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Technische analyse

Was ist Technische Analyse?

Die technische Analyse ist eine Anlagestrategie, die historische Preis- und Handelsvolumen-Daten nutzt, um zukünftige Kursbewegungen an den Finanzmärkte zu prognostizieren. Innerhalb der breiteren Kategorie der Marktanalyse konzentriert sich die technische Analyse ausschließlich auf das Studium der Markthandlungen selbst, anstatt interne Unternehmensdaten oder makroökonomische Faktoren zu berücksichtigen. Sie basiert auf der Annahme, dass alle relevanten Informationen bereits in den Kursen enthalten sind und dass Preise sich in Trends bewegen, die sich wiederholen.

Geschichte und Ursprung

Die Wurzeln der technischen Analyse reichen Jahrhunderte zurück. Eine der frühesten dokumentierten Formen stammt aus dem Japan des 18. Jahrhunderts, wo der Reishändler Munehisa Homma sogenannte Candlestick-Charts entwickelte, um die Reismarktpreise zu analysieren und zu prognostizieren. Homma beobachtete, dass die Marktpreise nicht nur von Angebot und Nachfrage, sondern auch von der Psychologie der Händler beeinflusst wurden, und entwickelte Muster, die heute als Candlestick-Muster bekannt sind.

Die mod3erne technische Analyse im Westen entwickelte sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts maßgeblich durch Charles H. Dow, Mitbegründer von Dow Jones & Company und Herausgeber des Wall Street Journal. Dow glaubte, dass der Aktienmarkt als Ganzes die Wirtschaft widerspiegelt und dass Marktbewegungen Muster aufweisen. Obwohl Dow seine Ideen nie zu einer formalen Theorie zusammenfasste, wurden seine Prinzipien nach seinem Tod von William Peter Hamilton, Robert Rhea und anderen zur sogenannten Dow-Theorie weiterentwickelt. Diese Theorie bildet die Grundlage für viele Konzepte der heutigen technischen Analyse, indem sie die Existenz von primären, sekundären und tertiären Trendlinien postuliert und die Bedeutung der Bestätigung durch mehrere Marktindizes hervorhebt.

Wichtige Erkenntnisse

  • Die technische Analyse untersucht historische Kurs- und Volumendaten, um zukünftige Preisbewegungen vorherzusagen.
  • Sie basiert auf der Annahme, dass Märkte effizient alle verfügbaren Informationen diskontieren und dass sich die Marktpsychologie in wiederkehrenden Mustern manifestiert.
  • Werkzeuge der technischen Analyse umfassen Chartmuster, Indikatoren und die Analyse von Unterstützungs- und Widerstandsniveaus.
  • Ziel ist es, optimale Ein- und Ausstiegspunkte für Handelsgeschäfte zu identifizieren.
  • Kritiker hinterfragen die Effektivität der technischen Analyse, insbesondere im Hinblick auf die Effizienzmarkthypothese.

Formel und Berechnung

Die technische Analyse verwendet verschiedene Indikatoren, von denen viele auf spezifischen mathematischen Formeln basieren. Ein grundlegendes und weit verbreitetes Instrument ist der Gleitender Durchschnitt (Moving Average, MA), der den Durchschnittspreis eines Wertpapiers über einen bestimmten Zeitraum glättet. Der Einfache Gleitende Durchschnitt (SMA) ist ein Beispiel:

[
SMA = \frac{P_1 + P_2 + ... + P_n}{n}
]

Dabei gilt:

  • (P_i) = der Preis des Wertpapiers zum Zeitpunkt (i)
  • (n) = die Anzahl der Perioden im Durchschnitt

Dieser Indikator hilft dabei, Trendlinien zu erkennen, indem er kurzfristige Preisschwankungen eliminiert und eine klarere Darstellung der allgemeinen Kursrichtung ermöglicht. Weitere komplexe Indikatoren wie der Relative Stärke Index (RSI) oder die Moving Average Convergence Divergence (MACD) verwenden ebenfalls spezifische Formeln, um Momentum, Volatilität und die Stärke von Trends zu bewerten.

