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Diskrete verteilung

Was ist eine Diskrete Verteilung?

Eine diskrete Verteilung ist in der Wahrscheinlichkeitstheorie eine mathematische Funktion, die die Wahrscheinlichkeit angibt, dass eine Zufallsvariable diskrete, d.h. zählbare und separate Werte annimmt. Im Gegensatz zu kontinuierlichen Variablen, die jeden Wert innerhalb eines Bereichs annehmen können, beschreibt eine diskrete Verteilung Szenarien, in denen die Ergebnisse spezifisch und voneinander getrennt sind, wie etwa die Anzahl der Kopf-Würfe bei einer Reihe von Münzwürfen oder die Anzahl der Fehlteile in einer Produktionscharge. Diese Art der Verteilung ist ein grundlegendes Konzept der Wahrscheinlichkeitstheorie und wird in der statistischen Analyse verwendet, um eine breite Palette von Phänomenen zu modellieren, bei denen die Ergebnisse zählbar sind.

Die Kernaufgabe einer diskreten Verteilung besteht darin, jedem möglichen diskreten Ergebnis eine Wahrscheinlichkeit zuzuordnen, sodass die Summe aller Wahrscheinlichkeiten 1 (oder 100 %) ergibt. Die Art und Weise, wie diese Wahrscheinlichkeiten verteilt sind, definiert die Form der diskreten Verteilung.

Geschichte und Ursprung

Die Ursprünge der Wahrscheinlichkeitstheorie, die die Grundlage für diskrete Verteilungen bildet, lassen sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Die moderne Mathematik des Zufalls wird typischerweise auf einen Briefwechsel zwischen den französischen Mathematikern Pierre de Fermat und Blaise Pascal im Jahr 1654 datiert. Ihre Inspiration kam von einem Problem aus Glücksspielen, das von dem Spieler Chevalier de Méré gestellt wurde. De Méré fragte nach der richtigen Aufteilung der Einsätze, wenn ein Glücksspiel unterbrochen wird.

Diese frühen Arbe4iten befassten sich hauptsächlich mit diskreten Ereignissen, wie den Ergebnissen von Würfeln oder Kartenspielen, und legten damit den Grundstein für das Verständnis und die Quantifizierung von Unsicherheit. Im Laufe der Zeit entwickelten Mathematiker wie Jakob Bernoulli (mit der Bernoulli- und Binomialverteilung) und Siméon Denis Poisson (Poisson-Verteilung) spezifische diskrete Verteilungen, die heute weit verbreitet sind und in einer Vielzahl von wissenschaftlichen und praktischen Disziplinen Anwendung finden.

Wichtige Erkenntnisse

  • Eine diskrete Verteilung beschreibt die Wahrscheinlichkeiten von zählbaren, separaten Ereignissen oder Ergebnissen.
  • Die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Ergebnisse einer diskreten Verteilung muss genau 1 ergeben.
  • Häufige Beispiele für diskrete Verteilungen sind die Binomial-, Poisson- und hypergeometrische Verteilung.
  • Sie werden verwendet, um die Anzahl des Auftretens von Ereignissen in einem festen Intervall oder die Anzahl der Erfolge bei einer Reihe von Versuchen zu modellieren.
  • Diskrete Verteilungen sind entscheidend für Risikomanagement, Datenmodellierung und Entscheidungsfindung in verschiedenen Bereichen, einschließlich der Finanzwelt.

Formel und Berechnung

Für eine diskrete Verteilung wird die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ergebnisses durch die Wahrscheinlichkeitsfunktion (Probability Mass Function, PMF) angegeben. Wenn (X) eine diskrete Zufallsvariable ist, die Werte (x_1, x_2, \ldots, x_n) annehmen kann, dann ist die PMF (P(X=x_i)) oder (f(x_i)).

