Banking Act von 1935 seine heutige Struktur und Rolle bei der Festlegung der nationalen Geldpolitik der Federal Reserve. Ursprünglich11 konzentrierten sich die Operationen auf die Stabilisierung der Staatsanleihen-Märkte und die Gewährleistung von Einnahmen für die Reservebanken. Erst später entwickelten sich Offenmarktgeschäfte zu einem primären Instrument der Kreditpolitik.
Kernpunkte
- Offenmarktgeschäfte sind Käufe und Verkäufe von Wertpapieren durch die Zentralbank zur Steuerung der Geldmenge und der Zinssätze.
- Sie dienen dazu, Liquidität in den Markt zu injizieren oder zu entziehen, um monetäre Ziele zu erreichen.
- Die Geschäfte werden typischerweise mit Geschäftsbanken durchgeführt und beeinflussen deren Bankreserven.
- Offenmarktgeschäfte sind ein flexibles Instrument der Geldpolitik, das schnell angepasst werden kann.
- Sie sind entscheidend für die Umsetzung der geldpolitischen Strategie einer Zentralbank.
Formel und Berechnung
Offenmarktgeschäfte haben keine direkte Formel im Sinne einer mathematischen Gleichung für eine Kennzahl, da sie vielmehr Transaktionen zur Beeinflussung des Geldsystems darstellen. Ihre Auswirkungen können jedoch auf die Bilanz einer Zentralbank und der Geschäftsbanken zurückgeführt werden.
Wenn eine Zentralbank Wertpapiere kauft (liquiditätszuführendes Offenmarktgeschäft):
Assets (Zentralbank): (\text{Wertpapiere} \uparrow)
Liabilities (Zentralbank): (\text{Bankreserven} \uparrow)
Wenn eine Zentralbank Wertpapiere verkauft (liquiditätsabschöpfendes Offenmarktgeschäft):
Assets (Zentralbank): (\text{Wertpapiere} \downarrow)
Liabilities (Zentralbank): (\text{Bankreserven} \downarrow)
Die Änderung der Bankreserven wiederum beeinflusst die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe und somit die Geldmenge in der Wirtschaft.
Interpretation von Offenmarktgeschäften
Die Interpretation von Offenmarktgeschäften erfolgt hauptsächlich durch die Reaktion der Geldmärkte und der allgemeinen Wirtschaft. Wenn eine Zentralbank Wertpapiere kauft, erhöht sie die Geldmenge im Finanzsystem. Dies kann zu niedrigeren kurzfristigen Zinssätzen führen, da mehr Liquidität verfügbar ist. Umgekehrt, wenn eine Zentralbank Wertpapiere verkauft, entzieht sie dem System Liquidität, was tendenziell die Zinsen erhöht.
Die Art der Wertpapiere, die gekauft oder verkauft werden (z.B. kurz- oder langfristige Anleihen), sowie die Häufigkeit und das Volumen der Operationen, signalisieren die geldpolitische Haltung der Zentralbank. Zum Beispiel deuten große Käufe langfristiger Wertpapiere oft auf den Wunsch nach einer lockereren Geldpolitik hin, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die Zentralbank kann auch Repurchase Agreements (Repos) nutzen, um temporäre Liquiditätsanpassungen vorzunehmen.
Hypothetisches Beispiel
Angenommen, eine Zentralbank möchte die Kreditvergabe und die Investitionen in der Wirtschaft ankurbeln. Sie entscheidet sich, Offenmarktgeschäfte durchzuführen, um die Liquidität zu erhöhen. Die Zentralbank kauft für 1 Milliarde Euro Staatsanleihen von Geschäftsbanken.
- Transaktion: Die Zentralbank überweist 1 Milliarde Euro auf die Konten der Geschäftsbanken bei der Zentralbank.
- Effekt auf Geschäftsbanken: Die Bankreserven der Geschäftsbanken erhöhen sich um 1 Milliarde Euro. Gleichzeitig sinkt ihr Bestand an Staatsanleihen.
- Effekt auf das Finanzsystem: Mit erhöhten Reserven haben die Geschäftsbanken mehr Mittel, die sie an Unternehmen und Verbraucher verleihen können. Dies kann den Druck auf die Zinssätze senken und die Kreditmärkte beleben.
- Zielerreichung: Die erhöhte Liquidität und die potenziell niedrigeren Kreditkosten sollen Investitionen und Konsum fördern, was das Wirtschaftswachstum ankurbelt.
Praktische Anwendungen
Offenmarktgeschäfte sind ein universelles Werkzeug für Zentralbanken weltweit zur Durchführung ihrer Geldpolitik.
- Steuerung der Zinssätze: Sie werden primär eingesetzt, um das Ziel für den Leitzins zu erreichen. Durch das Hinzufügen oder Abziehen von Liquidität können Zentralbanken sicherstellen, dass der effektive Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen, nahe am gewünschten Ziel liegt. Die Europäische Zentralbank (EZB) nutzt beispielsweise Hauptrefinanzierungsgeschäfte (MROs) und längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LTROs), um die Liquidität im Eurosystem zu steuern und Zinsraten zu beeinflussen.
- Liquiditätsmanagement: Zentralbanken nutzen Offenmarktgeschäfte, um unerwartete Schwank9, 10ungen in der Liquidität der Geldmärkte auszugleichen, die beispielsweise durch Steuerzahlungen oder staatliche Ausgaben entstehen können.