Interpretation der Technischen Analyse

Die technische Analyse wird interpretiert, indem Chartmuster und technische Indikatoren visuell und mathematisch ausgewertet werden. Analysten suchen nach wiederkehrenden Mustern wie Kopf-und-Schulter-Formationen, Dreiecken oder Flaggen, die auf potenzielle Fortsetzungen oder Umkehrungen von Trends hindeuten können. Beispielsweise wird eine „Doppelboden“-Formation oft als bullisches Umkehrmuster interpretiert, das eine mögliche Aufwärtsbewegung signalisiert.

Darüber hinaus spielen Unterstützung- und Widerstandsniveaus eine zentrale Rolle. Unterstützungsniveaus sind Preisbereiche, in denen eine erhöhte Kaufnachfrage erwartet wird, die einen weiteren Preisrückgang verhindern könnte. Widerstandsniveaus hingegen sind Bereiche, in denen ein erhöhtes Verkaufsangebot erwartet wird, das einen weiteren Preisanstieg begrenzen könnte. Die Durchbrechung dieser Niveaus kann wichtige Signale für die zukünftige Kursrichtung liefern und wird häufig für die Kursprognose genutzt.

Hypothetisches Beispiel

Angenommen, ein Anleger betrachtet den Chart einer Aktie, die sich seit mehreren Monaten in einem Abwärtstrend befindet. Er stellt fest, dass der Kurs der Aktie wiederholt ein Niveau von 50 Euro erreicht und von dort aus wieder leicht ansteigt, bevor er erneut fällt. Dieses Niveau von 50 Euro könnte als ein Unterstützungsniveau interpretiert werden, da es eine erhöhte Kaufaktivität in diesem Bereich anzuziehen scheint.

Gleichzeitig beobachtet der Anleger, dass der Kurs der Aktie Schwierigkeiten hat, das Niveau von 60 Euro zu überschreiten. Dieses Niveau würde als Widerstand fungieren. Der Anleger könnte nun eine Strategie entwickeln: Wenn die Aktie das Unterstützungsniveau von 50 Euro mit hohem Handelsvolumen durchbricht, könnte dies ein Signal für eine fortgesetzte Abwärtsbewegung sein. Wenn die Aktie jedoch vom 50-Euro-Niveau abprallt und den 60-Euro-Widerstand mit erhöhtem Volumen überwindet, könnte dies als Kaufsignal interpretiert werden, da ein Trendwechsel bevorstehen könnte.

Praktische Anwendungen

Die technische Analyse findet breite Anwendung im aktiven Handel und Portfoliomanagement. Trader nutzen sie, um kurz- bis mittelfristige Handelsentscheidungen zu treffen, indem sie Markteintritts- und -ausstiegspunkte basierend auf Chartmustern und Indikatoren bestimmen. Sie ist besonders populär in stark liquiden Märkten wie dem Devisenmarkt (Forex), dem Rohstoffmarkt und dem Aktienmarkt, wo schnelle Preisbewegungen analysiert werden müssen.

Im Risikomanagement kann die technische Analyse verwendet werden, um Stop-Loss-Niveaus festzulegen, also Punkte, an denen eine Position geschlossen wird, um weitere Verluste zu begrenzen. Durch die Identifizierung von Unterstützung- und Widerstandsniveaus können Anleger potenzielle Risiken und Erträge besser einschätzen. Darüber hinaus wird technische Analyse auch bei der Bewertung von Derivaten und anderen komplexen Finanzinstrumenten eingesetzt, um deren Preisbewegungen im Kontext des Gesamtmarktes zu verstehen.

Einschränkungen und Kritikpunkte

Trotz ihrer Popularität steht die technische Analyse häufig in der Kritik. Ein zentraler Einwand kommt von der Effizienzmarkthypothese (EMH), die besagt, dass alle verfügbaren Informationen bereits in den aktuellen Marktpreisen widergespiegelt sind. Wenn Märkte effizient sind, ist es unmöglich, durch das Studium vergangener 2Preisbewegungen konsistent Überrenditen zu erzielen, da die Preise einem "zufälligen Gang" (random walk) folgen. Eugene F. Fama, ein führender Vertreter dieser Theorie, argumentiert, dass historische Kursdaten keinen prädiktiven Wert für zukünftige Bewegungen haben, da jede neue Information sofort in den Preis einkalkuliert wird.