Die PMF muss zwei Bedingungen erfüllen:

  1. 0P(X=xi)1fu¨r alle xi0 \le P(X=x_i) \le 1 \quad \text{für alle } x_i
  2. i=1nP(X=xi)=1\sum_{i=1}^{n} P(X=x_i) = 1

Der Erwartungswert (E(X)) einer diskreten Zufallsvariable wird berechnet als:
E(X)=i=1nxiP(X=xi)E(X) = \sum_{i=1}^{n} x_i \cdot P(X=x_i)

Die Varianz (Var(X)) wird berechnet als:
Var(X)=E[(XE(X))2]=i=1n(xiE(X))2P(X=xi)Var(X) = E[(X - E(X))^2] = \sum_{i=1}^{n} (x_i - E(X))^2 \cdot P(X=x_i)
Die Standardabweichung ist die Quadratwurzel der Varianz.

Die kumulative Verteilungsfunktion (Cumulative Distribution Function, CDF) (F(x)) einer diskreten Zufallsvariable (X) ist die Wahrscheinlichkeit, dass (X) einen Wert kleiner oder gleich (x) annimmt:
F(x)=P(Xx)=xixP(X=xi)F(x) = P(X \le x) = \sum_{x_i \le x} P(X=x_i)

Interpretation der Diskreten Verteilung

Die Interpretation einer diskreten Verteilung konzentriert sich auf die Wahrscheinlichkeit des Eintretens spezifischer, zählbarer Ereignisse. Wenn man beispielsweise die Wahrscheinlichkeit einer diskreten Verteilung betrachtet, bei der die Ergebnisse das Werfen einer fairen sechsseitigen Münze darstellen (1, 2, 3, 4, 5, 6), dann beträgt die Wahrscheinlichkeit jedes Ergebnisses 1/6. Diese Gleichverteilung bedeutet, dass jedes Ergebnis gleich wahrscheinlich ist.

In komplexeren Szenarien, wie der Modellierung der Anzahl der Kunden, die pro Stunde in ein Geschäft kommen, würde eine Poisson-Verteilung verwendet. Die Analyse der diskreten Verteilung hilft dann zu verstehen, wie wahrscheinlich es ist, eine bestimmte Anzahl von Kunden zu sehen, was für die Personalplanung oder Bestandsverwaltung nützlich sein kann. Die Spitzen der Verteilung zeigen die wahrscheinlichsten Ergebnisse, während die „Schwänze“ die Wahrscheinlichkeit seltenerer Ereignisse darstellen.

Hypothetisches Beispiel

Stellen Sie sich vor, ein Anleger bewertet die potenzielle Anzahl der Zahlungsausfälle in einem Portfolio von 10 Krediten über ein Jahr. Basierend auf historischen Daten und Kredit-Scores schätzt er die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls für jeden Kredit auf 5 %. Die Anzahl der Ausfälle ist eine diskrete Zufallsvariable, da sie nur ganzzahlige Werte (0, 1, 2, ..., bis 10) annehmen kann.

Dieses Szenario kann mit einer Binomialverteilung modelliert werden, bei der (n=10) (Anzahl der Versuche/Kredite) und (p=0.05) (Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls pro Kredit) ist.

Um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dass genau zwei Kredite ausfallen, würde die Binomialformel verwendet:
P(X=k)=(nk)pk(1p)nkP(X=k) = \binom{n}{k} p^k (1-p)^{n-k}
Für (k=2):
P(X=2)=(102)(0.05)2(0.95)102P(X=2) = \binom{10}{2} (0.05)^2 (0.95)^{10-2}
P(X=2)=10!2!(102)!(0.0025)(0.95)8P(X=2) = \frac{10!}{2!(10-2)!} \cdot (0.0025) \cdot (0.95)^8
P(X=2)=450.00250.66340.0746P(X=2) = 45 \cdot 0.0025 \cdot 0.6634 \approx 0.0746
Das bedeutet, es besteht eine Wahrscheinlichkeit von etwa 7,46 %, dass genau zwei Kredite aus diesem Portfolio innerhalb eines Jahres ausfallen werden. Solche Berechnungen sind im Portfoliomanagement und in der Kreditrisikobewertung entscheidend.