- Quantitative Lockerung (QE) und Straffung (QT): In Zeiten von Finanzkrisen oder sehr niedrigen Zinssätzen haben Zentralbanken wie die Federal Reserve umfangreiche Offenmarktgeschäfte in Form von Wertpapierkaufprogrammen durchgeführt, um die Wirtschaft zu stimulieren, bekannt als Quantitative Lockerung (QE). Umgekehrt wird die Bilanzsumme durch den Abbau von Wertpapierbeständen reduziert, was als Quantitative 8Straffung (QT) bezeichnet wird. Die Bilanz der Federal Reserve wird wöchentlich veröffentlicht und zeigt die Auswirkungen dieser Operationen auf ihre Aktiva und Passiva.
Einschränkungen und Kritik
Obwohl Offenmarktgeschäfte als flexibles und präzises Instrument der Geldp7olitik gelten, sind sie nicht ohne Einschränkungen. Eine wesentliche Voraussetzung für ihre Wirksamkeit ist das Vorhandensein eines gut entwickelten Sekundärmarktes für Wertpapiere, auf dem die Zentralbank agieren kann.
Kritiker weisen darauf hin, dass Offenmarktgeschäfte in bestimmten Situationen, wie einer Liquiditätsfalle (wenn6 Zinssätze bereits nahe null sind), weniger wirksam sein können, da weitere Liquiditätsspritzen möglicherweise nicht zu einer erhöhten Kreditvergabe oder Wirtschaftswachstum führen. Zudem können sie potenzielle Nachteile wie Marktverzerrungen oder unbeabsichtigte Auswirkungen auf die Wechselkurse und K5apitalflüsse haben. Die Wirksamkeit kann auch durch unvorhersehbare Marktreaktionen oder Liquiditätsengpässe eingeschränkt sein. Eine weitere H4erausforderung besteht in der Koordination mit anderen geldpolitischen Instrumenten, um die Ziele der [Inflation3skontrolle](https://diversification.com/term/inflationskontrolle) zu erreichen. Politische Einflüsse könnten die Unabhängigkeit der Zentralbank bei der Durchführung von Offenmarktgeschäften beeinträchtigen,2 insbesondere in Ländern, in denen die Zentralbank nicht vollständig unabhängig ist.
Offenmarktgeschäfte vs. Leitzinsanpassungen
Offenmarktgeschäfte und Leitzinsanpassungensanpassungen) sind beides Instrumente der Geldpolitik, die jedoch auf unterschiedliche Weise wirken und oft in Kombination eingesetzt werden.
Merkmal | Offenmarktgeschäfte | Leitzinsanpassungen |
---|---|---|
Mechanismus | Kauf/Verkauf von Wertpapieren zur Beeinflussung der Liquidität im Bankensystem. | Direkte Festlegung eines Zinssatzes, zu dem Banken sich bei der Zentralbank Geld leihen oder anlegen. |
Primäres Ziel | Beeinflussung der Bankreserven und damit der Geldmenge, um kurzfristige Zinssätze zu steuern. | Direkte Signalwirkung und Beeinflussung der Kosten für Kredite im gesamten Finanzsystem. |
Flexibilität | Hoch; können in Volumen und Häufigkeit schnell angepasst werden. | Weniger häufig; haben eine stärkere Signalwirkung und werden oft als Reaktion auf makroökonomische Entwicklungen angepasst. |
Beziehung | Offenmarktgeschäfte sind das primäre operative Mittel, um den Ziel-Leitzins der Zentralbank zu erreichen. | Der Leitzins ist das Ziel, das durch die Offenmarktgeschäfte umgesetzt wird. |
Während Offenmarktgeschäfte die operative Umsetzung der Geldpolitik darstellen, indem sie die Liquidität direkt beeinflussen, ist die Leitzinsanpassung die explizite Bekanntgabe des Zinsniveaus, das die Zentralbank anstrebt. Die Zentralbanken nutzen Offenmarktgeschäfte, um sicherzustellen, dass die Geldmärkte im Einklang mit dem festgelegten Leitzins funktionieren.
FAQs
1. Was ist der Hauptzweck von Offenmarktgeschäften?
Der Hauptzweck von Offenmarktgeschäften besteht darin, die Liquidität im Finanzsystem zu steuern, um die kurzfristigen Zinssätze zu beeinflussen und so die Geldpolitik einer Zentralbank umzusetzen.
2. Wer führt Offenmarktgeschäfte durch?
Offenmarktgeschäfte werden von der Zentralbank eines Landes oder einer Währungsunion durchgeführt, wie der Federal Reserve in den USA oder der Europäischen Zentralbank (EZB) im Euroraum.
3. Welche Arten von Wertpapieren werden bei Offenmarktgeschäften gehandelt?
Typischerweise werden bei Offenmarktgeschäften Staatsanleihen oder andere staatlich garantierte Wertpapiere gehandelt. Auch Repurchase Agreements (Repos) sind eine häufige Form.
4. Wie wirken sich Offenmarktgeschäfte auf die Wirtschaft aus?
Durch die Beeinflussung der Geldmenge und der Zinsen wirken sich Offenmarktgeschäfte auf die Kreditkosten aus. Niedrigere Zinsen können Investitionen und Konsum fördern, was das Wirtschaftswachstum ankurbeln kann. Höhere Zinsen können die Inflation dämpfen.
5. Was ist der Unterschied zwischen liquiditätszuführenden und liquiditätsabschöpfenden Offenmarktgeschäften?
Liquiditätszuführende Offenmarktgeschäfte, wie der Kauf von Wertpapieren, erhöhen die Liquidität im Finanzsystem. Liquiditätsabschöpfende Offenmarktgeschäfte, wie der Verkauf von Wertpapieren, reduzieren die Liquidität. Beide dienen der Steuerung der Geldmenge.