Kritiker bemängeln auch, dass technische Analyse subjektiv sein kann; verschiedene 1Analysten können denselben Chart unterschiedlich interpretieren und zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen. Zudem können Chartmuster und Indikatoren "falsche Signale" erzeugen, die zu Fehlentscheidungen führen können, insbesondere in volatilen oder seitwärts tendierenden Märkten. Die Annahme, dass sich die Geschichte wiederholt, basiert auf menschlicher Psychologie und ist keine Garantie für zukünftige Ergebnisse an den Finanzmärkte.

Technische Analyse vs. Fundamentalanalyse

Die Technische Analyse und die Fundamentalanalyse sind die zwei Hauptansätze zur Bewertung von Wertpapieren und zur Entscheidungsfindung an den Märkten. Sie unterscheiden sich grundlegend in ihrer Methodik und den Informationen, die sie berücksichtigen.

MerkmalTechnische AnalyseFundamentalanalyse
FokusUntersuchung von Preis- und VolumendatenBewertung der intrinsischen oder "fairen" Wert eines Vermögenswerts
DatengrundlageHistorische Kurscharts, Handelsvolumen, IndikatorenFinanzberichte (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung), Wirtschaftsdaten, Branchenanalysen, Managementqualität
AnnahmeMarktpreise spiegeln alle Informationen wider; Psychologie wiederholt sichMarktpreise können vom wahren Wert abweichen; dieser kann ermittelt werden
ZielIdentifizierung von Handelsignalen und Kursprognose für kurz- bis mittelfristige TradesBestimmung des wahren Werts zur Identifizierung unter- oder überbewerteter Anlagen für langfristige Investitionen
ZeithorizontKurz- bis mittelfristigMittel- bis langfristig

Während die technische Analyse versucht, wann man handeln soll, konzentriert sich die Fundamentalanalyse darauf, was man handeln soll, indem sie den inneren Wert eines Unternehmens oder einer Anlage untersucht. Viele Anleger nutzen eine Kombination aus beiden Ansätzen, um eine umfassendere Perspektive zu erhalten und ihre Anlagestrategie zu verfeinern.

FAQs

Was ist der Hauptunterschied zwischen technischer und fundamentaler Analyse?

Der Hauptunterschied liegt im Fokus: Die technische Analyse konzentriert sich auf historische Preis- und Volumendaten, um zukünftige Kursbewegungen vorherzusagen, während die Fundamentalanalyse den inneren Wert eines Vermögenswerts auf der Grundlage wirtschaftlicher, finanzieller und qualitativer Faktoren bewertet.

Kann technische Analyse Marktbewegungen garantieren?

Nein, die technische Analyse kann Marktbewegungen nicht garantieren. Sie ist ein Werkzeug zur Wahrscheinlichkeitsanalyse und zur Identifizierung potenzieller Trends und Muster. Alle Investitionen bergen Risiken, und vergangene Ergebnisse sind kein Indikator für zukünftige Erträge.

Sind technische Indikatoren immer zuverlässig?

Technische Indikatoren sind nicht immer zuverlässig und können "falsche Signale" liefern. Ihre Wirksamkeit hängt stark vom Kontext des Marktes (z. B. Trendmarkt vs. Seitwärtsmarkt) und der Fähigkeit des Anwenders ab, sie korrekt zu interpretieren. Es wird oft empfohlen, mehrere Indikatoren und Methoden zu kombinieren, um die Genauigkeit zu verbessern und das Risikomanagement zu unterstützen.

Welche Rolle spielt das Handelsvolumen in der technischen Analyse?

Das Handelsvolumen ist ein wichtiger Bestätigungsindikator in der technischen Analyse. Eine Preisbewegung, die von hohem Volumen begleitet wird, gilt als signifikanter und glaubwürdiger als eine Bewegung bei geringem Volumen. Es zeigt das Ausmaß der Beteiligung am Markt und kann die Stärke eines Trends bestätigen oder eine mögliche Umkehr andeuten.