Praktische Anwendungen

Diskrete Verteilungen finden in der Finanzwelt und darüber hinaus zahlreiche praktische Anwendungen, insbesondere dort, wo zählbare Ereignisse modelliert werden:

  • Risikobewertung: Im Risikomanagement werden diskrete Verteilungen verwendet, um die Wahrscheinlichkeit verschiedener Ergebnisse zu quantifizieren und zu verwalten. Beispielsweise können sie zur Modellierung der Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kreditnehmers oder der Wahrscheinlichkeit eines Rückgangs eines Aktienkurses eingesetzt werden.
  • Optionspreisgestaltung: Das Binomialmodell für di3e Optionspreisgestaltung ist eine klassische Anwendung diskreter Verteilungen, bei der der zugrunde liegende Vermögenswert über diskrete Zeitschritte entweder steigen oder fallen kann.
  • Betriebsrisiko: Unternehmen nutzen diskrete Verteilungen, um die Häufigkeit und Schwere von Betriebsereignissen wie Systemausfällen, Betrugsfällen oder Cyberangriffen zu modellieren. Eine Poisson-Verteilung kann beispielsweise die Anzahl der Betrugsfälle pro Monat vorhersagen.
  • Kapitalallokation: Finanzinstitute können diskrete Verteilungen verwenden, um die Anzahl der Kreditanträge, die in einem bestimmten Zeitraum erwartet werden, zu modellieren, was die Zuteilung von Ressourcen für die Bearbeitung dieser Anträge unterstützt.
  • Versicherung: Versicherungsmathematiker verwenden diskrete Verteilungen, um die Anzahl der eingehenden Schadenfälle zu modellieren, was für die Preisgestaltung von Policen und die Bewertung der Reserven entscheidend ist.

Durch die Anwendung diskreter Wahrscheinlichkeitsverteilungen können Finanzexperten das Verhalten von Finanzanlagen wie Aktien und Anleihen modellieren und analysieren und fundierte Investitionsentscheidungen treffen. Die Fähigkeit, die Wahrscheinlichkeit zählbarer Ereignisse zu verstehen 2und zu quantifizieren, ist ein Eckpfeiler vieler finanzwirtschaftlicher Modelle.

Grenzen und Kritikpunkte

Obwohl diskrete Verteilungen in vielen Szenarien wertvolle Einblicke bieten, haben sie auch Einschränkungen:

  • Beschränkung auf zählbare Ergebnisse: Die offensichtlichste Einschränkung ist, dass diskrete Verteilungen nur für zählbare Ergebnisse geeignet sind. Für Variablen, die unendlich viele Werte innerhalb eines Bereichs annehmen können (z.B. genaue Aktienkurse, Temperaturen oder Höhen), sind stetige Verteilungen wie die Normalverteilung besser geeignet.
  • Modellierungsannahmen: Jede diskrete Verteilung basiert auf spezifischen Annahmen über die zugrunde liegenden Daten. Wenn diese Annahmen in der Realität nicht zutreffen, kann das Modell ungenau sein. Beispielsweise setzt die Binomialverteilung unabhängige Versuche mit konstanter Erfolgswahrscheinlichkeit voraus.
  • Komplexität in der Finanzwelt: Obwohl Finanzdaten oft diskret dargestellt werden (z.B. Aktienkurse in Cent-Schritten), werden sie in der Finanzmodellierung häufig als kontinuierlich angenommen, um komplexere Berechnungen und eine feinere Granularität zu ermöglichen. Eine Aktie kann €10,35 oder €10,36 kosten, aber niemals €10,355, was sie diskret erscheinen lässt; dennoch werden solche Werte im Finanzwesen oft als kontinuierlich behandelt. Dies kann zu Diskrepanzen zwischen Modell und Realität führen.
  • Mangelnde Flexibilität bei e1xtremen Ereignissen: Einige Finanzphänomene, insbesondere extreme Marktbewegungen oder „Fat Tails“, lassen sich mit standardmäßigen diskreten Verteilungen möglicherweise nicht gut abbilden, die oft von Annahmen über die Begrenzung des Wertebereichs ausgehen.

Diese Einschränkungen bedeuten nicht, dass diskrete Verteilungen nutzlos sind, sondern unterstreichen die Notwendigkeit, ihre Anwendbarkeit kritisch zu bewerten und gegebenenfalls komplexere Modelle oder andere Verteilungsarten zu verwenden.

Diskrete Verteilung vs. Stetige Verteilung

Der Hauptunterschied zwischen einer diskreten und einer stetigen Verteilung liegt in der Art der Zufallsvariable, die sie beschreiben.

Eine diskrete Verteilung wird verwendet, wenn die Zufallsvariable nur eine endliche oder abzählbar unendliche Anzahl von Werten annehmen kann. Diese Werte sind in der Regel ganze Zahlen und haben Lücken dazwischen. Beispiele sind die Anzahl der Kinder in einer Familie, die Anzahl der Anrufe in einem Callcenter pro Stunde oder das Ergebnis eines Würfelwurfs. Die Wahrscheinlichkeit wird für jeden einzelnen Wert durch eine Wahrscheinlichkeitsfunktion (PMF) angegeben.

Im Gegensatz dazu beschreibt eine stetige Verteilung eine Zufallsvariable, die jeden Wert innerhalb eines bestimmten Bereichs annehmen kann. Zwischen zwei beliebigen Werten gibt es unendlich viele weitere mögliche Werte. Beispiele hierfür sind die Größe einer Person, die genaue Temperatur oder die Rendite einer Aktie. Bei stetigen Verteilungen kann die Wahrscheinlichkeit eines einzelnen Punktes nicht bestimmt werden (sie ist Null); stattdessen wird die Wahrscheinlichkeit über Intervalle mithilfe einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (PDF) und der kumulativen Verteilungsfunktion (CDF) berechnet.

Kurz gesagt: diskret bedeutet "zählbare Schritte", stetig bedeutet "fließend und unendlich".

FAQs

1. Wann verwende ich eine diskrete Verteilung?

Eine diskrete Verteilung wird verwendet, wenn die Ergebnisse eines Experiments oder einer Beobachtung zählbar und voneinander getrennt sind. Beispiele hierfür sind die Anzahl der Ereignisse (z.B. Ausfälle, Ankünfte), die Anzahl der Erfolge bei einer festen Anzahl von Versuchen oder kategoriale Ergebnisse (z.B. Ja/Nein).

2. Was ist der Unterschied zwischen einer Wahrscheinlichkeitsfunktion und einer kumulativen Verteilungsfunktion bei diskreten Verteilungen?

Die Wahrscheinlichkeitsfunktion (PMF) gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass eine Zufallsvariable einen bestimmten Wert annimmt. Die kumulative Verteilungsfunktion (CDF) hingegen gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass die Zufallsvariable einen Wert annimmt, der kleiner oder gleich einem bestimmten Wert ist.

3. Welche Arten von diskreten Verteilungen gibt es in der Finanzwelt?

In der Finanzwelt werden verschiedene diskrete Verteilungen verwendet. Die Binomialverteilung wird häufig für binäre Ereignisse wie die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Investition oder das Ausfallen eines Kredits verwendet. Die Poisson-Verteilung kann die Anzahl der Ereignisse über eine feste Zeitperiode modellieren, wie z.B. die Häufigkeit von Marktstörungen. Auch die hypergeometrische Verteilung findet Anwendung in speziellen Stichprobenszenarien.

4. Können diskrete Verteilungen für die Vorhersage von Aktienkursen verwendet werden?

Während Aktienkurse oft als kontinuierlich modelliert werden, können diskrete Verteilungen in spezifischen Szenarien für die Vorhersage verwendet werden, z.B. im Rahmen von Monte-Carlo-Simulationen für Optionen, wo ein Binomialbaum die diskreten Auf- oder Abwärtsbewegungen eines Kurses über die Zeit abbildet. Für langfristige, detaillierte Kursentwicklungen werden jedoch meist kontinuierliche Modelle bevorzugt.

5. Wie werden diskrete Verteilungen in der Praxis angewendet?

Praktisch werden diskrete Verteilungen in Bereichen wie der Qualitätskontrolle (Anzahl der Fehler), der Versicherungsmathematik (Anzahl der Schadenfälle), im Risikomanagement (Anzahl der Kreditausfälle) und in der Netzwerktechnik (Anzahl der Pakete pro Zeiteinheit) eingesetzt. Sie helfen dabei, fundierte Entscheidungen auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeiten zählbarer Ereignisse zu treffen.

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